Montag, 20. Juli 2020

Our Kind Of Traitor - Verräter wie wir (2016)

https://www.imdb.com/title/tt1995390/

Das englische Pärchen Perry (Ewan McGregor) und Gail (Naomie Harris) lernt während seines Urlaubs in Marrakesch den vermeintlichen russischen Geschäftsmann Dima (Stellan Skarsgård) kennen. Es stellt sich aber heraus, dass Dima in Wirklichkeit als Geldwäscher für die russische Mafia arbeitet und nach einem Attentat auf einen Freund um sein Leben fürchtet. Er entschließt sich, aus seinem kriminellen Geschäft auszusteigen, und will in England beim britischen Geheimdienst Asyl suchen. Die Freundschaft mit dem unauffälligen und harmlosen Perry soll ihm dabei helfen: Eben noch gemeinsam auf dem Tennisplatz, schleppt er den Oxford-Dozenten und seine Ehefrau in einer aufreibenden Tour von Paris über die Schweizer Alpen bis hin nach London. Doch der britische Geheimagent Hector (Damian Lewis) ist dem Trio bald auf der Spur...

Ruhiger und mit wenig Action angereichter Spionagethriller, bei dem es um eine russische Familie in der organisierten Kriminalität geht, die Sorge haben muss, innerhalb dieses Zirkels demnächst als Geldwäscher überflüssig zu sein und deswegen von diesen Leuten umgebracht zu werden. Marrakesch und ein Zivilistenehepaar, dessen Leben von Kriminellen, Agenten und kriminellen Agenten durcheinander gebracht wird. Das klingt nach Alfred Hitchcocks "Der Mann, der zu viel wusste" aus dem Jahr 1956. "Verräter wie wir" ist aber kein Remake, sondern die Adaption des 2010 erschienenen gleichnamigen Romans von John le Carré, der im Literaturbetrieb als einer der größten Spionage-Autoren gilt. Diesen Ruf verdiente sich der Brite natürlich zu großen Teilen auch durch den Erfolg seiner Romane und wo es erfolgreiche Romane gibt, sind Verfilmungen natürlich auch nicht fern. Und so gibt es einige Filme, die auf seinen Werken basieren und zum Glück gab es bislang auch keine, die qualitativ gescheitert wären. Auch "Verräter wie wir" ändert daran nichts.

Die Geschichte ist, ganz im Gegenteil zu anderen von le Carré, nicht sonderlich komplex, verfügt aber über wirklich gut ausgearbeitete Figuren, die allesamt überzeugend von erstklassigen Darstellern verkörpert werden. Allen voran Ewan McGregor und Stellan Skarsgård, die eine wirklich umwerfende Chemie miteinander besitzen, die im charmant-empathischen Bereich genau so viele Früchte trägt, wie dann, wenn man sich als Zuschauer nicht wirklich sicher ist, ob sich die beiden nicht doch gerade belauern und ihre gegenseitige Sympathie nur ein Zweckmittel war. So extrahiert Verräter wie wir seine Spannung nicht aus den wenigen actionreichen Szenen, sondern auch Blicken, Gesten und den daraus folgenden Vermutungen.

Regisseurin Susanna White liefert hier eben Spionage-Kino der klassischen Schule ab: keine zerberstenden Gebäude, wilde Jagden oder Unmengen von Schusswechsel, sondern altmodischer, aber zeitgleich auch wunderbar geradliniger Spannungsaufbau. Das besitzt in heutigen Zeiten durchaus eine Art von Seltenheitswert und wirkt teilweise sogar regelrecht lösend, denn "Verräter wie wir" weiß exakt was er will und was er im Stande ist zu leisten. Gewiss, wirkliche Besonderheiten fehlen dem Thriller, aber schon lange bekam es keine Produktion dieser Ausmaße so mühelos hin, eine narrative Struktur so nonchalant aufzubauen und ihr dann auch zu folgen.

Mag sein, dass der Film deshalb mit Vorhersehbarkeit zu kämpfen hat. Dies zeigt aber wiederum auf, wie gut die Figuren geschrieben und gespielt sind. Es ergibt alles einen Sinn, in diesem Kosmos aus Verrat und Macht, Intrigen und Korruption. Nicht zu vergessen, dass diese Eigenschaft auch den Unterhaltungswert der Bestseller-Verfilmung ungemein unterstützt. Dies nicht nur ein Verdienst der Darsteller und der Regisseurin, sondern auch des Drehbuchautoren. Hossein Amini zeichnet sich hier für die Scriptadaption verantwortlich und beweist damit erneut, dass er gut  mit literarischen Vorlagen umgehen kann. Und das gilt auch für "Verräter wie wir", der leider etwas stiefmütterlich mit seinen weiblichen Figuren umgeht. Die verkommen fast schon zur Nebensache, zu Anhängseln ohne echte Aufgabe. Allerdings werden sie nie in die Opferrolle gedrängt und Darstellerin Naomie Harris, bekommt zumindest gegen Ende eine wichtige Rolle zu teil, die über ihre sonstige, eher einseitige Funktion im Film, hinausgeht.

"Verräter wie wir" bietet klassisches Spannungskino, dargereicht mit tollen Darstellern und einer fast schon entspannenden, geradlinigen Erzählstruktur. Ein Film, der sich nicht anbiedert und schon gar nicht versucht mehr zu sein, als er ist. Eine kleine Wohltat.

7,5/10

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