Donnerstag, 7. Mai 2020

The Man Who Knew Too Much - Der Mann, der zuviel wußte (1956)

https://www.imdb.com/title/tt0049470/

Die McKennas sind eine amerikanische Durchschnittsfamilie und verbringen ihren Urlaub in Marokko. Auf einer Busreise treffen sie den mysteriösen Louis Bernard (Daniel Gélin), der sie zum Abendessen einlädt. Doch der Franzose sagt kurz vorher ab, stattdessen verbringt die Familie den Abend mit dem englischen Ehepaar Drayton (Brenda de Banzie und Bernard Miles). Als die Familie am nächsten Tag über den Markt in Marrakesch spaziert, kommt es zu einem Zwischenfall: Ein Araber wird rücklings erstochen und bricht direkt vor Ben McKenna (James Stewart) zusammen. Hinter der Verkleidung erkennt Ben Louis Bernard, der ihm im Sterben ins Ohr flüstert, in London solle ein Attentat auf einen Politiker stattfinden. Ben und Jo (Doris Day) beschließen, die Polizei zu informieren. Aber ein Anruf hält Jo davon ab. Unbekannte haben den Sohn der McKennas Hank (Christopher Olsen) entführt und drohen mit seiner Ermordung, falls McKenna seine Information über den geplanten Mord an die Polizei weitergibt. Die McKennas beschließen, ihren Sohn selbst zu suchen und fliegen nach London. Die Suche nach Hank gestaltet sich schwierig; doch schließlich treffen Ben und Jo in einer Kirche auf die Draytons – und ihren Sohn Hank. Jo will Hilfe holen. Währenddessen wird Ben niedergeschlagen. Die Entführer verschwinden mit Hank...

"Kommen Sie doch in unseren Garten, der wimmelt nur so von Schnecken. Wir haben schon alle möglichen Schneckenvertilgungsmittel ausprobiert, aber noch keinen Franzosen."

Zu Beginn wirkt "Der Mann, der zu viel wusste" zwar etwas schleppend, dafür aber ziemlich komödiantisch. Doch dann verändert er sich, nimmt mit zunehmender Spieldauer immer mehr Tempo auf und wird zu einer dramatischen und spannenden Geschichte um ein geplantes Attentat und den entführten Sohn der McKennas (ein überzeugender Jimmy Stewart und eine teilweise etwas nervige Doris Day), die als Höhepunkt in der Royal Albert Hall gipfelt. Aufgequollen, unter Tränen und voller schwindelerregender Hoffnung schmettert Doris Day den Gefühlsfetzen "Que Sera, Sera" am Flügel rauf und runter, bis ein Pfeifen ertönt, ein erlösendes, reinigendes Lebenszeichen ihres entführtes Sohnes (Christopher Olsen). Mehr als die vorangegangene überkandidelte Sequenz in der Albert Royal Hall, bei der ein richtungsweisender Beckenschlag Leben verändert und auslöscht, hypnotisiert im erneuten Aufschlag des Mannes, der aufgrund seines Wissens mundtot gemacht wird, vielmehr die augenscheinlich geistige, emotionale Verbundenheit zwischen Mutter und Sohn, wohingegen der Vater (James Stewart als zum Klischee gebogener Normalo mit der Hand im Löwenmaul) den Fluch und Segen von klassischen Hitchcock-Treppengeländern zu spüren bekommt.


Mit einer Allerdings kann der Film nicht ganz an die großen Hitchcock-Verfilmungen heranreichen. Dazu haben sich dann doch, vor allem in der ersten Hälfte, zu viele Längen eingeschlichen. Hervorragend ist der Film vor allem immer dann, wenn die Musik groß aufspielt.

Zum Schluss schafft es Hitchcock beinahe, die Melodie, den Gesang von Doris Day auf seinem Weg die Treppe hinauf sichtbar zu machen. Hitchcock inszeniert einen verschachtelten Thriller, bei dem wir nur selten schlauer als die Protagonisten sind. Jeder gibt hier etwas Falsches vor und niemand ist der, wofür er sich ausgibt. Der Strudel aus Mord und Verschwörungen zieht immer größere Kreise und schlägt einen Harken nach dem anderen. Der nächste Moment wird immer unvorhersehbarer und unsicherer.

In einer praktisch exakten Nachbildung des artistischen Höhepunktes aus Alfred Hitchcocks "Berüchtigt"/"Weißes Gift" von 1946, nur die Figurenkonstellation divergiert, muss das gesprochene Wort absichtlich ein Gedanke bleiben, um seine eigene Haut zu retten. Das Tempo ist unauffällig, Spannung spärlich, Figuren zumeist eindimensional skizziert (beklemmend trotzdem: wie Lucy Drayton, von Brenda de Banzie glaubwürdig dargestellt, ihre mütterliche Menschlichkeit wiederentdeckt) – viel lässt sich über "Der Mann, der zuviel wusste" sonst nicht sagen, viel Aussagekräftiges, das es in dieser oder jener Form nicht auch schon in der von Hitchcock ebenfalls verfilmten, gebündelten Frühversion der Handlung 1934 gegeben hätte. Arm an großen Momenten, behütet das Remake allerdings bombastische, bühnengerechte Ab- und Ausschweifung.

7/10

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