https://www.imdb.com/title/tt11417886/
Inés (Erica Rivas) arbeitet als Synchronsprecherin und singt in einem
Chor in Buenos Aires. Nach einer traumatischen Erfahrung während einer
Urlaubsreise entwickelt sie eine Schlafstörung und leidet unter sehr
lebhaften Albträumen. Bei der Arbeit nehmen die Studiomikrofone seltsame
Geräusche von ihrem Körper auf, die ihre Karriere und ihren Gesang
bedrohen. Die Sängerin wird paranoid, weil sie zunehmend Schwierigkeiten
damit hat zu sagen, was Realität ist und was nicht. Sie hat eine
gefährliche Idee: Was ist, wenn die Charaktere aus ihren Träumen
versuchen, ihren Körper zu übernehmen?
Die argentinische Autorin und Regisseurin Natalia Meta geht in "The Intruder"/El Prófugo" der These nach, wie eine Persönlichkeitsstörung aussehen könnte, wie diese sich manifestiert und was das für das Opfer bedeuten könnte. "The Intruder" ist eine One-Woman-Show für die Schauspielerin Erica Rivas, die in diesem Horror/Thriller die Protagonistin Inés spielt. Blickt man hinter die Fassade, gibt es hier psychologisch gesehen nicht viel mehr als eine Variation einer Identitätskrise nach einem traumatischen Schock, eine besondere Art von Wahnsinn, für den Schauspieler besonders anfällig sind, da sie gewohnt sind, ihre Persönlichkeit in zwei Teile zu spalten, wenn sie eine bestimmte Rolle spielen. Der Film lässt den Zuschauer in dem Moment auf Inés treffen, wenn sie dabei ist, in einen Horrorfilm ein verängstigtes, maskiertes Mädchen zu synchronisieren. Doch der wachsende Terror auf Inés' Gesicht ist viel realer als die traumhaften Nahaufnahmen auf der verschwommenen Projektionswand. Die Spannung wird einen Moment später zerstört, als Nelson (Agustin Rittano), der Toningenieur, "Cut" anruft und Ines ihm mit normaler professioneller Stimme antwortet. Allein diese Szene erinnert kurz und bündig daran, wie einfach es ist, die Wahrnehmungen des Publikums zu manipulieren.
In einer der intensivsten, zweideutigen Szenen des Films ist Inés bald mit ihrem Freund Leopoldo (einem wunderbar unerträglichen Daniel Hendler) unterwegs, der bereits im Flugzeug grandios unter Beweis stellt, was für ein hassenswerter Mensch er ist. Als Inés einschläft, träumt sie, die Flugbegleiterin habe ihn zu Tode erwürgt. Reines Wunschdenken, noch. Da das interessierte Publikum hier noch am Anfang steht und versucht herauszufinden, wohin die Geschichte führt, versucht Meta mehr Substanz aus einzelnen Szene heraus zu holen und lullt so den Zuschauer ein ums andere Mal ein. Dass dabei der Drive auf der Strecke bleibt und der Film über manche Strecken daher etwas lustlos und beinahe langweilig wirkt, scheint Absicht gewesen zu sein. Die Handlung mischt trockenen Humor, Thrill und Horror in einer stets wankenden aber auch wachsenden Atmosphäre des Mysteriums.
Abgesehen von ein paar visuell auffälligen, gruseligen Nachtsequenzen mit Inés allein in der Aufnahmekabine, während Horrorbilder stumm auf die Wand projiziert werden, bleibt die Aufgabe des Atmosphärenaufbaus weitgehend Guido Berenblums kruden Sound-Design überlassen. Trotzdem kann die teilweise kakophonische Klanglandschaft nur so viel bewirken, wenn sie sich gegen solch blasse Bilder und Geschichten richtet, die nicht so rätselhaft und komplex wirken wie schüchtern und verwirrt. Überstrapaziert wäre hier ein Segen - "unterbearbeitet" kommt dem Zuschauer vielleicht in den Sinn. Wenn sich die Protagonistin auf mehrere absurde Lösungen einlässt, um sich von ihren akustischen Eindringlingen zu befreien, wird im Finale endlich etwas Aktion angezeigt. Vielleicht ist aber das Hauptproblem, abgesehen von der inhärenten Albernheit des unbegründeten mystischen Psychogebabbles, das als Erklärung für Inés "Zustand" angeführt wird, dass Inés selbst kein besonders gut entwickelter Charakter ist. Trotz Rivas 'Bemühungen bleibt sie bis zum Ende ein Rätsel, wenn ein plötzliches Nicken auf die nicht-binäre Geschlechtsidentität eine neuartige, wenn auch eher zweifelhafte Lösung für das Problem nahe legt, im Labyrinth der Selbstbeteiligung eines einzelnen Charakters eingeschlossen zu sein und nicht besonders interessante Psychologie. Der endgültige Auflösung fehlt es damit an Durchschlagskraft, um den Film mit einem nachdrücklichen Knall zu beenden. Schade. Aber irgendwie auch "Amore".
5/10
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