Freitag, 31. Juli 2020

Chato's Land - Chatos Land (1972)

https://www.imdb.com/title/tt0066907/

Chato (Charles Bronson) muss wegen seiner indianischen Herkunft primitive Beleidigungen von einem Sheriff ertragen. Als es ihm zu viel wird, setzt er sich zur Wehr und erschießt den rassistischen Sheriff schließlich. Die Einwohner der kleinen Stadt, die den amerikanischen Ureinwohnern sowieso schon skeptisch gegenüber stehen, werden von dem Ereignis in Rage gebracht. Die Aggressionen gehen schließlich sogar so weit, dass der Bürgerkriegsveteran Quincy Whitmore (Jack Palance) einen Trupp zusammenstellt, der Chato finden und eigenmächtig töten soll. Chato flüchtet und ist gezwungen, seine Frau und sein Kind in der Wüste zurückzulassen. Der Suchtrupp kann diese schließlich ausfindig machen. Sie missbrauchen die Frau schwer und nehmen sie als Geisel. Chatos Sohn gelingt die Flucht...

Bevor Charles Bronson und Michael Winner mit "Ein Mann sieht rot" einen wahrlich stilprägenden Vertreter des Rache-Kinos ablieferten, an dessen dramaturgischen Muster sich auch heute noch Filmemacher bedienen, erblickte zwei Jahre zuvor mit "Chatos Land" ihre erste Kollaboration das Licht der Welt. Ein Western, der für seine Zeit durchaus darum bemüht war, den Status quo des Genres zu hinterfragen und umzudefinieren. Denn wo sich zeitgenössische Einträge in den Western mit Vorliebe darum bemühten, indianische Stämme zu den unzweifelhaften Feindbildern zu erheben, sind die Indianer in "Chatos Land" keine meuchelnden, raubenden und vergewaltigenden Barbaren, sondern Menschen, die für sich und ihre Familien eine Möglichkeit suchen, ihr restliches Dasein in Frieden verrichten zu dürfen. In "Chatos Land" währt der Glaube an den Frieden nicht einmal fünf Minuten seiner Handlungszeit, sieht sich das Halbblut Chato (Charles Bronson) doch gleich zu Anfang dazu gezwungen, den Sheriff einer Kleinstadt aus Notwehr zu erschießen. Auf diese Tat hin nimmt ein vom Kriegsveteranen Quincy Whitmore (Jack Palance) angeführtes Geschwader die Spur des von den Apachen abstammenden Chato auf und schwört Vergeltung für den Tod ihres obersten Gesetzeshüters. Michael Winner orientiert sich dabei bis zu einem gewissen Grad an John Fords Kriegsfilm Die letzte Patrouille aus dem Jahre 1934, in dem ein britischer Offizier in der mesopotamischen Wüste von einem arabischen Scharfschützen erschossen wird.

Gleichermaßen nimmt "Chatos Land" in gewisser Weise auch "Ein Mann sieht rot" vorweg, ist auch Chato eigentlich ein sich nach Harmonie sehendes Individuum, welches zum Handeln gezwungen wird, nachdem der Indianer-hassende Mob auf seinen Fersen nicht nur seine Frau vergewaltigt, sondern auch seinen Bruder bei lebendigem Leibe verbrennen lässt. Michael Winner inszeniert diese Geschichte gewohnt kompetent und stramm, bestätigt seinen Ruf als formidabler Genre-Handwerker und hat mit Charles Bronson und vor allem dem wunderbaren Jack Palance zwei Darsteller aufzubieten, die eine unheimliche Präsenz besitzen und ihr gesamtes Charisma in ihrem stoisch-kernigen Wesen bündeln. Die inhaltliche Umkehrung altmodischer Western-Konventionen in Bezug auf die Persönlichkeit und das Verhalten der Figuren gesteht "Chatos Land" eine weitere, ganz und gar zeitgeschichtliche Deutungsebene zu. Denn offenkundig versteht sich "Chatos Land" auch als bittere Vietnam-Parabel, in der die glorreichen Helden, die hier letztlich versoffene, notgeile und niederträchtige Texaner darstellen, in einem "fremden Land" auf ihre Grenzen stoßen und einem bestialischen Zerstörungskrieg zum Opfer fallen. Die Gruppe wird Mann für Mann dezimiert. Mag "Chatos Land" in seinen sozial- und gesellschaftskritischen Bemühungen auch nicht anspruchsvoll sein, er stellt dennoch eindrucksvoll unter Beweis, dass Gewalt, die hier augenscheinlich die einzige Kommunikationsmöglichkeit ist, um sich über die kulturellen und ethnischen Demarkationslinien hinaus zu verständigen, keine Aussicht darauf bietet, um mit sich und der Welt ins Reine zu kommen. Nicht für die Indianer, nicht für die Siedler. Für keinen Menschen. Rache gebietet niemals die Chance auf Gerechtigkeit, sondern evoziert nur einen blutbesudelten Teufelskreislauf - Gewalt erzeugt Gegengewalt. "Chatos Land" ist damit ernsthaft darum bemüht, ein ehrliches Bild der Indianer anzufertigen und gebiert daraus eine von Gewalt dominierte, straff inszenierte und gut besetzte Vietnam-Parabel wie Anklage an den Rassismus.

7/10

Von CAPELIGHT PICTURES erschien der Film hierzulande in einem tollen Mediabook:

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