Mittwoch, 30. September 2020

[SERIE] Jean-Claude Van Johnson

https://www.imdb.com/title/tt6682754/

Die Person Jean-Claude Van Damme, so wie sie jeder kennt, ist nur eine Tarnung: In Wirklichkeit nämlich ist der weltberühmte, belgische Schauspieler und Martial-Arts-Spezialist ein tödlicher Geheimagent mit dem Decknamen Johnson. Immer wieder nutzt er seine Identität als Actionstar, um im Umfeld von Filmdrehs undercover zu ermitteln. Eigentlich hat er diesen Job aber an den Nagel gehängt, doch da er sich nach den alten Tagen und vor allem seiner Ex-Kollegin Vanessa (Kat Foster) zurücksehnt, lässt er sich schließlich zu einer Rückkehr aus der Rente hinreißen. Er übernimmt einen Part in einer Action-Adaption des Klassikers "Huckleberry Finn" und kommt nebenher einer brisanten Verschwörung auf die Spur - wobei er auch Vanessas Weg kreuzt. Aber ist Johnson nach der langen Pause wirklich schon wieder fit für einen solchen Einsatz?

https://www.imdb.com/title/tt5655056/
1. JCVJ (Pilot)
Die neue Amazon-Serie zeigt auf komödiantische Art und Weise, wie das Leben von Jean-Claude Van Damme nach seiner Glanzzeit aussieht. Ganz nebenbei war der Kampfsportexperte neben seiner Tätigkeit als Schauspieler übrigens als tödlicher Geheimagent unterwegs und will jetzt nicht nur seine Filmkarriere neu starten, sondern auch wieder auf die Jagd nach bösen Buben gehen. - 8,5/10

https://www.imdb.com/title/tt7525468/
2. In welchem Jahr lebst du denn? (To Take Over The World)
Nachdem Vanessa (Kat Foster) ihren Unmut über seine unerfüllte Aufgabe geäußert hat, strengt sich JCVD besonders an, um den Job zu erledigen. Er soll eine Straßenrennen-Gang infiltrieren, was gründlich schiefgeht. Glücklicherweise hat Vanessa herausgefunden, dass Drogen nur die Spitze des Eisbergs sind, weshalb sie jede Hilfe braucht, die sie bekommen kann, selbst die von JCVD. - 8/10

https://www.imdb.com/title/tt7525470/
3. Eine kleine Unterhaltung über Vertrauen (A Little Conversation About Trust)
Filip (Filip Van Damme) hat nie viel verlangt, lediglich einen Freundeskreis bei der Arbeit, den er auch hatte - bis sein Leben aus irgendeinem Grund vom legendären Schauspieler Jean-Claude Van Damme auf den Kopf gestellt wurde. Glücklicherweise steht eine Söldnergruppe bereit, die Filip die Chance gibt, seinen Racheplan auszuführen. - 8/10

https://www.imdb.com/title/tt7478664/
4. Wenn du Glück hast... (If You're Lucky)
JCVD erkundet, ob die Zeit eher ein flacher Kreis ist oder doch ein Tetraeder. Filip (Filip Van Damme) gerät derweil in einen selbstverschuldeten Albtraum. Vanessa (Kat Foster) konfrontiert indes den Schmerz der eigenen Vergangenheit, und Luis (Moises Arias) starrt in die verödete Wüstenlandschaft seiner eigenen Seele. - 8/10

https://www.imdb.com/title/tt7525474/
5. Flucht ins Nirgendwo (Run To Nowhere)
Nachdem er auch den Rest seiner Karriere zerstört und alle weggescheucht hat, die ihm etwas bedeuten, kehrt JCVD in seine Heimatstadt zurück, um seine Wunden zu lecken. Niemand kann jedoch jemals wirklich nach Hause zurückkehren - und manche Wunden sind wirklich schwer mit der Zunge zu erreichen. - 8/10

https://www.imdb.com/title/tt7525476/
6. Die Welt braucht ihren Helden (The World Still Needs Its Hero)
JCVD reist in ein vergessenes Land, wo er mehrere Prüfungen bestehen muss, die aus dem psychischen Ton seiner größten Ängste gemacht sind. Außerdem leiht er sich ein paar Filme aus. - 8/10

Countdown (2019)

https://www.imdb.com/title/tt10039344/

Kann eine Smartphone-App wirklich meinen genauen Todeszeitpunkt voraussagen? Absoluter Blödsinn! Das denkt sich zumindest die junge Krankenschwester Quinn (Elizabeth Lail), die beim Installieren einer neuen App die Nutzungsbedingungen blind akzeptiert. Denn, mal ehrlich, wer liest die schon? Und was soll außerdem schon schiefgehen, immerhin haben ihre Freunde das Programm auch auf dem Handy. Einziger Unterschied: Während die allesamt noch mehrere Jahrzehnte angezeigt bekommen, soll Quinn nur noch drei Tage zu leben haben. Als die junge Frau davon Wind bekommt, dass immer mehr App-Nutzer scheinbar von einer unheimlichen Gestalt verfolgt werden und anschließend tatsächlich ihr Leben lassen, ist die Panik perfekt. Sie versucht, hinter das Geheimnis der rätselhaften App zu kommen und tut sich dafür mit Matt (Jordan Calloway) zusammen, dessen Telefon ebenfalls seinen baldigen Tag voraussagt. Der Countdown läuft...

"Countdown" ist die zu erwartende Standardkost für Horrofilmliebhaber. Der Film von der Stange, mit einer hippen Idee, jedoch vorhersehbar und damit recht spannungsarm. Und letzteres gerade weil die Grundidee irgendwann in Klischees abdriftet und dem sowieso schon gesättigten Horrorfilmfan nichts Neues, sondern nur einen weiteren Vertreter aus seinen eigenen Reihen anbietet. "Countdown" kommt zudem mit uniteressanten, austauschbaren Charakteren ohne jegliche Chemie zum Zuschauer, dafür aber mit recht kreativen Todessequenzen, die den Film gerade noch so in die Mittelmäßigkeit retten. Eine relative schlechte "Final Destination"-Kopie.

5/10

Quellen
Inhaltsangabe: Leonine

Easy Rider (1969)

https://www.imdb.com/title/tt0064276/

Die zwei jungen Männer Wyatt (Peter Fonda) und Billy (Dennis Hopper) brechen Ende der 1960er mit Motorrädern von Los Angeles auf und wollen in New Orleans mit geschmuggeltem Rauschgift das große Geld machen. Während ihrer von Sex- und Drogentrips begleiteten Reise nehmen Wyatt und Billy einen Hippie per Anhalter mit, verbringen einige Zeit in einer Hippie-Kommune und treffen den alkoholsüchtigen Anwalt George Hanson (Jack Nicholson). Dabei stoßen die beiden Biker immer wieder an die Grenzen einer intoleranten Gesellschaft, etwa in einem ländlichen Ort in Louisiana - wo sie die Feindschaft der Dorfgemeinschaft auf sich ziehen, bloß weil sie in einem Restaurant mit einem Mädchen flirten...

Der wohl bekannteste Road Movie aller Zeiten, der auch bis heute Kultstatus geniesst. Freiheit, Natur, tolle Landschaften, mit der Harley durchs Land fahren. Mehr gibts da auch nicht, das wars schon. Unter dem Banner der Stars & Stripes vermittelt "Easy Rider" ein Gefühl von Wehmut, Freiheit und Leichtigkeit, welches man sich bereits beim bloßen Zusehen sofort in sein eigenes Leben (zurück)wünscht. Minutenlange, von Rock- oder Country Musik getragene Einstellungen des entspannten Reisens vor malerischen Gebirgen oder Prärieähnlichen Settings führen den Zuschauer durch eine nebulöse Geschichte, die beinah das Leben in seiner Vergänglichkeit in Gänze umreißt, es dann aber doch nicht tut. Doch so sehr "Easy Rider" der landschaftlichen Schönheit der USA wie auch seinem theoretisch immer propagierten Freiheitsdrang seine unbändige Liebe zollt, so sehr demontiert er den letzteren Gedanken auch Stück für Stück. Das "Captain America" Wyatt, der die US-Flagge auf seinem Bike und seinem Helm trägt, aber dennoch nicht ein Teil dieser Nation sein darf, und Billy selbst von den schäbigsten Motels als Gäste abgelehnt werden, nehmen sie noch mit einem dezenten 'Fuck You' hin. Bis irgendwann gesetzliche Willkür bis barbarische Selbstjustiz ihnen jede Hoffnung raubt. Zwischen Hippie-Kommunen und Drogentrips, Gefängnissen und Begleitern auf dem Weg durch die USA ist "Easy Rider" jederzeit unaufgeregt, genau wie seine Protagonisten.

"Easy Rider" ist aber auch aus Sicht der Produktion interessant. Das Drehbuch wurde erst während des Drehs zusammengestellt und viel Rollen wurden mit einfachen Personen von Straße sehr authentisch besetzt, beispielsweise die hasserfüllten Sheriffs in dem Lokal, welche tatsächlich ihrem Hass auf die Leute mit langen Haaren freien Lauf ließen. Es wird also auch deutlich welcher realen Konfrontation sich die Jugendgeneration der damaligen Zeit ausgesetzt gesehen haben muss. Besonders gegen Ende hin wird der Zeitgeist jedoch nicht nur glorifiziert, sondern auch in Frage gestellt. Es steht die Frage nach dem Ziel der menschlichen Existenz im Raum - und bleibt unbeantwortet. Darstellerisch gelingt nahezu jede Szene. Viele davon waren nicht einmal gespielt, sondern sind einfach live entstanden. Besonders Jack Nicholson mit seinen Ticks und seinen Reden hinterlässt Eindruck. Auch die Musik ist perfekt ausgewählt und die Kamerafahrten während der Tour erinnern im Zusammenspiel mit der Musik an die glorreichen "alten" Western. Besonders bei der Kamera tritt auch der B-Movie-Charakter hervor, welche sich perfekt in die Thematik des Films einfügt. Es ist ein sehr realistischer, fast schon dokumentarischer Film, der den Zeitgeist Ende der 60er Jahre einfangen soll und das machte der Film fantastisch. Hier beginnt das 'New Hollywood Kino' und schafft es, durch solche kleineren künstlerischen Filme ernstere Themen zu behandeln und sich kritisch mit der Gesellschaft auseinanderzusetzen.

Doch letzten Endes und davon abgesehen ist "Easy Rider" ein eher schwer zugängliches Werk, das kaum heutigen Sehgewohnheiten entspricht und auf das man sich als Zuschauer definitiv einlassen muss. Wer einen übermäßig spannenden, actionlastigen oder gar humorvollen Film erwartet, wird enttäuscht. Aufgeschlossene Zuschauer mit einem Interesse an früheren Filmepochen sind bei "Easy Rider" jedoch gut aufgehoben. Der Road Trip durch Amerika entwickelt seine ganz eigene Atmosphäre und vermittelt wie wohl kaum ein anderes Werk der damaligen Zeit das Lebensgefühl der 68er-Generation.

8/10

Quellen
Inhaltsangabe: Sony Pictures

Dienstag, 29. September 2020

Nebel im August (2016)

https://www.imdb.com/title/tt4250566/

Im Nazi-Deutschland ist Euthanasie bittere Realität – wer nicht der nationalsozialistischen Rassenideologie entspricht, wird in Heimen weggesperrt, in denen systematische Tötung an der Tagesordnung ist. So soll es auch dem 13 Jahre alten Ernst Lossa (Ivo Pietzcker) ergehen, einem Kind fahrender Händler. Der aufgeweckte und rebellische Junge hat einige Zeit in verschiedenen Heimen verbracht, wo er schließlich als nicht erziehbar eingestuft wurde. Daraufhin landet er in einer von Dr. Walter Veithausen (Sebastian Koch) geleiteten Nervenheilanstalt, in der ihm schon wenig später klar wird, dass dort Menschen getötet werden. Als auch ihm dasselbe Schicksal wie vielen anderen Kindern droht, versucht er auszubüxen. Gemeinsam mit seiner ersten großen Liebe Nandl (Jule Hermann) plant er die Flucht...

"Nebel im August" ist ein sehr relevantes, und durchweg berührendes Historien-Drama, welches die wahre Geschichte des Ernst Lossa in Süddeutschland am Anfang der 1940er-Jahre zeigt. Das Filmdrama behandelt damit am Schicksal einer einzelnen Person beispielhaft die tausendfachen NS-Krankenmorde, die damals unter der Bezeichnung "Aktion Gnadentod" von Ärzten und Pflegepersonal in bestimmten Krankenhäusern und Pflegeheimen durchgeführt wurden. Der Fall machte durch seine aus Zufall gefundene und mit Bildern versehene Krankenakte Furore und brachte diesen sehr aufwühlenden Film als Konsequenz mit sich.

"Nebel im August" ist - gerade für liebende Eltern - kein leichter Film. Er führt dem Zuschauer das unmenschliche Thema der Euthanasie dennoch auf eine sehr menschliche Weise vor Augen. Aufgrund der starken Darsteller und des grotesken Kontrasts zwischen Heilungsanspruch und mörderischer Perfidie ist der Film besonders sehenswert, wenn auch einmal zu oft nur schwer zu ertragen. Die Akribi, mit der "Nebel im August" die NS-Verbrechen an über 200.000 Ermordeten in den psychiatrischen Kliniken (durch Gas, Giftspritzen, Phenobarbital in Himbeersirup oder gezielter Unterernährung mit nährstofflosen Suppen) nach wahren Begebenheiten, anhand der traurigen Biografie des kurzen Lebens von Rebellenjunge Ernst Lossa (1929 - 1944 ) erzählt, macht dabei schon nach wenigen Minuten richtig betroffen.

Regisseur Kai Wessel widmet sich diesem furchtbaren Thema behutsam und doch direkt. Ausstattung, Zeitkolorit, Set-Design und Schauspiel sind unfassbar authentisch, insbesondere auch das präzise Spiel von Ivo Pietzcker, der mit seiner Leistung in der Rolle des "asozialen Schädlings" Ernst Lossa dem Film eine unglaubliche Tiefe verleiht. Die zwiespältige Darstellung des Chefarztes, von dem man anfangs noch glaubt, er wolle wirklich nur das Beste für die Kinder wird Zug um Zug und sehr geschickt entkräftet. Er ist vermutlich noch das Entsetzlichste an diesem Film. Er wirkt menschlich und freundlich. Sebastian Koch spielt den Chefarzt Dr. Werner Veithausen und damit nicht den unformierten Stiefelträger, der Befehle brüllt. Mit dieser Art Film-Nazi hat man es sich oft zu leicht gemacht. Seine Figur kümmert sich väterlich um seine Patienten. Wo es aber keine Aussicht auf Besserung gibt, setzt er die Namen ohne jede Regung auf seine Liste. Auch Todesengel-Krankenschwester Edith Kiefers (Henriette Confurius) Spiel schlägt in eine ähnliche Kerbe, die den Zuschauer mehr als nur einmal hilf- und fassungslos zurück lässt. Der Film transportiert auch (wenige) Szenen von Hoffnung, das macht ihn immerhin über Strecken ertragbar. Diese Hoffnung wird in Teilen von Fritzi Haberland als Oberschwester Sophia getragen, die irgendwann zur Hälfte des Films den Satz "Es gibt eine höhere Gerichtsbarkeit, als die ihres Führers!" fallen lässt oder einen kleinen Jungen, der gerade einen vergifteten Himbeersirup zu trinken bekam, den Finger in den Hals steckt, um ihn erbrechen zu lassen.

"Nebel im August" braucht kein pädagogisches Pathos, die Perversität des Systems erschließt sich ohne weitere Erklärung. Unter dem mächtigen Schutz des Hakenkreuzes, wurde im Dritten Reich das verabscheuungswürdige Euthanasie-Programm effizient durchgeführt, welches dem Zuschauer in "Nebel im August" auf schwer verdauliche Weise vor Augen geführt wird. Ähnlich wie "Der Junge im gestreiften Pyjama", "Der Stellvertreter" oder aber die Genre-Größen "Der Pianist", "Das Leben ist schön" und "Schindlers Liste", ist eben auch dies ein weiterer unangenehmer, zu Tränen rührender, aber überaus wichtiger Filmbeitrag wider des Vergessens.

9/10

Quellen
Inhaltsangabe: Studiocanal
Textauszüge: Wikipedia

Montag, 28. September 2020

Annihilation - Auslöschung (2018)

https://www.imdb.com/title/tt2798920/

Vor drei Jahren erschütterte ein mysteriöses Ereignis das Gebiet, das jetzt als Area X bekannt ist. Abgeschnitten von jeglicher Zivilisation begräbt die Natur die spärlichen Überreste menschlicher Kultur unter sich. Die geheime Regierungsorganisation „Southern Reach“ ist dafür zuständig, herauszufinden, was in Area X vorgefallen ist und was nun hinter der unsichtbaren Grenze geschieht. Mehrere Expeditionen sandte Southern Reach in das kontaminierte Gebiet - nur der Soldat Kane (Oscar Isaac) kam lebend zurück. Ein neues Team bestehend aus den Wissenschaftlerinnen Lena (Natalie Portman), Anya Thorensen (Gina Rodriguez), Cass Shepard (Tuva Novotny), Josie Radek (Tessa Thompson) und Leiterin Dr. Ventress (Jennifer Jason Leigh) soll nun endgültig die Geheimnisse der Region lüften – das Gebiet kartographieren, Flora und Fauna katalogisieren und die Beobachtungen dokumentieren. Doch sind es nicht nur die Mysterien von Area X, sondern die Geheimnisse der Frauen untereinander, die die Expedition gefährden...

Der sogenannte "Lovecraftian Horror", benannt nach dem berühmten Meister desselben und Autor H.P. Lovecraft, ist ein sehr selten verfilmtes Genre. Oft wird es mit dem SciFi-Horror verwechselt, was nicht weiter verwunderlich ist, spielen doch alle zuordenbare Elemente in derselben Liga. Doch der Unterschied ist, dass es beim sinngleichen Cosmic Horror nicht vorrangig um Blut und Gekröse geht, sondern eher um die im Hintergrund lauernde, für den Zuschauer unsichtbare Bedrohung, das Unbekannte. Es gibt sehr wenige Filme, die sich diesem Genre überhaupt zuordnen lassen, weil es einfach unglaublich schwierig ist, diese Art von Geschichten in die visuelle Form zu übrtragen. Ein zentrales Element dieser Art von Horror, das ihn auch vom weitläufigen Sci-Fi-Horror und von Filmreihen wie der "Alien"-Reihe abgrenzt, ist die Unvorstellbarkeit der fremden Kreaturen und das dem Menschen die Grenzen seines Verstehens aufgezeigt werden. Es geht auch darum, Emotionen komplexester Art sichtbar zu machen. In literarischer Form mag dies noch durch Anfüttern der Vorstellungskraft des Lesers machbar sein, in visueller Form ist das schon eine ganz andere Herausforderung. Wie zeigt man das Unzeigbare und wie stellt man sich das Unvorstellbare vor?

"Annihilation" ist nun diese Art von Film, der diesen Cosmic Horror mit am besten umsetzt, visuell und im Storytelling. Bei den meisten Filmen, die versuchen diese Richtung einzuschlagen fehlt immer irgendetwas oder sie verlieren sich in zu abstrusen Begebenheiten. Entweder ist dann auch die Idee des Films nicht abstrakt genug, die Effekte nicht passend oder die Geschichte einfach zu trivial und nach Schema F ablaufend. Bei "Annihilation" ist das aber nicht der Fall. Allein über die Effekte und das Visuelle braucht man erst gar nicht groß reden. Vor allem das Ende ist optisch eine Wucht. Der ganze Film erfasst diese Idee, dass etwas einfach zu groß für das menschliche Verständnis ist, sehr gut. Der Cast des Films ist gut gewählt, Natalie Portman ist herausragend, Oscar Isaac, Jennifer Jason Leigh, sowie David Gyasi sind in den federführenden Nebenrollen passend und mit Benedict Wong und Tessa Thompson bekommt man sogar noch zwei bekannte Gesichter aus dem MARVEL-Universum geboten. Dies sollte jedoch den interessierten Zuschauer auf keinen  Fall suggerieren, dass es sich bei "Annihilation"um einen SciFi-Shooter handelt. Im Gegenteil. "Annihilation" hat seine rasanten Momente, ist aber ein eher ruhiger und wenig aufregender Film. Es kommt zwar zu einer Handvoll Gewaltspitzen und diese sind auch recht grafisch, doch die Atmosphäre des Films ist hauptsächlich von einer unterschwelligen Bedrohung durchzogen, die nie greifbar ist und den Zuschauer in einer gespannten Erwartungshaltung schmoren lässt.

"Annihilation" behandelt vorrangig Ideen, als primär durch Action aufzufallen und befasst sich kritisch mit diesen. Ideen wie die Frage, was jemanden wirklich Böse macht (im Bezug auf die außerirdische Kraft), biologische Prinzipien der Mutation und Duplikation und natürlich die Frage nach der Entwicklung extraterrestrischer Intelligenz. Dadurch wird "Annihilation" zu einem Film, über den man wirklich Stundenlang diskutieren und seine eigenen Interpretationen und Ideen zum Geschehen teilen könnte. Eins der eher wenigeren Probleme ist die ein wenig zu ausschweifende Nebenerzählung, die Portmans und Isaacs Figuren anging. Grundsätzlich steht dem nichts dagegen, weil es den Charakteren mehr Tiefe gibt und profunde Charaktere gerade hier essentiell sind. Doch manchmal wirkt das ein wenig fehl am Platz, besonders so wie es hier erzählt wird. Doch davon ab ist "AnnihilatioN" ein tatsächlich einzigartiger Film und seltene Perle des Cosmic Horros.

8/10

Von PARAMOUNT PICTURES erschien der Film exklusiv bei zavvi UK auch im limitierten Steelbook in 4K Ultra-HD:


Quellen:
Inhaltsangabe
: Paramount Pictures

Hinterdupfing (2014)

https://www.imdb.com/title/tt3657832/

Hinterdupfing ist ein verschlafenes Dorf, an dem die Zeit spurlos vorüber gezogen ist. Es gibt einen Wirt (Thomas  Kress), einen Bürgermeister (Uli Bauer) und den Polizisten Erwin (Hubbi Schlemer) – sie alle sind daran gewöhnt, vereinzelt noch mit D-Mark zu zahlen, ohne Auto zurechtzukommen und ohne Smartphone zu kommunizieren. Aber dann kehrt doch der Wandel ein, angestoßen von außen. Als sich Urlauber in das Nest verirren, stecken sie die Dorfjugend mit neuen Ideen an. Die jungen Leute brechen in die große Stadt auf, wollen den dortigen Lebensstandard in ihre Heimat bringen. Deshalb locken sie – mit mehr oder weniger unlauteren Mitteln –  Touristen nach Hinterdupfing. Und siehe da: Der Plan geht auf, die Gelder fließen. Allerdings steht das Dorf nach dem Touristenansturm Kopf. Mit der Ruhe und Beschaulichkeit ist es nun vorbei...

Mit "Hinterdupfing" liefert Regisseur Andreas Schmidbauer seinen ersten abendfüllenden Spielfilm ab. Mit der Inhaltsangabe freut man sich auf bissige Satire, typischen Witz und natürlich den ur-bayrischen Dialekt, doch in diesem Heimatfilm, der stellenweise wirkt, als wäre er mit einer Handykamera aufgenommen worden, stimmt gar nichts. Neben extremst laienhaften Darstellern gibt es furchtbare Dialoge und einen Humor, der wirkt, als wäre er geprügelt worden, um auf Teufel komm raus lustig zu sein. Dabei ergeben sich abstruse Situationen, die in sich so unlogisch sind, dass es weh tut. Das wäre aber alles nicht so schlimm, wenn die Gags wenigstens sitzen würden. Doch das tun sie nicht mal im Ansatz. Dabei hätte man aus der Handlung an sich durchaus etwas lustiges machen können, aber dann müsste der Film 40 Minuten kürzer sein. So zieht sich die Geschichte ätzend lange dahin, schlingert mehr shclecht als recht auf ihr erwartbares Ende hin und hat kaum Unterhaltungswert. Man ist ständig gewillt, abzuschalten, quält sich dann aber in der Hoffnung auf doch noch wenigstens eine gelungene Szene durch den ganzen Film, um sich am Ende einzugestehen, dass es besser gewesen wäre, bereits nach 5 Minuten abzubrechen.

1/10

Quellen
Inhaltsangabe: Schmidbauer Film

Sonntag, 27. September 2020

葉問4: 完結篇 - Yip Man 4 - Ip Man 4: The Finale (2019)

https://www.imdb.com/title/tt2076298/

Ip Mans (Donnie Yen) Schüler Bruce Lee (Danny Chan) feiert seine ersten Erfolge in den USA, benötigt dabei aber die Hilfe seines Meisters bei der Eröffnung seines Wing-Chun-Trainingscenters in San Francisco – denn seine unkonventionelle Art zu unterrichten stößt bei den chinesischen und westlichen Martial-Arts-Kämpfern auf Unverständnis. Der US-Marineoffizier Barton (Scott Adkins) sticht besonders hervor und will bei einem Wettkampf ein für alle Mal klären, welche Form des Martial Arts die bessere ist und welche Nation die beste Kampfkunst praktiziert und somit den Sieg davonträgt. Als es um die Ehre des Wing Chun geht, wird bei der finalen Auseinandersetzung Ip Man höchstpersönlich zum Kampf herausgefordert.

Es ist ein milde enttäuschender Abschluss einer eigentlich durchweg guten Reihe. Ein Abschluss aber schon deswegen, weil der Zuschauer gleich zu Beginn erfährt, warum dies der letzte und finale Teil sein wird und sich daran dann auch recht erwartbar nichts mehr ändert. Besonders stark ist aber das Handlungsgerüst von "Ip Man 4: The Finale" leider nicht - und ein solcher Film benötigt natürlich keine komplexe, aber eben doch eine stringente Handlung, die die Story vorantreibt und dafür sorgt, dass man den Auseinandersetzungen - und vor allem dem Finale - entgegenfiebert. Dieser Druck fehlt dem Film leider und er zerfällt in einzelne Segmente, vor allem in der ersten Hälfte steht die Handlung immer wieder so still wie sein von Krankheit gezeichneter Held. Nahezu 70 Minuten vergehen, bis Donnie Yen eine echte Kostprobe seines Könnens geben kann und es zu einem Kampf kommt, bei dem es auch um etwas geht - ja, es dauert tatsächlich so lange, bis das simple, aber funktionierende Konstrukt wirklich vollzogen ist - ein Fehler, der ganz klar beim Drehbuch liegt.


Ein Fehler ist es auch, dass "Ip Man 4: The Finale" es nicht wirklich schafft, einen richtigen Gegner für Meister Ip aufzubauen. Zunächst mal gibt es den (kleinen) Konflikt mit dem Vorsitz der Chinese Association, aber der trägt nicht lange. Dann kristallisiert sich schon sehr früh heraus, dass die bösen, bösen Amerikaner als finale Antagonisten herhalten müssen, doch letztlich wird nur ein zum Ovaracting gewzungerner Scott Adkins dazu verdonnert, Meister Ip die Stirn zu bieten. Die Kampfszenen selbst sind ganz gut, aber nicht überragend, selbst der Fight zwischen Adkins und Yen kann am Ende die Erwartungen nicht ganz erfüllen.

Denn auch hier leidet "Ip Man 4: The Finale" an Klischees, denn wenn der Meister schon zum dritten Mal zu Boden geht und alle anderen Meister, denen er vorher ebenbürtig war, mal eben von Adkins in den Boden gestampft werden, steht dann der einzig wahre Ip Man doch nochmal auf und zeigt Scott den Ausgang. In dieser Form könnte man mit nahezu allen Figuren des Films weitermachen, selbst die Auftritte von Bruce Lee haben etwas Episodenhaftes und bringen die Haupthandlung kaum weiter. Die Story und ihre Charaktere sind damit schon extrem klischeehaft und holzschnittartig; gerade dann ist es schon merkwürdig, daß es für die meisten Beteiligten keine vernünftige Auflösung gibt. Dabei wäre mit dem Rassismus auf beiden Seiten eigentlich ein hochemotionales und vor allem auch aktuelles Thema vorhanden - es wird nur leider nicht wirklich stark und konsequent zu Ende erzählt.

Der ewig junge Donnie Yen ist inzwischen wohl doch noch gealtert, eine Erkenntnis, die den Zuschauer ähnlich melancholisch zurücklässt wie die Rückblenden am Ende des Films. Die Ausstattung des Films ist zwar ordentlich, allerdings wirken die ganzen Amerika-Szenen irgendwie künstlich und steril. Insgesamt ist alles etwas sparsamer und kleinkarierter ausgefallen, die Kulissen sind bescheiden und die Fights dünner gesät und werden zum größten Teil von anderen übernommen statt von Donnie Yen. Der allerdings hat diese schöne Rolle komplett verinnerlicht und strahlt eine unglaubliche Ruhe und Stärke aus. So kann man auch nicht anders als mitfiebern, wenn er auf den Plan tritt, und gerührt sein, wenn das Ende naht. Damit ist "Ip Man 4: The Finale" definitiv der schwächste Teil der Reihe mit Donnie Yen, von den beiden Ableger "Ip Man Final Fight" und "Ip Man Zero" ganz abgesehen, aber dennoch ein unterm Strich guter und unterhaltsamer Film.

7/10


Von KOCH
Films erschien der Film im limitierten Steelbook.


Quellen
Inhaltsangabe: Koch Films

Freitag, 25. September 2020

[SERIE] Watchmen (2019)

https://www.imdb.com/title/tt7049682/

Tulsa, Oklahoma. Fast 100 Jahre sind vergangen, seitdem in dem Ort ein rassistisches Pogrom gegen die schwarze Bevölkerung stattgefunden hat. Und wieder sind die Wogen am Überschäumen. Vor drei Jahren hatte eine radikale Bürgermiliz, die "Siebte Kavallerie", in einer großangelegten Aktion Polizisten und deren Familien angegriffen, viele ermordet. Die Polizei reagierte damit, dass die meisten Überlebenden den Dienst quittierten und die neu aufgebaute örtliche Polizei sich durch das Tragen von Masken sowie Geheimhaltung ihrer Identitäten schützt. Einzig der damalige und aktuelle Polizeichef Judd Crawford (Don Johnson) steht erhobenen Hauptes in der Öffentlichkeit. Anders hingegen Detective Angela Abar (Regina King). Nach dem Massaker verließ sie dem Schein nach die Polizei, eröffnete eine Bäckerei. Als die "Siebte Kavallerie" nun erneut mit einer Gewalttat ins Rampenlicht zurückkehrt – und in einem Bekenner-Video in den Masken auftritt, wie sie einst der Vigilant Rohrschach trug – gehört sie zu denjenigen, die hart durchgreift. Und doch immer Angst haben muss, dass sie und ihre Familie ins Fadenkreuz der Rassisten gerät. Bald kommt es zu einer Bluttat, die die FBI-Agentin Laurie Blake (Jean Smart) nach Tulsa bringt. Die war einst als Silk Spectre bekannt...

https://www.imdb.com/title/tt7401958/
1. Es ist Sommer und wir haben bald kein Eis mehr (It's Summer And We're Running Out Of Ice)
Watchmen beginnt mit dem Black Wall Street Massaker in Tulsa. Ein Mädchen wird von ihre Eltern getrennt und muss ein Baby retten. Über neunzig Jahre später jagt Angela Abar das Mitglied der Seventh Kavalry, das Officer Charlie Sutton angeschossen hat. Diese Verfolgungsjagd fordert das Leben einiger Mitglieder der Seventh Kavalry. Judd, der nun eigentlich Sutton im Krankenhaus besuchen möchte, wird entführt und gehängt, während Angela zu seiner Leiche beordert wird und dort einen Mann im Rollstuhl antrifft. Irgendwo bereitet ein alter Lord ein Schauspiel vor... - 8,5/10

https://www.imdb.com/title/tt8862414/
2. Meisterleistungen der Comanchen-Reitkunst (Martial Feats Of Comanche Horsemanship)
O.B., der Vater des Mädchens aus der ersten Folge, findet während seines Einsatzes im ersten Weltkrieg deutsche Propaganda. In der Gegenwart bringt Angela den Mann in ihr Versteck, wo er sich als Will und ihr Großvater zu erkennen gibt. Er warnt sie vor dem dunklen Doppelleben von Judd, an das sie zunächst nicht glauben will. Als sie jedoch ein Ku-Klux-Klan-Kostüm in seinem Schrank findet, ist sie überzeugt. Als sie ihn festnehmen will, um die Gründe für sein Wissen herauszufinden, wird das Auto samt Will von einem magnetischen Hubschrauber entführt. Das Schauspiel des alten Lords führt zur Verbrennung der Schauspieler. Direkt danach werden allerdings neue Klone erschaffen... - 8/10

https://www.imdb.com/title/tt8862418/
3. Sie wurde von Weltraumschrott erschlagen (She Was Killed By Space Junk)
Laurie Blake vom FBI kommt dem Mord an Judd auf die Spur. Bei seiner Beerdigung begegnet sie Angela, wo ein Attentäter versucht, alle Anwesenden umzubringen. Laurie und Angela können die Trauergemeinde retten und geraten daraufhin in ein Gespräch. Angela warnt sie dabei vor Judds zweiter identität. Der Lord unterschreibt währenddessen eine Erklärung mit dem Namen Adrian Veidt... - 9/10

https://www.imdb.com/title/tt9106932/
4. Wenn dir meine Geschichte nicht passt, schreib deine eigene (If You Don't Like My Story, Write Your Own)
Angela erfährt mehr von Wills Herkunft und findet in ihrem Auto eine Pillendose. Nach dieser Pillendose erkundigt Will sich über Lady Tri..eu bei Angela. Trieu, dessen haus von einem Weltraumobjekt besetzt wird, fordert von Will, ehrlich zu Angela zu sein. Er verweist darauf, dass die folgenden Tage sowieso Klarheit bringen sollten. Veidt erprobt währenddessen mithilfe eines Katapults die Grenzen seiner Gefangenschaft. Er schleudert damit weitere Klone so weit wie es geht und züchtet nebenbei neue heran... - 8/10

https://www.imdb.com/title/tt9106956/
5. Ein wenig Angst vor Blitzen (Little Fear Of Lightning)
Wade ist immer noch traumatisiert vom Angriff Adrian Veidts auf ihn. Wade, Laurie und Cynthia sprechen über die Pillen von Angela und finden heraus, dass es sich dabei um Nostalgia handeln muss, das die Erinnerungen von anderen Personen enthält. Joe gibt vor, er und Judd seien nur in der Kavalry gewesen, um sie im Zaum zu halten. Veidts Pläne sorgen außerdem bei Wade für einen großen Schock. Als Laurie versucht, Angela festzunehmen, da sie die Schuld ihres Großvaters gesteht, nimmt Angela die Pillen zu sich. Veidt scheint in Europa eingesperrt zu sein. Er möchte durch zu Buchstaben zusammengelegten Leichern nach Hilfe rufen, wird daraufhin jedoch erneut zurechtgewiesen... - 8/10

https://www.imdb.com/title/tt9111462/
6. Dieses außergewöhnliche Wesen (This Extraordinary Being)
Angela erlebt die Erinnerungen ihres Großvaters. Dieser kämpfte als maskierter Held gegen die Rassisten. In einem Ausbruch von Wut und Rachegelüsten attackiert ein blutrünstiger Will all diejenigen, die an Operation "Cyclops", dem Versuch durch Hypnose für bürgerkriegsähnliche Zustände zu suchen, beteiligt sind. June, seine Frau, nimmt ihren gemeinsamen Sohn mit nach Tulsa, da sie mit Wills unbändiger Wut nicht zurechtkommt. Bevor Angela bei Lady Trieu aufwacht sieht sie noch, dass Will auch Judd hypnotisiert hatte. - 9,5/10

https://www.imdb.com/title/tt9111408/
7. Eine fast schon religiöse Ehrfurcht (An Almost Religious Awe)
Angela ist immer noch dabei, sich vom Nostalgia zu erholen. Trieu möchte Manhattan vor der Kavalry retten. Angela attackiert ihren Mann, den sie Jon nennt und er verfärbt sich blau. Sie kommt dadurch an eine Disk, auf der das Symbol von Manhattan zu sehen ist... - 9/10

https://www.imdb.com/title/tt8865566/
8. Kommt ein Gott in eine Bar... (A God Walks into Abar)
Doctor Manhattan trifft im Jahr 2009 das erste Mal auf Angela Abar. Er lässt seinen Charme spielen und kann sie davon überzeugen, dass er in Zukunft mit ihr zusammen sein wird. Die beiden tauschen Informationen in der Gegenwart aus, die dadurch, dass Doctor Manhatten Zeit nicht linear erlebt, auch schon in der Vergangenheit existieren. Veidt gräbt einen Fluchttunnel, weil er ein Hufeisen als glücksbringendes Zeichen deutet... - 9,5/10

https://www.imdb.com/title/tt9209842/
9. Sieh, wie sie fliegen (See How They Fly)
Adrian Veidt wird von seiner Tochter, Trieu, gerettet. Sie will Manhattans ganze Kraft stehlen. Manhattan teleportiert Veidt und die anderen allerdings nach Kamak. Veidt lässt Tintenfische regnen und tötet damit seine eigene Tochter. Laurie und Wade überführen Veidt und Angela isst eines der vielen Eier, die aufgeräumt werden müssen. Am Ende versucht sie, wie Doctor Manhattan auf Wasser zu laufen... - 9/10

Donnerstag, 24. September 2020

Den Skyldige - The Guilty (2018)

https://www.imdb.com/title/tt6742252/

Der ehemalige Polizist Asger Holm (Jakob Cedergren) arbeitet mittlerweile in einer Notrufzentrale. Eines Tages erhält er einen Anruf von der verängstigten Iben (Jessica Dinnage), die neben ihrem Entführer im Auto sitzt und so tut, als würde sie mit ihrer Tochter telefonieren. Asger will der entführten Frau unbedingt helfen, was aber übers Telefon gar nicht so leicht ist, denn schnell kommt der Entführer hinter Ibens Notruf und bricht die Verbindung ab. Nun beginnt für Asger ein Wettlauf gegen die Zeit. Dabei ist seine einzige Waffe das Telefon. Während er alles in seiner Macht stehende tut, um die Frau ausfindig zu machen, muss er bald feststellen, dass er es mit einem weitaus größeren Verbrechen zu tun hat, als anfangs angenommen...

Der dänische Thriller "The Guilty" zeigt eindrucksvoll, was ein packender Film im Grunde braucht: ein ausgefeiltes Drehbuch und einen guten Darsteller. Mit einem minimalistischen Setting wird maximale Spannung erzeugt. "The Guilty" ist ein starkes Kammerspiel, das aus geringen Mitteln erstaunlich viel macht. "The Guilty" ist dabei so effektvoll, dass sich die Handlung hauptsächlich im Kopf des Zuschauers abspielt. Dabei dreht Regisseur Gustav Möller ständig an der Spannungsschraube, bis zum beklemmenden Ende. Jakob Cedergren überzeugt in seiner Rolle als Polizist, der aufgrund seiner bevorstehenden Gerichtsverhandlug wegen einer Tötung mit der Dienstwaffe, vorübergehend zur Arbeit in der Notrufzentrale gezwungen wird. "The Guilty" ist eine leise Studie von Schuld und Sühne und befasst sich mit der Frage, ob, wenn die Schuld über einem schwebt und man sie nicht zugeben will, es dann schwieriger ist, das Richtige zu tun. Ein Weg ist die Einsicht, zugeben zu wollen, dass das, was geschehen ist, falsch war. Dem Film mangelt es nicht an dieser Einsicht. Und begleitet den Protagonisten bei diesem Läuterungsprozess über die Abgründe des Unwegbaren. Ein nicht nonstop fesselndes, aber doch rundes, milde spannendes und bewegendes Thriller-Drama. Das Wichtigste beim Kino mit Köpfchen ist eben das Kopfkino.

7,5/10

Quellen
Inhaltsangabe: NFP

Boogeyman - Boogeyman: Der schwarze Mann (2005)

https://www.imdb.com/title/tt0357507/

Tim Jensen (Barry Watson) hat es nicht leicht. Als Kind wurde er traumatisiert, weil sein Vater vom Boogeyman in einen Wandschrank gezogen wurde. Das schreckliche Erlebnis hat Tim nie verarbeitet, obwohl er deswegen auch in der Psychiatrie war. Sein Leben führt er auf eine Weise, die dem Bösen keine Angriffsfläche bieten soll. Vor allem achtet er darauf, in seinem Zuhause keine Verstecke anzubieten, in denen es lauern könnte. So verdrängt Tim die Vergangenheit. Aber die Strategie geht nur so lange gut, wie er die volle Kontrolle hat. Das ändert sich bereits, als seine Mutter (Lucy Lawless) stirbt und er in seinen Heimatort zurückkehren muss. Jetzt hat Tim keine Wahl mehr, als sich mit seinen Ängsten auseinanderzusetzen. Der Boogeyman darf keine Macht über ihn haben. Tim will eine Nacht im Elternhaus verbringen, um dem Bösen die Stirn zu bieten.

Der von Sam Raimi, dem Altmeister des Horrors, mitproduzierte Streifen "Boogeyman" ist leider keine wirkliche Meisterleistung. Was durchaus verwunderlich ist, denn die Zutaten sind vorhanden. Ein junger Mann, der mit seinem als Kind erlittenem Trauma lebt und dieses verarbeiten muss. Dazu ein "schwarzer Mann", der mit entsprechender Atmosphäre tatsächlich für den einen oder anderen gruseligen Moment sorgt. Sogar das Setting ist völlig in Ordnung. Woran es aber mangelt, ist Substanz. Die Geschichte ist absolut dünn, ja gar unlogisch, was relativ egal wäre, wenn man sich bei der Inszenierung Gedanken gemacht hätte. Leider fährt Regisseur Stephen Kay hier lieber die Schiene des Altbewährten und versucht, "Boogeyman" möglichst modern, mit düsterer Gothic-Atmosphäre, gewagten Actionmomenten und einer herumwirbelnden Kamera, die oftmals auch aus der imginären Sicht eines Beobachters filmt, zu erzählen. Leider ist alles so gewollt und uninspiriert, dass man die ganze Zeit gelangweilt ist. "Boogeyman" ist glücklicherweise nicht noch in die Länge gezogen und wird relativ knackig erzählt, trotzdem bleibt es ein eher mäßiges Mystery-Horror-Drama, welches auf einem ansprechenden Grundgedanken beruht, bei der Umsetzung leider aber einiges an Potential verpasst. "boogeyman" kann immerhin halbwegs das Interesse hochhalten, den Film selbst hat man aber sofort nach dem Abspann schon wieder komplett vergessen.

4/10


Quellen
:

Inhaltsangabe
: Universal Pictures

Les Misérables - Die Wütenden: Les Misérables (2019)

https://www.imdb.com/title/tt10199590/

Stephane (Damien Bonnard) hat sich vor kurzem der Einheit für Verbrechensbekämpfung von Monfermeil, einem Vorort von Paris, angeschlossen. Dies ist genau der Ort, an dem Victor Hugo 1862 seinen Roman "Les Misérables" spielen ließ. Zusammen mit Stephanes neuen Kollegen Chris (Alexis Manenti) und Gwada (Djibril Zonga) - beide erfahrene Mitglieder der Einheit - bemerkt er schnell die Spannungen zwischen den lokalen Gangs und der örtlichen Polizei. Seine Kollegen haben derweil ihre eigene, unkonventionelle Methode gefunden, mit den kriminellen Clans umzugehen: Weil auf den Straßen der Stadt andere Gesetze gelten, überschreiten die Beamten regelmäßig die Grenzen des Legalen und sehen sich dennoch im Recht. Als das Maskottchen eines Clan-Chefs, ein lebendes Löwenbaby, gestohlen wird, droht die Situation im Viertel zu eskalieren. Als das Trio eine Verhaftung vornehmen will, werden die Polizisten mit einer Drohne gefilmt und ihr Vorgehen setzt eine Lawine der Entrüstung in Gang. Wer sind nun die Gejagten? 

In diesem dokumentarisch angehauchten Thriller sind es die Banlieue-Aufstände in Paris, Frankreich, 2005, die wohl die Basis für diesen krassen Ritt liefern. Ladj Ly zeigt in seinem Spielfilmdebüt einen Provinzpolizisten in den sozialen Brennpunkt einer Pariser Vorstadt, wo er unmittelbar Ausschreitungen und den Machtkampf zwischen Gangs und Staatsgewalt erlebt. Selbstbewusst, frei, provokativ, stilsicher, bedeutend. Das sind die Begriffe, die einem nach dem Ende des Films, welches den Zuschauer mit voller Wucht in die Magengrube trifft, ins den Sinn kommen. Anfänglich dümpelt der Film zwar etwas vor sich hin und erzählt die schon zum x-ten Mal verfilmte Geschichte um eine auseinanderbrechenden Gesellschaft, das Brodeln in einem (überwiegend von Afroamerikaner bevölkerten) Problemviertel und einigen Cops, die sich unterschiedlich stark an Recht und Gesetz orientieren - dies hat man in anderen Filmen schon gesehen. Doch überraschenderweise ist das ungemein spannend und hält trotz langsamen Aufbau stets das Interesse beim Zuschauer aufrecht.


Denn in dem intensiv-knisternden Thriller "Die Wütenden: Les Misérables" herrscht von Anfang an eine unheilvolle Atmosphäre, die sich immer weiter intensiviert, bis das Gezeigte an der Grenze des Unerträglichen ankommt. Bereits am Anfang stauen sich die Menschenmassen mit Fankreichs Nationalflaggen in den Händen in den Straßen von Paris. Zum WM-Finale sind sie aus den Vororten ins Stadtzentrum gekommen, um ihre Mannschaft anzufeuern. Faszinierend ist es, wie sich die Masse vereint bewegt, allerdings weniger zum Takt der Fanchöre, als einem langsam anschwellenden Brummen. Trotz der ekstatischen Freude in den Gesichtern, transportiert Regisseur und Drehbuchautor Ladj Ly in diesem Menschenauflauf etwas Bedrohliches, geradezu Unheimliches. Es ist von Anfang an klar, das es in diesem Film zu einer Explosion kommen wird, aber wie das geschieht und wie schnell dann alles außer Kontrolle gerät, lässt den Zuschauer sprachlos zurück. Dieser dramaturgische Kniff, vor dem großen Knall noch einmal ein wenig Luft aus der Handlung zu nehmen, verstärkt die Wirkung. Das Ende kommt dann vielleicht sogar ein wenig zu schnell, aber es sorgt dafür, das dieser Film so schnell nicht in Vergessenheit gerät. Eine Urgewalt von einem Film. Grandios.

"Mes amis, retenez bien ceci, il n`y a ni mauvaises herbes, ni mauvais hommes. Il yà a que de mauvais cultivateurs."/"Freunde, merkt euch gut: Es gibt weder Unkraut noch schlechte Menschen. Es gibt bloß schlechte Gärtner." (Victor Hugo - Les Misérables)

8,5/10

Quellen
Inhaltsangabe: Wild Bunch

Mittwoch, 23. September 2020

Freies Land (2019)

https://www.imdb.com/title/tt9407490/

Nachdem 1992 in der Oderregion zwei Schwestern auf einmal spurlos verschwunden sind, werden die beiden grundverschiedenen Ermittler Markus Bach (Felix Kramer) und Patrick Stein (Trystan Pütter) nach Ostdeutschland geschickt, um das vermeintliche Verbrechen aufzuklären. Für die Dorfbewohner ist der Fall klar: Die Mädchen sind Hals über Kopf in den Westen abgehauen. Wie die beiden Kollegen schon bald feststellen, geht das Leben in den abgelegenen Winkeln Deutschlands seinen eigenen Weg. Obwohl nach dem Fall der Mauer die Bürger der ehemaligen DDR in Aufbruchstimmung waren, herrscht bei den Menschen nun Katerstimmung. Bach und Stein wundern sich darüber, dass sich niemand um die verschwundenen Geschwister Sorgen macht und keiner mit ihnen über den Fall reden will. In dem verschworenen Örtchen kämpfen sie sich fortan durch einen Morast aus Lügen und Intrigen und die Suche nach dem Täter wird zu einer mühseligen Angelegenheit...

Das Drehbuch zu "Freies Land" basiert auf "La Isla Mínima", dem spanischen Thriller aus dem Jahr 2014. Das Setting wurde aus den spanischen Sümpfen in die ostdeutsche Provinz der Nachwendezeit verlagert, aber ansonsten hält sich "Freies Land" doch sehr nah am Original, sodass es für Zuschauer, die den spanischen Film kennen, kaum nennenswerte Überraschungen gibt. Dabei ist die erste Hälfte von "Freies Land" die stärkere, denn hier beherrscht den Zuschauer ein ständiges Unwohlsein, weil man nicht weiß, worauf das hinausläuft. Etwa in der Mitte gibt es dann einige Längen, als langsam klar wird, wohin die Reise geht. Spätestens hier steht dann auch nicht mehr die eigentliche Geschichte im Vordergrund, sondern viel mehr die handelnden Personen und ihre Lebensläufe. Die große Überraschung gibt es dann auch am Ende nicht mehr, dennoch ist das Finale sehr kompromisslos, ein echter Schlag in die Magengrube. Doch davon ab gefällt das Setting des deutschen Remakes, die Schauspieler machen ihre Sache sehr gut (Kramer und Pütter sind wirklich ein perfektes Team), die durchweg düstere, triste und fast schon herbstliche Stimmung passt und der Unterhaltungswert ist hoch. Der einfache, aber unglaubliche wirkungsvolle Soundtrack unterstützt. Man merkt deutlich - Regisseur Christian Alvart beherrscht seinen Job und wäre dies eine völlig neue Geschichte, wäre der deutsche Krimi-Thriller "Freies Land" besonders hervorzuheben. So bleibt der Film ein lediglich sehr gutes Remake. Und das will doch auch etwas heißen.

7,5/10

Quellen
Inhaltsangabe: Telepool

Dienstag, 22. September 2020

Кома - Koma - Coma (2019)

https://www.imdb.com/title/tt6087226/

Nach einem schrecklichen Unfall wacht ein junger Architekt in einer dystopischen Welt auf, die ihm vollkommen fremd ist. Sie wirkt nicht real, sondern eher wie ein Traum. Kein Wunder, denn diese Welt basiert auf den Erinnerungen von Menschen, die in einem tiefen Koma liegen. Die neue Umgebung ist zerbrechlich, chaotisch und unbeständig. An diesem Ort passen Weltmeere, Gebirgsketten und Metropolen in einen einzigen Raum, während die Gesetze der Physik keinerlei Rolle mehr spielen. Und wer dort hinkommt, erhält außerdem besondere Kräfte. Der junge Architekt versucht aber nicht nur, die Gegebenheiten zu verstehen, sondern allen voran, einen Ausweg zurück in die Realität zu finden. Doch die Menschen hier brauchen ihn: Unheimliche Gestalten machen Jagd auf sie und er soll ihnen bei der Suche nach einem sicheren Ort helfen...

Das Spielfilmdebüt "Coma" von Nikita Argunov macht gleich von Anfang an deutlich, dass es ssich bei dieser russischen Produktion um etwas sehr hochwertiges handelt. Zumindest optisch und mit einer Fülle von Ideen, was Setting, Weltendesign und Austattung betrifft. Ja, das russische Genrekino hat sich in den vergangenen Jahren wirklich einen Namen gemacht. Doch etwas fällt immer wieder auf: Es wird auffällig oft kopiert, geklaut und zitiert. "Coma" erinnert mit seinem surrealen Bildern schon beinahe etwas zu sehr an "Inception" oder eben "Matrix", erreicht aber bei weitem nicht deren Niveau. Natürlich gab es bereits in den 2000ern Werke wie die Literaturverfilmungen "Wächter der Nacht" und "Wächter des Tages", die Filmschaffenden wie etwa Timur Bekmambetov den Weg nach Hollywood ebneten. Doch abseits solcher Ausnahmeerscheinungen gingen Filme wie "Weltengänger" oder "Guardians" hierzulande überwiegend unter. Mittlerweile führen solche Titel aber kein völliges Schattendasein mehr.

Die Story in "Coma", in die der Zuschauer ohne weiteres Vorgeplänkel hineingestoßen wird, ist relativ seltsam und erscheint nur als Aufhänger um die (zweifellos) starken Bilder zu präsentieren. Wie hier Straßenzüge, Landschaften und Häuserschluchten in chaotischen Flüssigfragmenten ineinanderfließen und dabei eine große unzusammenhängende Einheit bilden, in der berühmte Stätten von London, Paris und dem Eiffelturm bis in die Kanäle Venedigs nur einen Katzensprung voneinander entfernt scheinen, für den obendrein noch jegliche physikalische Gegebenheiten außer Kraft gesetzt scheinen - hier liegen die wirklich großen Stärken, die einmal mehr unter Beweis stellen, dass auch jenseits der USA Genrekino möglich sein kann. Dabei bewegt man sich dann aber doch eher näher an den ebenso surrealen Welten eines "Doctor Strange" als den über weite Strecken geerdeteren Traumwelten eines Christopher Nolan.

Dennoch bedienen sich Nikita Argunov und seine Co-Autoren auch dabei mehr als zuviel. Wenn davon die Rede ist, dass im Koma der Verstand wesentlich schneller funktioniert und die Zeit daher ungleich langsamer verstreicht, fühlt man sich nicht von ungefähr an die diversen Traumebenen erinnert, die DiCaprio und Co. beim Mind Heist durchdringen müssen. Auch bei den Wachowski Schwestern nimmt man ebenso unübersehbare Anleihen, sodass man nicht mal ein großartiger Kenner sein muss, um im Protagonisten Viktor den Auserwählten Neo zu sehen und in dessen Romanze mit der toughen Kämpferin Fly jene mit Trinity. Selbst bei zwei Nebenfiguren hat man die Namen sogar zweifelsfrei von Crewmitgliedern des Hovercrafts Nebukadnezzar übernommen.

Und damit wirken all diese Versatzstücke in "Coma" stets eine Spur zu vertraut und auch nicht halb so überzeugend wie in den zu ihrer Zeit Maßstäbe setzenden Vorbildern. Vor allem aber mangelt es Hauptdarsteller Rinal Mukhametov trotz einer ähnlich unterkühlten Schauspielleistung spürbar am Charisma eines Keanu Reeves. Arg schematisch bleibt sein im wahren Leben erfolgloser Architekt, der sich in dieser Traumwelt endlich frei entfalten kann, während die übrigen Charaktere sich überwiegend innerhalb angestammter Klischees bewegen. Auch aus dem Umstand, dass jeder von ihnen diese Simulationsareale unterbewusst aus seiner Erinnerung erschaft und dabei obendrein noch individuelle "Superkräfte" spendiert bekommt, macht "Coma" erstaunlich wenig.

Der Mangel an wirklicher Tiefe spiegelt sich dann auch schnell in den für sich genommen famos umgesetzen Settings wieder. Denn so toll diese auch aussehen, so bleiben sie doch reines Eye-Candy, was zudem auch noch seltsam statisch und unerforscht bleibt. Wirklich eintauchen und länger auf sich wirken lassen kann man hier in kaum etwas, was bei einem Genrefilm wie diesem aber bloß halb so wild wäre, wenn man die unterschiedlichen Schauplätze denn wenigstens einigermaßen kreativ ins Geschehen einbinden würde. Leider aber bleibt die atemlose Verfolgungsjagd, die bereits im Trailer weitreichend breit getreten wurde, schon das einzige Action-Setpiece, das die Möglichkeiten tatsächlich mal ausspielt, wohingegen der Rest vor allem in den Kampfszenen reichlich uninspiriert daherkommt. Spätestens hierbei verkommen auch die zu Anfang etablierten Schattenwesen namens "Reaper" zur reinen Optikspielerei aus zähflüssiger CGI-Masse und erinnern in ihrer mäßig getricksten Zweckhaftigkeit an die Griever aus "Maze Runner: Die Auserwählten im Labyrinth", was wiederum den ehemaligen Visual Effects Künstler Argunov dann auch irgendwo als russisches Pendant zu Wes Ball dastehen lässt.

Im letzten Drittel, wenn man beginnt, sich an den schicken Schauwerten stufenweise satt zu sehen, versucht sich "Coma" dann schlussendlich auch noch an der Doppelbödigkeit seiner Idole aus Übersee. Hier kommt dann, abgesehen von wenig subtil mitschwingender Religionskritik, nochmal besonders zum Tragen, wie beeindruckt, zugleich aber auch einigermaßen teilnahmslos einen das ganze Spektakel letztendlich zurücklässt.

"Coma" ist unterm Strich nicht bloß Style over Substance pur, sondern schlichtweg die Definition davon. Nikita Argunov versteht sich prächtig darauf, mit vergleichsweise wenig Budget etwas optisch Beeindruckendes zu präsentieren. Hätte man sich nicht deutlich spürbar bei den großen Vorbildern bedient und etwas eigenes erschaffen, dann hätte "Coma" sogar das Potential mit den genannten Originalen mitzuhalten. Stattdessen humpelt man ihnen aber sogar auf der Plotebene einigermaßen bemüht hinterher. Der russische Thriller baut zwar eine interessante Welt auf, die mit ihren eigenen Regeln aufwartet und dem Zuschauer nach und nach verständlich wird und wartet dann mit einem unerwarteten Twist auf, der alles auf den Kopf wirft und dem Film mehr Tiefe gibt, doch am Ende reicht das trotzdem nicht. Außer ein paar wirklich imposanten Bildern bleibt nicht viel im Gedächtnis.

5/10

Quellen
Inhaltsangabe: Capelight Pictures

Montag, 21. September 2020

The Canyon (2009)

https://www.imdb.com/title/tt0960741/

Nick (Eion Bailey) und Lori Conway (Yvonne Strahovski) sind überglücklich. Als frisch verheiratetes Paar haben sie abenteuerliche Flitterwochen geplant: Sie wollen mit Eseln durch den Grand Canyon reiten. Doch wer nicht ortskundig ist, muss sich zwingend einen Führer nehmen. Ihre Wahl fällt auf den trinkfreudigen Henry (Will Patton), der sich schon bald als wahrer Magnet für Unglücksfälle entpuppt. Nachdem der Trip eine Zeit lang ohne Vorfälle verläuft, bietet Henry den beiden Touristen an, sie an eine Stelle zu führen, an denen sie Jahrhunderte alte Felsgravuren bewundern können. Anfangs sind beide skeptisch, da sie dazu eine Gefahrenzone passieren müssen. Mit etwas Überzeugungsarbeit schafft es Henry dennoch, das Pärchen umzustimmen. Auf dem Weg wird Henry dann mehrfach von einer Klapperschlange attackiert, wobei alle Esel Reißaus nehmen. Henrys Zustand verschlechtert sich rapide und Lori und Nick befürchten, dass für ihn jede Hilfe zu spät kommen wird. Doch nicht nur die fehlende Orientierung wird ihnen Schwierigkeiten bereiten. Neben Schlangen treiben nämlich auch gefräßige Wölfe ihr Unwesen im Canyon...

Guter Survival-Thriller, der auch durchweg spannend inszeniert wurde. "The Canyon" wirkt zu keiner Zeit billig und die Darsteller überzeugen in ihren Rollen. Die durch grundsolides Schauspiel geprägten Charaktere sind durchweg sympathisch und sorgen mit ihren kurzweiligen Dialogen für eine stimmige Prise Ironie. Manche Aktionen, wie das Erklimmen der Steilwand, wirken aber durchaus etwas dämlich. Doch in Notsituation tendiert der Mensch aber halt auch nicht immer zu vernünftigen Entscheidungen. Doch das Setting überzeugt durch die Bank weg, der Zuschauer wird bei der Stange gehalten und das Ende setzt der ganzen Geschichte die Krone auf. Somit wird aus der B-Ware "The Canyon" ein letztendlich grundsolider, spannender Streifen, der sich sehen lassen kann. Wer auf Filme wie "127 Hours", "The Reef" oder auch "The Grey" und "Frozen" mag, wird hier bestens bedient.

6,5/10

Quellen
Inhaltsangabe: Intergroove Media

Extortion - Erpressung: Wie viel ist deine Familie wert? (2017)

https://www.imdb.com/title/tt2957760/

Dr. Kevin Riley (Eion Bailey) arbeitet als Arzt in einem Bezirkskrankenhaus und will nun endlich seinen wohlverdienten Urlaub genießen. Mit seiner Frau Julie (Bethany Joy Lenz) und seinem Sohn Andy (Mauricio Alemañy) im Schlepptau geht es in die wunderschöne Karibik. Dort geht es anschließend auf ein Motorboot, mit dem die Inseln in der Gegend erkundet werden wollen. Als das Boot nicht mehr anspringen will und die Rileys auf einer einsamen Insel stranden, scheint alles verloren. Zum Glück kommen noch rechtzeitig ein paar einheimische Fischer vorbei, zu denen auch Miguel Kaba (Barkhad Abdi) zählt. Doch die vermeintlichen Retter entpuppen sich als fiese Erpresser, denn in ihren Augen ist Kevin ein reicher Mann. Und der soll ihnen zwei Millionen US-Dollar beschaffen, ansonsten werden seine Frau und sein Sohn elendig verdursten. Die Zeit drängt...

Im Grunde macht Autor und Regisseur Phil Volken eine Zeit lang alles richtig, indem er die Familie in Ruhe einführt, die exotisch anmutende Urlaubskulisse sehr gekonnt und variabel einfängt und die drohende Verzweiflung der Beteiligten treffend auf den Punkt bringt. Umso perfider erscheint das Vorgehen der Fischer, diese Notsituation auszunutzen, um daraus Kapital zu schlagen. Doch auch hier scheint es sich um eine spontane Aktion zu handeln, denn erst als Wortführer Miguel erfährt, dass Kevin Arzt ist, will er die Gunst seiner Stunde nutzen, während Kevin gewissermaßen die Hände gebunden sind. Mit Auftauchen der Polizei (in Form von der einzigen prominenten Persönlichkeit Danny Glover) geht alles recht schnell und teilweise überschlagen sich die Ereignisse, was teilweise von einigen Unzulänglichkeiten ablenkt, denn ab einem gewissen Informationsstand würde jeder rational agierende Mensch mit der Polizei kooperieren und nicht mehr im Alleingang einigen Kollateralschaden in Kauf nehmen, hinzu kommen arg konstruierte Umstände wie das unerwartete Wiedersehen mit einem Zeugen in einem Linienbus und der Umstand, dass ein Sterbender noch imstande ist auf einer Karte mit Dutzenden Inseln auf die richtige zu zeigen.

Allerdings stellt sich latent die Frage, wie weit man dem Titel gemäß gehen würde und ob der eine oder andere Alleingang nicht vielleicht wirklich mehr bringt, als Stunden auszuharren und auf Informationen zu warten, anstatt selbst an solche zu gelangen. Hauptdarsteller Bailey überzeugt diesbezüglich auf ganzer Linie, da er nie drüber performt und sein Handeln weitgehend glaubwürdig erscheinen lässt. Das Klammern an die letzten Strohhalme steht ihm jederzeit ins Gesicht geschrieben, während Danny Glover nicht allzu viel zu tun hat und lediglich ein paar beschwörende Blicke bemühen muss. Der Score ist um Dramatik bemüht, doch über weite Teile schießt er reichlich übers Ziel hinaus, zudem neigt der musikalische Einsatz zur Dauerbeschallung. Kamera und Schnitt arbeiten sauber, während die Kulisse Puerto Ricos ein wenig darüber hinweg täuscht, dass der Thriller nicht allzu viel Action und Schauwerte zu bieten hat, obgleich das Tempo über weite Teile recht flott ist. Somit liefert Volken einen routiniert inszenierten Wettlauf gegen die Zeit und vermag mit spannenden Einlagen zu unterhalten, während die eine oder andere inhaltliche Macke nicht allzu schwer wiegt. Solide performt und mit nur wenigen Durchhängern versehen, offenbart sich ein schick aussehender, überwiegend temporeich erzählter Thriller, den Genrefans trotz der Laufzeit von 110 Minuten bedenkenlos mitnehmen können.

7/10

Quellen
Inhaltsangabe: Ascot Elite

Sonntag, 20. September 2020

What We Do In The Shadows - 5 Zimmer Küche Sarg (2014)

https://www.imdb.com/title/tt3416742/

Die meisten Wohngemeinschaften müssen sich mit denselben Problemen rumschlagen. Putzpläne und Küchendienste werden nicht eingehalten, Mieten nicht gezahlt und zwischen den Mitbewohnern gibt es auch öfter mal böses Blut. Blut ist bei einer ganz besonderen WG in Wellington das richtige Stichwort. Bei den fünf Männern handelt es sich nämlich um Vampire, die allesamt mit den Tücken des Alltags, der Unsterblichkeit und ihrem untoten Dasein klarkommen müssen. Bei Petyr (Ben Fransham), dem ältesten der Gruppe, ist mit 8000 Jahren die Senilität schon stark spürbar, sodass er aus Versehen den jüngeren Nick (Cori Gonzales-Macuer) zum Blutsauger macht. Nun ist es an Vladislav (Jemaine Clement), Viago (Taika Waititi) und Deacon (Jonathan Brugh) den neuerlich unsterblich Gewordenen anzulernen und gleichzeitig dem sie für eine Dokumentation stets begleitenden Kamerateam die Welt der Vampire zu zeigen. Vladislav präsentiert stolz seine Folterkammer, Viago betrauert als ehemaliger Dandy den Verlust seines Spiegelbildes, Deacon mimt den schlimmen Finger und Nick berichtet jedem, den er trifft, von seinem unerwarteten Lebenswandel...

Taika Waititi. Eigentlich müsste man gar nicht mehr schreiben. Der Mann ist einfach ein Garant für kurzweilige Unterhaltung. In "5 Zimmer Küche Sarg" folgt ein Kamerateam dem Alltag in einer Vampir-WG. Es wurde sich darauf geeinigt, dass dem Fernsehteam kein Haar gekrümmt wird. Vladislav (862 Jahre), Viago (379 Jahre), Deacon (183 Jahre) und Petyr (über 8000 Jahre) leben eigentlich in einem recht herkömmlichen Vampir-Alltag. Sie streiten über altbekannte Sachen und erklären den Zuschauern ihr Leben als Vampir. Doch eines Tages wird ein junger Mann namens Nick von Petyr in ein Vampir verwandelt und dadurch ändert sich das Leben der Alteingesessenen. Dadurch lernen die eher altmodischen Vampire die neue moderne Welt kennen und sind damit maßlos überfordert.

Das Ganze ist wie eine witzige Reality-Show gedreht und dabei gibt es unfassbar viele witzige Szenen zu bestaunen. Dass das Kamerateam etwas mehr Relevanz hat und dass das Ende nicht ganz so überladen ist, wäre wünschenswert gewesen, doch im Großen und Ganzen hat man auch so eine Menge Spaß mit dem Film. Alles wirkt sehr authentisch, ständig passieren aberwitzige Dinge und obwohl hier ordentlich Blut fließt, bleibt der Humor stets hochwertig. Erst recht, als die Gruppe auf Zombies und Werwölfe trifft.

Jemaine Clement ist als Vladislav einfach nur urkomisch. Er haut witzige Sprüche raus und ist vor allem mit seinen Kollegen voll im Einklang. Regisseur Taika Waiti spielt auch eine der Hauptrollen. Als Viago ist er ebenfalls zum brüllen komisch und ist herrlich trottelig unterwegs und ist Teil einer unfassbar lustigen, wenn auch sehr blutigen, Szene. Auch Jonny Brugh als Deacon hat einige tolle Momente, auch wenn er noch der ernsthaftere Vampir ist. Der heimliche Favorit ist aber Petyr, der so skuril und absurd daher kommt, dass man jedes Mal nur bei seiner Erscheinung lachen muss. Außerdem ist noch Stu ziemlich lustig, dank seiner sehr trockenen und lässigen Art. "5 Zimmer Küche Sarg" ist skuril, eigensinnig und originell, ein hervorragender, charmanter, sehr lustiger kleiner Film, mit einer cleveren Erzählweise und richtig tollen Darstellern. Es ist zwar kein großes Meisterwerk, aber er ist auf jeden Fall einer der witzigsten Vampirfilme die ich kenne. Waititi ist ein sehr begabter Regisseur, der einen unverwechselbaren Humor hat und auch als Schauspieler eine gute Figur macht. Jeder Vampir Fan sollte sich "5 Zimmer Küche Sarg" unbedingt ansehen, wenn er Lust hat, mal wieder so richtig herzhaft zu lachen.

8/10

Quellen
Inhaltsangabe: Weltkino