https://www.imdb.com/title/tt10793644/
Der junge Yakov (Dave Davis) möchte die strenge chassidische Gemeinde in Brooklyn am liebsten verlassen, weil er seinen Glauben verloren hat. Knapp bei Kasse und immer in der Zwickmühle, ob nun Medikament oder Nahrung die bessere Investition wäre, stimmt er widerwillig dem Angebot des Rabbiners zu, die nächtliche Totenwache für ein verstorbenes Gemeindemitglied zu übernehmen. Kurz nach seiner Ankunft in dem baufälligen Haus wird Yakov klar, dass hier etwas sehr, sehr falsch läuft. Der Tote ist Herr Litvak (Ronald Cohen), ein Holocaust-Überlebender, Frau Litvak (Lynn Cohen) lebt noch und befindet sich auf dem Gelände, aber Rabbi Reb Shulem sagt, dass ihre Demenz schon so weit fortgeschritten ist, als dass sie eine Hilfe oder gar ein Hindernis sein könnte. Mit der Leiche, die unter einem Laken auf einer Trage im Wohnzimmer liegt, sind die Dinge bereits beunruhigend genug, bevor Geräusche, schwankende Lichter und offensichtliche Halluzinationen den nicht allzu stabilen Protagonisten ernsthaft beunruhigen. Schon bald findet sich der junge Held in einem unheimlichen Albtraum wieder, der von einem furchteinflößenden Wesen orchestriert wird: Einem "Mazik" wie im jüdischen Volksglauben jener Totengeist bezeichnet wird. In dieser Nacht des surrealen Schreckens muss sich Yakov nicht nur bösen Geistern, sondern auch den Dämonen seiner Vergangenheit stellen.
Romanautor, Regisseur und Szenarist Keith Thomas' Filmdebüt "The Vigil", der als "jüdischer Horrorfilm" bezeichnet wird, taucht in seiner Geschichte einer langen Nacht für den jungen Yakov, der über den Körper eines kürzlich verstorbenen orthodoxen Mannes wacht, nicht gerade sehr tief in die Theologie oder sogar in den spezifischen traditionellen Aberglauben des Judentums ein. Nichtsdestotrotz verleiht der kulturelle Kontext dem Film eine effektiv gruselige Coolness und Spannung, die er aus seiner einfachen Geschichte und seiner begrenzten Umgebung zieht. Thomas Film wirkt bescheiden und altbacken, hat aber den Vorteil der Mystik und des Horrors, den man irgendwie auch immer aus Glauben und Kirche ziehen kann. Und mit seinem Setting erinnert "The Virgil" nicht nur einmal an den großartigen dänischen Streifen "Nachtwache".
Wie viele solcher Filme stützt sich auch "The Vigil" stark auf Jump-Scares und ist während seines angespannten Aufbaus wohl effektiver als bei den finalen klimatischen Ereignissen. Zu seiner Ehrenrettung muss man aber auch sagen, dass Thomas weitgehend darauf verzichtet, zu viele wörtlich gesinnte Kreaturendarstellungen oder übernatürliche Effekte zu verwenden, und vertraut darauf, dass das, was der Zuschauer nicht sieht, im Allgemeinen beängstigender ist als das, was offensichtlich ist. Und die düstere Unterkunft der Familie Litvak, in der Lampen, die flackern, kaum heller sind als die Kerzen, die sie ersetzen, könnte kaum ein besseres Setting für Grusel und Spannung sein. Viel Grusel ist im Schatten versteckt, nur weniges offensichtlich, wie eine umherhuschende Kakerlake oder ein Spektral-Ghul. Thomas hält die Spannung während des größten Teils des Films hoch, auch wenn sich einige seiner angsterzeugenden Taktiken überflüssig anfühlen können. Der Sounddesigner dreht den Lautstärkepegel extra hoch, um maximale Gänsehaut zu verursachen, aber das Ergebnis kann leichte Kopfschmerzen bereiten. Was da besser funktioniert, ist, wie Thomas die orthodoxe Kultur für einen überdurchschnittlichen Horrorfilm in tatsächlich gruseliges Material verwandelt, wobei Yakov sich letztendlich dem hebräischen Gebet als seinem einzigen Ausweg aus der Hölle zuwendet. Dave Davis Charakter, der an seiner dogmatischen Erziehung leidet, ist hervorragend darin, das ständig steigende Angstniveau seines verletzlichen Charakters zu vermitteln, ohne darüber hinauszugehen oder zu sehr zu übertreiben. Die erfahrene Bühnen- und Filmdarstellerin Lynn Cohen verkörpert in ihrer Präsenz die einzige andere wesentliche Rolle und spielt hervorragend. Das auffälligste Element in diesem bescheidenen, aber gut gedrehten Tech- / Design-Paket ist Michael Yezerskis aktive Partitur, die dem Zuschauer häufig versichert, dass tatsächlich Grund zur Besorgnis besteht, selbst wenn auf dem Bildschirm nicht viel passiert. Und das ist insgesamt sehr empfehlenswert.
7/10
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