https://www.imdb.com/title/tt0089153/Im Jahr 1501, dem ausgehenden Mittelalter, herrschen in Europa Barbarei und wüste Gewalt vor. Lord Arnolfini (Fernando Hilbeck) will sich die Skupellosigkeit einer kampferprobten Söldnertruppe um ihren Anführer Martin (Rutger Hauer) zunutze machen, um seine Feinde zu besiegen. Als er den Söldnern jedoch den Lohn für ihr ruppiges Engagement verweigert, zieht er sich deren grimmigen Zorn auf sich. Martin und seine Leute wollen sich den Betrug Arnolfinis nicht gefallen lassen und planen, Rache zu üben. Zunächst entführen sie Prinzessin Agnes (Jennifer Jason Leigh), die zukünftige Braut von Arnolfinis Sohn, und missbrauchen sie. Trotz der erfahrenen Gewalt will Agnes bei Martin bleiben, der das Land mit seinen Leuten mordend und brandschatzend in Angst und Schrecken versetzt. Arnolfini versucht, dem wieder Einhalt zu gebieten, und rüstet sich für den Kampf mit den Söldnern...
Zwei Jahre vor seinem großen Hollywood-Durchbruch drehte Paul Verhoeven bereits seinen ersten (co-produzierten) US-Kinofilm, das wenig zimperliche Mittelalterspektakel "Flesh+Blood". Der Name ist hier Programm, könnte noch durch "Dreck + Gestank" ergänzt werden. Verhoevens Darstellung des blutjungen, sechzehnten Jahrhundert bietet davon reichlich, keine edelen Ritter mit schimmernder Rüstung oder verträumte Robin-Hood-Romantik. Nun darf lediglich darüber spekuliert werden, inwieweit Paul Verhoevens Film der vielerorts beschworenen historischen Authentizität wirklich auch gerecht wird, doch verzichtet "Flesh+Blood" auf die romantisierende Darstellung des Spätmittelalters früherer Ritter- und Abenteuerfilme und zeigt stattdessen eine düstere, dreckige und vom nackten Kampf ums Überleben geprägte Welt. Identifikationspotential sucht man hier vergeblich, denn man bekommt ausnahmslos hochgradig ambivalente Figuren, die sich ihr Überleben in einer rauen und harten Welt sichern müssen. In der Gruppe ist man zwar stärker, doch letzten Endes ist sich jeder immer noch selbst der Nächste. Schlamm, Wolkenbrüche, der Geruch von Tod und Pest in der Luft, Plünderung, Mord und Vergewaltigung, Verhoeven präsentiert eines der dunkelsten Kapitel der Menschheitsgeschichte als einen dreckigen Moloch mit starken Kerlen und Frauen, die entweder ihre Weiblichkeit ablegen oder stehts zu Diensten sein müssen.
Die Inszenierung des Niederländers ist druckvoll und gemessen an den
Mitteln (letztendlich ist das ein B-Movie der 80er Jahre) optisch
und atmosphärisch erstaunlich gelungen. Die Sets und die Ausstattung
wirken authentisch, wobei dazu zu sagen ist, dass es in "Flesh+Blood" so gut wie keine aufwendigen Massenszenen oder epische Schlachten
gibt, wie sie aus einigen anderen Historienfilmen bekannt sind. Es ist schon zu bemerken, dass sich nicht so viele
Darsteller und Statisten am Set befunden haben können, das ist aber so
gekonnt in Szene gesetzt, dass es an Dynamik und Action nicht mangelt.
Die Darsteller, die dort waren, können zudem voll überzeugen. Ganz
vorne, natürlich, Verhoevens Landsmann Rutger Hauer, wie immer mit
enormer Präsenz und Ausstrahlung, aber gleich dahinter die zuckersüsse
Jennifer Jason Leigh, die sich hier erstaunlich oft sehr freizügig
zeigt.
Etwas zwiespältig und sicher reichlich Diskussionsstoff bietet die
Darstellung von Leighs Figur Agnes. Ähnliche Vorwürfe
wurden ja auch Sam Peckinpah immer wieder gemacht, und zuerst hinterlässt "Flesh+Blood" einen vergleichbaren
Eindruck. Allerdings mildern die weiteren Entwicklungen das Ganze etwas
ab, dennoch vielleicht etwas gewagt. Grundsätzlich sollte aber jedem
klar sein, "Flesh+Blood" ist eher ein Action- und Abenteuerfilm,
als ein historisch korrekter Streifen. Das hat schon B-Movie-Flair und
dient rein der Unterhaltung. Vollkommen in Ordnung, wenn es denn
funktioniert. Etwas kürzer hätte es vielleicht sein können, zwei Stunden
ist für den Stoff leicht zuviel. "Flesh+Blood" versteht sich mehr als Zeitbild und weniger als
handlungsorientierter Film, doch trotz der episodenhaften
Erzählstruktur, die nur von einem eher losen roten Faden
zusammengehalten wird, vermag das alles zu fesseln. Obwohl Verhoevens
Stil hier noch
nicht ganz so stark ausgeprägt ist wie in seinen späteren Filmen, so
schimmern das Genie und die inszenatorische Finesse des meisterhaften
Provokateurs dennoch immer mal wieder durch, wenn sich nicht selten das
Verstörende mit dem Erhabenen kreuzt. "Flesh+Blood" mag sich vielleicht
nicht neben Großtaten wie "Robocop" oder "Starship Troopers"
einreihen, doch Verhoeven lässt nun erstmals auch außerhalb von Europa
aufhorchen und kann sein Talent unter Beweis stellen und das trotz des verheerenden Einspielergebnisses an den Kinokassen 1985. Am Ende steht gute, recht deftige
Unterhaltung, die einfach klasse umgesetzt ist.


Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen