Stephane (Damien Bonnard) hat sich vor kurzem der Einheit für Verbrechensbekämpfung von Monfermeil, einem Vorort von Paris, angeschlossen. Dies ist genau der Ort, an dem Victor Hugo 1862 seinen Roman "Les Misérables" spielen ließ. Zusammen mit Stephanes neuen Kollegen Chris (Alexis Manenti) und Gwada (Djibril Zonga) - beide erfahrene Mitglieder der Einheit - bemerkt er schnell die Spannungen zwischen den lokalen Gangs und der örtlichen Polizei. Seine Kollegen haben derweil ihre eigene, unkonventionelle Methode gefunden, mit den kriminellen Clans umzugehen: Weil auf den Straßen der Stadt andere Gesetze gelten, überschreiten die Beamten regelmäßig die Grenzen des Legalen und sehen sich dennoch im Recht. Als das Maskottchen eines Clan-Chefs, ein lebendes Löwenbaby, gestohlen wird, droht die Situation im Viertel zu eskalieren. Als das Trio eine Verhaftung vornehmen will, werden die Polizisten mit einer Drohne gefilmt und ihr Vorgehen setzt eine Lawine der Entrüstung in Gang. Wer sind nun die Gejagten?
In diesem dokumentarisch angehauchten Thriller sind es die Banlieue-Aufstände in Paris, Frankreich, 2005, die wohl die Basis für diesen krassen Ritt liefern. Ladj Ly zeigt in seinem Spielfilmdebüt einen Provinzpolizisten in den
sozialen Brennpunkt einer Pariser Vorstadt, wo er unmittelbar
Ausschreitungen und den Machtkampf zwischen Gangs und Staatsgewalt
erlebt. Selbstbewusst, frei, provokativ, stilsicher, bedeutend. Das sind die Begriffe, die einem nach dem Ende des Films, welches den Zuschauer mit voller Wucht in die Magengrube trifft, ins den Sinn kommen. Anfänglich dümpelt der Film zwar etwas vor sich hin und erzählt die schon zum x-ten Mal verfilmte Geschichte um eine auseinanderbrechenden Gesellschaft, das Brodeln in einem (überwiegend von Afroamerikaner bevölkerten) Problemviertel und einigen Cops, die sich
unterschiedlich stark an Recht und Gesetz orientieren - dies hat man in
anderen Filmen schon gesehen. Doch überraschenderweise ist das ungemein
spannend und hält trotz langsamen Aufbau stets das Interesse beim Zuschauer aufrecht.
Denn in dem intensiv-knisternden Thriller "Die Wütenden: Les Misérables" herrscht von Anfang an eine unheilvolle Atmosphäre, die sich
immer weiter intensiviert, bis das Gezeigte an der Grenze des
Unerträglichen ankommt. Bereits am Anfang stauen sich die Menschenmassen mit Fankreichs Nationalflaggen in den Händen in den Straßen von
Paris. Zum WM-Finale sind sie aus den Vororten ins Stadtzentrum
gekommen, um ihre Mannschaft anzufeuern. Faszinierend ist es, wie sich
die Masse vereint bewegt, allerdings weniger zum Takt der Fanchöre, als
einem langsam anschwellenden Brummen. Trotz der ekstatischen Freude in
den Gesichtern, transportiert Regisseur und Drehbuchautor Ladj Ly in
diesem Menschenauflauf etwas Bedrohliches, geradezu Unheimliches. Es ist von Anfang an klar, das es in diesem Film zu einer Explosion kommen wird,
aber wie das geschieht und wie schnell dann alles außer Kontrolle gerät,
lässt den Zuschauer sprachlos zurück. Dieser dramaturgische Kniff, vor dem
großen Knall noch einmal ein wenig Luft aus der Handlung zu nehmen,
verstärkt die Wirkung. Das Ende kommt dann vielleicht sogar ein wenig zu
schnell, aber es sorgt dafür, das dieser Film so schnell nicht in
Vergessenheit gerät. Eine Urgewalt von einem Film. Grandios.
"Mes amis, retenez bien ceci, il n`y a ni mauvaises herbes, ni mauvais hommes. Il yà a que de mauvais cultivateurs."/"Freunde, merkt euch gut: Es gibt weder Unkraut noch schlechte Menschen. Es gibt bloß schlechte Gärtner." (Victor Hugo - Les Misérables)
8,5/10
Quellen:
Inhaltsangabe: Wild Bunch
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen