Freitag, 11. September 2020

Amundsen (2019)

https://www.imdb.com/title/tt6054846/

Norwegen im Jahr 1926: Nachdem er durch einen Zeitungsartikel erfahren hat, dass sein Bruder Roald Amundsen (Pål Sverre Hagen) in der Arktis verschollen ist, eilt Leon Amundsen (Christian Rubeck) zu dessen Haus, um dort auf weitere Nachrichten zu warten. Dort trifft er allerdings auf Roalds deutlich jüngere Geliebte Bess Brigads (Katherine Waterston). Während sie gemeinsam warten, erzählt Leon ihr von Roalds Kindheit, und wie er sich schon früh für Nord- und Südpol interessierte. Wie die beiden Brüder nach dem Tod ihrer Eltern eine immer engere Beziehung zueinander aufbauten und den Plan schmiedeten, die ersten Menschen zu sein, die jemals den Nordpol erreichen. Und wie sie es schließlich schaffen, eine Expedition auf die Beine zu stellen, die jedoch erstmal davon durchkreuzt wird, dass Frederick Cook 1908 behauptet, am Nordpol gewesen zu sein...

Die Idee, die Geschichte von Roald Amundsen nicht durch ihn selbst, sondern durch zwei andere Personen erzählen zu lassen, ergibt auf dem Papier sicher ein wirklich beeindruckendes Biopic. Dadurch reduziert sich nämlich die Sicht nicht auf die der Hauptperson, sondern bietet nebenbei noch interessante Einblicke in dessen Privatleben, seine Familie, sein Miteinander und offenbart so etwas besser den Charakter der Hauptperson. Und das, ohne heroisierend zu sein. Der norwegische Film "Amundsen" macht genau das, verliert aber viel zu schnell den Fokus, auf das, was der Zuschauer erwartet, bei einem Film, der schon "Amundsen" heißt, zu sehen: die Südpol-Expedition. Diese wird viel zu kurz und beinahe schon überhastet abgehandelt - und ist dabei im gesamten Film das wohl intensivste und interessanteste. Die Strapazen der Crew werden zu kaum einem Moment greifbar, lediglich eine etwas spannendere und gleichzeitig actionlastige Szene deutet die lauerende Gefahr unter dem Eis an. Wo sind die Männer am Ende ihrer Kräfte? Wo die Kälte des Windes? Und wenn die Norweger ihre Flagge in den Pol stecken und somit für sich deklarieren, den Südpol als erste erreicht zu haben, geschieht dies fast beiläufig und kommt zu schnell.

Nun muss man konstatieren, dass der Film das ganze Leben von Amundsen abbildet und da bleibt für einen Abenteuerfilm eben auch wenig Zeit übrig. Die Erwartungshaltung wird also jäh gedämpft und durch ein zu unentschlossenes Drehbuch verliert sich "Amundsen" alsbald in einigen langweiligen Passagen. Damit verschenkt der Film einen Großteil seines Potenzials, wird zäh und dröge. Am Ende wandelt der Film auch noch zumeist auf ausgetretenen Genrepfaden und schleppt sich ermattet vorwärts. Was unterm Strich bleibt, sind herrliche Aufnahmen Norwegens und eine tolle schauspielerische Leistung von Pål Sverre Hagen. Doch trotz dieses guten Hauptdarstellers und einer Handvoll Schauwerte gelingt es Regisseur Espen Sandberg nicht, einen Zugang zu seinem Titelhelden zu finden, und handelt dessen langes und bewegtes Leben hier lieber nüchtern und starr ab. Wer erwartet, dass dieses als emotional vertieft oder facettenreich hinterfragt wird, wird ebenso enttäuscht. Daher ist "Amundsen" wirklich nur eine Empfehlung für Leute, die Interesse am Leben von Roald Amundsens oder der Ästhetik Norwegens haben, oder von einem Drama nicht allzu viel erwarten.

4/10

Quellen
Inhaltsangabe: Ascot Elite

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