Dienstag, 2. Juni 2020

The Boat (2018)

https://www.imdb.com/title/tt7468616/

Ein Fischer (Winston Azzopardi) fährt aufs Meer. Das Wetter ist klasse – aber das ändert sich bald. Aus dem Sonnentag wird plötzlich ein Alptraum aus Nebel. Der Fischer kann nicht mehr navigieren. Hilferufe per Funk führen ins Nichts. Er stößt mit einem Segelboot zusammen – und geht an Bord. Das andere Boot scheint menschenleer, aber Blutspuren im Bad deuten darauf hin, dass hier kürzlich jemand um sein Leben gekämpft hat. Es dauert nicht lange, da gerät auch der Fischer in diesen Überlebenskampf...

Zuletzt hat es wieder eine ganze Reihe von Filmen gegeben, in denen die Protagonisten und Protagonistinnen auf hoher See ums Überleben kämpfen. Das ging mal mit schwarzem Humor einher (Harpoon), mal mit unfreiwilligem (Dead Water), wenn umgeben von Meilen um Meilen an Wasser die anderen Menschen deine schlimmsten Feinde werden. Im Fall von The Ship – Das Böse lauert unter der Oberfläche konnte es aber auch das Schiff an sich sein, das zum Gegner wird, denn das war nicht nur alt, sondern auch mächtig verflucht. So unterschiedlich die Filme auch waren, inhaltlich wie qualitativ, sie einte doch das Setting, das immer mit einer gewissen Grundspannung einhergeht: Auf hoher See, mitten im Nirgendwo, ohne Hilfe, oft ohne Fortbewegungsmöglichkeit – das ist ein echter Albtraum. Zu einem Teil machen sich das auch Winston Azzopardi und sein Sohn Joe zunutze, die hier zusammen einen ungewöhnlichen Genrevertreter auf die Beine gestellt haben. Winston übernahm die Regie, Joe stand vor der Kamera, zusammen schrieben sie das Drehbuch. Wobei man gleich vorneweg sagen muss, dass das Drehbuch sicherlich nicht die größte Herausforderung des Films war. Dialoge gibt es praktisch keine, abgesehen von den vergeblichen Versuchen des Fischers, Hilfe herbeizurufen, kommt in den anderthalb Stunden keine Sprache vor. Außerdem ist es nicht so, dass "The Boat" mit wahnsinnig viel Abwechslung glänzen würde: Es gibt nur den namenlosen Protagonisten und seine vergeblichen Versuche, vom Boot runterzukommen und wieder ans Land zurückzufinden.

Das hört sich langweilig an, für manche vielleicht sogar komisch. Tatsächlich dürfte "The Boat" das Publikum ziemlich spalten. Die einen dürfte das Geschehen weniger zufriedenstellen, zumal die Azzopardis auf helfende Erklärungen komplett verzichten: Wir erfahren nicht, wem das Boot gehörte, wieso alle verschwunden sind. Auch lassen sie offen, ob es sich hier wie in The Ship wirklich um ein verfluchtes Boot handelt oder ob der Protagonist einfach nur Pech hat bzw. sich in seinem allmählich intensivierenden Überlebenskampf einiges einbildet. Waren das nicht eben gerade Schritte an Deck? Hat da jemand an der Tür geklopft? Andererseits verleiht diese Ungewissheit dem Film eben auch einen ganz eigenen Reiz. Im Gegensatz zu vielen Horrortiteln der letzten Zeit, die dem Publikum so gar nichts zutrauen und deshalb alles zu Tode erklären, wollen Joe und Winston alles so offen wie möglich lassen. "The Boat" ist sowas wie die alten Legenden, die man sich in Seemannsspelunken hinter vorgehaltener Hand erzählte. Eine Mischung aus realistischem Survivaltrip à la "All Is Lost" mit Spielbergs Thriller Duell, wo ein Truck den Protagonisten verfolgte und nach dem Leben trachtete, ohne dass man je erfahren hätte, wer am Steuer saß oder warum das alles überhaupt geschieht.

Wer sich damit abfinden kann, dass "The Boat" eben kein herkömmlicher Horrorfilm ist und sich sehr minimalistisch gibt, der kann sich hier aber durchaus gut unterhalten lassen. Die Kombination aus traumhaften Aufnahmen und imminenter Lebensgefahr war schon bei den obigen Kollegen ein Pluspunkt. Die Atmosphäre ist hier noch stärker klaustrophobisch, wenn selbst reguläre Gegenstände wie Türen zu einer Falle werden können. Und auch das Sounddesign des Thrillers, das auf dem Fantastic Fest 2018 Premiere hatte, kann sich hören lassen. Ein paar Punkte sind sicherlich weniger geglückt, darunter das nicht immer nachvollziehbare Verhalten des Helden oder dass der Film das Setting des Meeres relativ wenig einbezieht. Doch trotz dieser Mängel ist das hier eins stimmungsvoller Geheimtipp, der deutlich mehr bietet, als es der einfache Titel verspricht.

6,5/10

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