Dienstag, 30. Juni 2020

乱 - Ran (1985)

https://www.imdb.com/title/tt0089881/

Lord Hidetora (Tatsuya Nakadai) sehnt sich nach einem ruhigen Ausklang seiner Herrschaft und beschließt, sein Reich unter seinen drei Söhnen Taro (Akira Terao), Jiro (Jinpachi Nezu) und Saburo (Daisuke Ryu) aufzuteilen. Da das Reich auf Lügen, Verrat und Mord aufgebaut wurde, glaubt Saburo nicht, dass der Plan des Vaters aufgeht und ein friedliches Regieren möglich ist. Daraufhin verbannt der erboste Vater seinen jüngsten Sohn, doch Saburo scheint Recht zu behalten. Taro und Jiro beanspruchen die Macht für sich und intrigieren gegeneinander. Hidetora verfällt dem Wahnsinn, als durch seine Entscheidungen die gesamte Familie gespalten wird und ein Krieg in seinem ehemaligen Reich ausbricht...

"Ran" ist eine Neuinszenierung von Shakespeares "King Lear" und Altmeister Akira Kurosawas letztes Monumentalepos. Das Drama besticht dann neben seiner tragischen Handlung vor allem durch die perfektionistische Produktion, die dem Film in jeder Hinsicht anzusehen ist. Die Inszenierung mit 1400 Statisten, 500 Pferden und die Oscar-prämierten Kostüme verschlangen mit 12 Millionen Dollar das bis dahin höchste Produktionsbudget eines japanischen Films. Neben den aufwändig choreographierten Schlachtszenen beeindrucken vor allem die Darsteller durch intensives Spiel, allen voran Hauptdarsteller Tatsuya Nakadai. Die Bildersprache ist grandios, nahezu jedes einzelne Bild könnte auch ein Gemälde sein. Im Kontrast zu absoluten Momenten von Stille, Gewaltausbrüchen, einer Massenschlacht bis hin zu einem surrealen Massaker in der Mitte des Films gibt Kurosawa dem Zuschauer visuell mal wieder einiges zum verdauen. Die Natur und das Panorama stehen für die Stimmung der Figuren und jede Figur ist einer Farbe zugeordnet , damit man sie auseinander halten kann.

Die Länge von über zweieinhalb Stunden schreckt anfänglich ab und ist möglicherweise nicht jedermanns Geschmack, zumal Kurosawa wie häufig in seinen Filmen einen Schwerpunkt auf die Dramaturgie der Charaktere legt und nicht eine actionreiche Handlung im eigentlichen Sinne in den Mittelpunkt stellt. Wie auch die Vorlage von Shakespeare ist "Ran" eine reinrassige, klassische Tragödie, eine Parabel von dem Missbrauch von Macht, wie er in der heutigen Welt nicht selten vorkommt. Der Zuschauer wird in eine Welt entführt in der keine Figur als Identifikation dient. Keine Figur ist heroisch. Der Film schafft es durch Dialoge extreme Emotionen oder Spannung aufzubauen. Gefilmt wie im klassischen Theater kommen hier keine Großaufnahmen von Gesichtern vor. Alles ist von einem gewissen Abstand gefilmt und die emotional packende Geschichte mit offenen Fragen über den menschlichen Charakter aus Brutalität, Gier und Wahnsinn lässt den Zuschauer nachdenklich zurück. Wer sich darauf einlassen kann, erfährt, was Kino eigentlich einmal sein sollte: Nicht nur bloße Unterhaltung, sondern ein Medium, dass unser Menschsein reflektiert und dadurch die Welt vielleicht ein klitzekleines Bisschen verbessert. "Ran" fordert Ansprüche. Wer diese aber erfüllen kann wird mit einem alles überragendem Meisterwerk epischer Qualität belohnt.

8,5/10

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