https://www.imdb.com/title/tt0183523/
Im Jahr 2020 macht die NASA einen weiteren großen Schritt in der
Geschichte der Raumfahrt. Nach jahrelanger Vorbereitung gelingt es einem
Team von Astronauten unter der Leitung Commander Graham (Don Cheadle)
auf dem Mars zu landen. Kurz nach dem Eintreffen auf der Oberfläche
geraten Graham und seine Crew in einen zerstörerischen Sandsturm. Graham
kann gerade noch ein Notsignal senden, bevor die Kommunikation
abbricht. Die NASA reagiert darauf, indem sie ein Rettungsteam unter der
Leitung von "Woody" Blake (Tim Robbins) zusammenstellt, der mit
weiteren Astronauten (Gary Sinise, Connie Nielsen, Jerry O’Connell) zum
Mars aufbrechen soll, um die Tragödie zu untersuchen und mögliche
Überlebenden zu bergen. Doch auf dem Flug zum roten Planeten wird ihr
Shuttle beschädigt und es kommt zur Katastrophe...
Im Kino von Brian De Palma ging es immer um die Wahrnehmung wie die
Auffassungsgabe des Zuschauers und darum, wie schnell diese dann durch
gewitzte Kniffe mehr oder weniger leichte Risse davon tragen kann. "Mission to Mars" wird mit einer Szene eröffnet, die in ihrer Konzeption
und Absicht patentiert für De Palma scheint: Eine Rakete steigt anmutig
in den Himmel empor, ein dumpfer Knall ertönt und kräuselnde
Luftschlangen verteilen sich über dem Bildschirm. Von derlei wirksamer
Manipulation ist De Palma im Folgenden allerdings nur noch weit
entfernt, stattdessen aber entpuppt sich "Mission to Mars" als ein
waschechter Blender - und das Drehbuch dreht De Palma zum ersten Mal
einen Strick, weil es ihm keinerlei Chance auf ein reflexives
Hintertürchen gewährt. Verschleiert als große Antiklimax, die, wie es
heute mal Gang und Gäbe im Science-Fiction-Genre ist, fortwährend auf
"2001" schielt, sich in Elegie situiert und doch keine adäquaten Bilder
findet, die dem Weltall gerecht werden. In Szenen, die andere Regisseure in knalliger Hektik und schnellen
Schnitten verschenkt hätten, spielt De Palma mit Zeitverzögerungen,
dehnt die Momente ins Endlose und entfaltet einen Horror der
Langsamkeit.
Der Rest des Films ist dem oben beschriebenen Auftakt nicht unähnlich: Pathetisch, zugleich ironisch, dabei von jener merkwürdigen - unfreiwilligen - Albernheit der B-Movies aus den 50ern, bei denen ein heutiger Betrachter kaum mehr unterscheiden kann, was damals noch ernst und bedeutungsschwer gemeint war, oder schon subversiv. Um seine Zuschauer hat sich De Palma noch nie viel gekümmert. Darin ist er, genauso wie in der Absage an jeden Glaubwürdigkeits-Realismus europäischen Filmemachern viel ähnlicher als seinen Landsleuten. Noch nie hat De Palma bisher einen Science-Fiction-Film gedreht, und wenn man "Mission to Mars" gesehen hat, versteht man auch warum. Denn alle Konventionen des Genres interessieren den Regisseur offensichtlich nicht. Vielmehr begegnet man auch hier wie in De Palmas sonstigen Filmen in erster Linie einer abstrakten Phantasie, einem Autorenfilm voller subjektiver Einfälle, die nichts mit plumpen Mainstream-Phantasien a la "Armageddon" gemein hat.
Dabei ist die Handlung zunächst einmal ganz konventionell: Im Jahr 2020 endet der erste NASA-Marsflug in einer Katastrophe. Ein zweites Raumschiff soll deren mysteriöse Umstände aufklären, und mögliche Überlebende bergen. Doch auch diese Reise ist von Anfang an durch Pannen belastet. Richtig ärgerlich wird "Mission
to Mars" allerdings erst gegen Ende, wenn das Drehbuch die
Evolutionstheorie auf Links krempelt und eine ungemein reaktionäre
Sichtweise propagiert. Auf dem Mars angekommen nimmt alles dann eine plötzliche Wendung:
Gemeinsam mit einem Überlebenden entdeckt die Rettungscrew, nun ja,
einen weiblichen, offenbar Brancusi-Masken nachempfundenen
Marsmenschen, der für sie das Geheimnis der irdischen Evolution
lüftet: Am Anfang war nicht das Feuer, sondern der Mars. Der weiße Mann muss entdecken (erobern), weil es
seine Aufgabe ist, weil es ihm als Bestimmung im Blut liegt.
Esoterischer und artifizieller Unfug, fernab von extraterrestrischen
Naturalismus oder den horizonterweiternden, visionären Denkanstößen
eines Stanley Kubrick.
4/10
Von FILMJUWELEN erschien der Film im limitierten Mediabook:
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