Montag, 8. Juni 2020

Boarding School (2018)

https://www.imdb.com/title/tt6224502/

New York in den 1990er-Jahren: Der 12-jährige Junge Jacob (Luke Prael) hegt eine Begeisterung für düstere Comics, Monster wie Vampire und Horrorfilme. Dass der harte Stoff nicht kindertauglich ist, spiegelt sich in Jacobs nächtlichen Albträumen wieder, was Mutter Isabel (Samantha Mathis) zunehmend beunruhigt. Plötzlich entdeckt der Sonderling auch noch die Faszination für seine tote Großmutter, bis Jacob schließlich auf ein isoliertes Internat für Außenseiter geschickt wird. Dort erwartet ihn der mysteriöse Leiter Dr. Sherman (Will Patton) und einige weitere schräge Patienten. Doch dann fällt Jacob auf, dass er und seine sechs Mitinsassen auch schon alle sind, welche das Gebäude bewohnen. Was geht hier vor?

Eines muss man Boaz Yakin ja alles: Man weiß bei dem US-Filmemacher nie, was einen erwartet, wie ein Blick auf seine aktuelle Filmografie zeigt. So schrieb er die Drehbücher zur Videospieladaption "Prince Of Persia: Der Sand der Zeit" und zum humorvoll-magischen Heist Movie "Die Unfassbaren"/"Now You See Me", als Regisseur drehte er zuletzt den Actionstreifen "Safe - Todsicher" sowie den Kinderfilm "Max". Und nun "Boarding School", das man am ehesten noch als Thriller mit Horrorelementen bezeichnen würde. Ein sehr kurioser Horror jedoch. So kurios, dass sich manche fragen werden, ob das nicht vielleicht doch eine schwarze Komödie sein sollte.

Ein Grund dafür: "Boarding School" ist nicht wirklich spannend. Lange spielt Yakin mit einer mysteriösen, ominösen Atmosphäre, ohne dass dieser jedoch großartig Taten folgen sollen. Genaugenommen passiert sogar ausgesprochen wenig in den Hallen des Internats, sieht man einmal von den fragwürdigen Lehrmethoden der Shermans ab. Zu wenig für einen Film, der immerhin 110 Minuten Lebenszeit für sich einfordert. Vielleicht um das dann auszugleichen, gibt es zum Schluss dafür umso mehr Action, die gern auch etwas überzogen ausfallen darf. Dabei sind die bösen Elemente des Films gar nicht die, welche den üblichen Blut- und Totschlag-Bedürfnissen des Horrorgenres entsprechen. Yakin hat eine viel gemeinere Idee, einfach und doch perfide. Das Grundszenario mit einem großen historischen Verbrechen gleichzusetzen, welches mit der Nebengeschichte um Jacobs Oma beginnt, das ist gewagt. So wie einiges hier gewagt ist. Die Kinder schwanken irgendwo zwischen tragisch und gestört, bald droht auf jeden Schritt der Abgrund, wohin man auch seine Füße lenken mag. Diese Ansammlung von geschundenen Freaks findet ein visuelles Gegenstück in den nicht ganz so ehrenvollen Gemäuern, in denen ein Großteil des Films spielt. Yakin und sein Kameramann Mike Simpson verlieren sich in Farblabyrinthen und Bildern, die so unheilvoll vibrieren, als würde jeden Moment die Schule in die Luft fliegen. Das tut sie dann nur im übertragenen Sinn, wenn einem die Geschichte von "Boarding School" alles um die Ohren haut, was zuvor noch da war. Es ist der uninteressanteste Teil eines ansonsten durchaus interessanten Films, der vieles ausprobiert, vieles wagt, ohne Rücksicht auf Verluste und Befindlichkeiten.

Nicht alles davon überzeugt, irgendwie ist "Boarding School" ein einziges Durcheinander von verschiedenen Ideen, von Coming-of-Age über Gesellschaftskritik bis Massaker-Horror. Es ist noch nicht einmal ein wirklich spaßiges Durcheinander, da das Versprechen auf Trash oder Satire nie eingelöst wird. Stattdessen drehte Yakin einen Film über allgegenwärtige Monster und über den Kampf gegen diese, der einen selbst in ein Monster verwandeln kann. Gut und böse sind hier kaum mehr voneinander zu trennen, da der Horrorstreifen eine Welt aufzeigt, in der für das Gute überhaupt kein Platz mehr ist. Nicht einmal in dem gottgläubigen Internat. "Boarding School" ist somit eine sehr eigenwillige Mischung aus Coming-of-Age-Elementen und Horror, der sich eher in einer bizarren Stimmung als in sonderlich viel Handlung manifestiert. Streckenweise ist das zäh, oft aber auch atmosphärisch und mysteriös – und dabei auf eine beachtlich mutige Weise böse.

6,5/10

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