Donnerstag, 18. Juni 2020

Girl (2018)

https://www.imdb.com/title/tt8254556/

Lara (Victor Polster) ist ein 15-jähriges Mädchen, das im Körper eines Jungen geboren wurde und davon träumt, eine Ballerina zu werden. Als sie an einer renommierten Ballettakademie angenommen wird, zieht sie mit ihrem Vater Mathias (Arieh Worthalter) und ihrem jüngeren Bruder Milo (Oliver Bodart) nach Brüssel. Doch die Wirren der Pubertät, das harte Training an der Akademie und die gleichzeitige Vorbereitung auf die Geschlechtsumwandlung drohen für Lara zu viel zu werden. Zwar hat sie die volle Unterstützung ihres Vaters und wird von einer Ärztin (Katelijne Damen) und einem Psychologen (Valentijn Dhaenens) begleitet, doch der Leistungsdruck ist enorm. Als man ihr schließlich verbietet, Ballett zu tanzen, entschließt sich Lara zu einem radikalen Schritt…

Lara verfolgt einen großen Traum: Zur Ballerina am Konservatorium, einer renommierten Fachschule für Ballett, ausgebildet zu werden. Doch sie war nicht immer Lara, denn früher trug sie den Namen Viktor. Als würde die Ausbildung ihr nicht schon genug abverlangen, sieht sie sich zudem mit einer weiteren Herausforderung, dem Erlangen ihrer vollständigen Weiblichkeit, konfrontiert. Während sie jetzt mit ihren 15 Jahren vor einer folgenschweren Operation steht, mit der sie ihr altes Ich endlich hinter sich lassen will, wird sie an ihrer Tanzschule mit einer Gruppe Mädchen konfrontiert, denen schnell auffällt, dass Lara anders ist. "Girl" ist ein Transgender-Drama aus Dänemark mit einem sehr starken, sechzehnjährigen Viktor Polster als Lara, die im Körper eines Jungen gefangen ist. Sie wählt den Weg von Hormonbehandlung und OP-Geschlechtsumwandlung, was zum Einstieg in den Film bereits in unmittelbarer Zukunft liegt. Lara ist besessen vom Ballett und geht auf eine der besten Schulen, wo täglich langes, hartes Training angesagt ist.

Ballett ist anmutig, grazil und ausdrucksstark. Ebenso verhält es sich mit "Girl". Der Film strotzt nur so vor fragiler Eleganz und Strahlkraft. Die Kamera ist dabei stets dicht an dem Geschehen, welches durch die Kameraführung mal äußerst energetisch, mal besinnlich und sanft wirkt. Doch immer ist es die Gefühlswelt von Lara, die durch diese Kameraarbeit diktiert wird und durch Victor Polsters grandioses Schauspiel nahbar wird. Auf eine äußerst behutsame Art und Weise entfaltet sich im Laufe des Films eine berührende und einnehmende Lebensgeschichte. "Girl" erinnert an den drei Jahre zuvor erschienenen "The Danish Girl". Und trotzdem ist der Film anders, weniger auf Drama gepeitscht. Genauer betrachtet ist "Girl" ein Dokudrama. "Girl" lässt den Zuschauer tief in die Gefühlswelt und das Leben der Lara eintauchen. Regisseur Lukas Dhont hat sich dabei von seinem eigenen Leben inspirieren lassen. Er sagte: "Als Kind wollte mein Vater, dass ich Pfadfinder werde. Also setzte er meinen Bruder und mich dort ab und wir spielten mit den anderen Kindern im Matsch oder gingen zelten. Wir haben es beide gehasst. Wir wollten lieber schauspielern und tanzen, weil wir uns dabei besser ausdrücken konnten." Sie wurden dafür ausgelacht, von ihrem Umfeld gemieden und als Mädchen bezeichnet. Als Dhont dann im Jahr 2009 in der Zeitung von einem 15-jährigen Mädchen las, das entschied, Ballerina zu werden, obwohl sie den Körper eines Jungen besaß, wart die Idee für "Girl" geboren. Dabei gelang es ihm mit unfassbarer Sensibilität und Behutsamkeit, die Figur der Lara zu porträtieren.

Bei dem Filmfestival in Cannes wurde "Girl" 2018 gleich dreimal ausgezeichnet: Als bester Debütfilm, als bester Film und für den besten Hauptdarsteller. Schauspieler Victor Polster gelingt es auf aller höchstem Niveau, Lara unglaublich vielschichtig, authentisch, divers und schlichtweg perfekt zu spielen. Er schafft es, die Figur der Lara mit Samthandschuhen auf eine noch höhere Ebene zu heben. Eine Sache, die "Girl" zusätzlich so berührend thematisiert, ist der Rückhalt, den Lara während ihres Weges aus ihrer Familie erhält. Dieser ist in der Regel bei weitem keine Selbstverständlichkeit, dessen ist Lara sich bewusst. Und dennoch, ganz gleich, wie sehr ihr der Rücken gestärkt wird und wie oft ihr Vater auch hinter ihr steht, vollkommen angekommen fühlt sie sich nicht. Nicht, solange sie äußerlich noch nicht vollends zur Frau geworden ist. Obgleich Lara kein Vorbild sein möchte, sondern einfach ein Mädchen, das ihren Weg geht, ist es doch vor allem der Film, der einen vorbildhaften Umgang mit diesem Thema fabelhaft porträtiert.

"Girl" bringt in jedem Fall das nötige Feingefühl mit, was die Auseinandersetzung mit diesem Stoff erfordert. Vielleicht sogar ein wenig zu viel Feingefühl. Der Film fühlt sich nämlich so an, als könnte er jeden Moment zerbrechen. Es ist unglaublich, wie es Regisseur Lukas Dhont gelingt, ein solches Gefühl hervorzurufen. Hinzu kommt dann noch die wundervolle Kameraarbeit, die so dicht am Geschehen ist und so sehr an ihren Charakteren, allen voran Lara, hängt, dass es sich beinahe anfühlt, als wären die Gefühle der Figuren greifbar. Abschließend bleibt zu sagen, dass "Girl" ein strahlendes und mutiges Beispiel dafür ist, wie man ein Transgender-Drama würdevoll auf Film bannt.

8/10

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