https://www.imdb.com/title/tt0395169/
Paul Rusesabagina (Don Cheadle) managt ein teures Hotel in Kigali und
erlebt die Rassenunruhen Ruandas als Teil des Alltags. Für ihn selbst
stellt die Rasse aber keine Denkkategorie dar - er ist Hutu und
glücklich verheiratet mit Tatiana (Sophie Okonedo), einer Tutsi. Als der
ruandische Präsident nach Abschluss eines Friedensvertrags mit den
Tutsi angeblich von Tutsi-Rebellen ermordet wird, eskaliert die Lage im
Land. Hutu Milizen ziehen durch die Straßen und ermorden wahllos
Menschen, die sie für Tutsi halten. Um seine eigene Familie in
Sicherheit zu bringen, nimmt Paul sie und einige Tutsi-Nachbarn in das
von Blauhelmen gesicherte Hotel mit. Dort erfährt er vom kanadischen
Colonel Oliver (Nick Nolte), dass bereits internationale Truppen auf dem
Weg nach Ruanda sind. Widerwillig gewährt Paul in der Zwischenzeit
weiteren Flüchtlingen Unterschlupf im Hotel. Doch dann folgt die große
Ernüchterung: Die UN-Truppen sollen lediglich die Touristen sicher aus
dem Land bringen, während zum Schutz der Zivilbevölkerung keine Soldaten
vorgesehen sind...
"Hotel Ruanda" ist ein Spielfilm aus dem Jahr 2004 von Terry George über den Völkermord in Ruanda an den Tutsi und an gemäßigten Hutu im Jahre 1994. Der Film beruht auf der wahren Geschichte von Paul Rusesabagina, der über 1200 Menschen vor dem sicheren Tod rettete. Der Film erzählt die auf einer wahren Begebenheit beruhende Geschichte des Hôtel des Mille Collines in Kigali während des Völkermordes in Ruanda im Frühjahr 1994. In dem seit vielen Jahrzehnten bestehenden Konflikt zwischen der Bevölkerungsmehrheit der Hutus und den politisch wie wirtschaftlich dominierenden Tutsi wird am Abend des 6. April 1994 das Flugzeug des Präsidenten Juvénal Habyarimana beim Landeanflug auf Kigali abgeschossen, was die Auseinandersetzungen eskalieren lässt. Daraufhin sterben in Ruanda in nur 100 Tagen ca. eine Million Menschen durch Gewalttaten von Hutu-Milizen, Militär- und Polizeiangehörigen. Im Mittelpunkt des Films steht der Hotelmanager Paul Rusesabagina und das Schicksal seiner Familie.
Das alles war, natürlich, noch viel schlimmer. Doch hätte man, so sagt Paul Rusesabagina selbst, die Wahrheit ganz genau gezeigt, dann würde sie niemand sehen wollen. Einen Völkermord im Kino darzustellen, ist ein Ding der Unmöglichkeit - doch Regisseur Terry George gelingt es in seinem erschütterndem Spielfilm über Pauls Geschichte zumindest, den Mainstream-Anforderungen an Dramatik und Happy End gerecht zu werden, ohne seinen Helden und die Menschen, die er rettete, zu verraten. Von April bis Juli 1994 töteten in Ruanda in 100 Tagen Hutu-Milizen fast eine Million Tutsi und damit jeden vierten Einwohner des Landes: ein Massaker, das fast unbemerkt von der westlichen Welt vonstatten ging. Die UNO zog ihre Truppen im April ab, die Reporter zogen weiter nach Südafrika, wo die ersten freien Wahlen stattfanden: für die Hutu-Miliz eine Lizenz zum Töten. Die Filmhandlung beschränkt sich auf das belgische Luxushotel "Des Milles Collines" in Kigali.
Kaum je war man sich als Zuschauer seiner Hautfarbe so bewusst wie in der Schlüsselszene, in der weiße Hotelgäste und Journalisten hastig von UNO-Truppen evakuiert werden und die Afrikaner fassungslos und verzweifelt zurücklassen. Doch die Verantwortlichen, allen voran Militärberater aus Frankreich, werden kaum erwähnt und schon gar nicht gezeigt. Es liegt etwas, im Rahmen des Films durchaus nachvollziehbar Lakonisch-Verächtliches in diesem ungewohnten Weglassen des postkolonialen weißen "Überbaus", im Verzicht auf Legitimationsversuche und Schuldzuweisungen an die westliche Politik. Als das verkörperte schlechte Gewissen taucht lediglich ein von Nick Nolte gespielter UNO-Befehlshaber auf, der genau weiß, dass Paul und die Flüchtlinge zum Tode verurteilt sind. Regisseur Terry George hält sich weder mit dem Versagen des Westens noch mit einem spekulativen 'Warum' der Gräuel lange auf. In seiner psychologisch dichten Inszenierung braucht er zudem nur wenige Streiflichter auf den Blutrausch außerhalb der Hotelanlage, um eine Atmosphäre totalen, wahnhaften Terrors zu erzeugen. Für Rusesabagina, der eine Tutsi-Frau und drei Kinder hat, bricht eine Welt zusammen, als er seinen wahren Wert in den Augen der Weißen erkennt, die er einst hofierte. Doch das ändert nicht sein antrainiertes Verhalten: Durchaus auch neugierig wird Pauls geistesgegenwärtige Strategie beobachtet, die ihn ein ums andere Mal um Haaresbreite davonkommen lässt. Don Cheadle als freundlich-distanzierter Mann von vollendeter Unscheinbarkeit, der nur privat zusammenbricht, erschafft einen einzigartigen "afrikanischen Schindler". Pauls professionelles Gentlemantum basiert auf einer schlitzohrigen Menschenkenntnis und einem Mut, der ihn auch angesichts mordlustiger, Macheten schwingender Hutus in der Hotellobby funktionieren lässt. Für Moral ist beim höflichen Schmieren der skrupellosen Warlords mit Alkohol und Geld, beim Lügen und sanften Erpressen kein Platz.
Hätte George aber beispielsweise gezeigt, wie Pauls Frau Tatiana schwer zusammengeschlagen wurde, statt sie mit leichten Blessuren davonkommen zu lassen, wäre das Zusehen unerträglich geworden. Roméo Dallaire, das Vorbild für den UNO-Colonel Oliver, hat inzwischen zwei Selbstmordversuche begangen; Paul Rusesabagina, der auf der Berlinale den Film vorstellte, vertraut niemandem mehr, plädiert aber dafür, den Film als Lehre für die Zukunft anzusehen. Selbst in der abgemilderten Leinwandversion ist sein permanenter Überlebenskampf zwischen Hoffnung und Horror umso erschütternder. Ob dies nun alles so oder zumindest so ähnlich passiert ist, - wer weiß das schon ganz genau. Doch mittlerweile findet man Bücher von Überlebenden die ein ganz anderes Bild von Paul Rusesabagina zeichnen. Vielleicht wäre da noch etwas distanziertere Kritik angesichts der Behauptungen angemessener gewesen. Es stellt sich dann doch aber die Frage: Hätte der Film dann noch so funktioniert? Die Antwort wäre sicher: Nein. Denn die Geschichte braucht Helden. Den Helden, an den man so gern glauben mag.
9/10
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