Dienstag, 25. Februar 2020

Charlie Says (2018)

https://www.imdb.com/title/tt1759744/

Die drei Frauen Leslie Van Houten (Hannah Murray), Patricia Krenwinkel (Sosie Bacon) und Susan Atkins (Marianne Rendón) werden Ende der 60er Jahre zu lebenslanger Haft verurteilt, nachdem sie im Namen des Sektenführers Charles Manson (Matt Smith) zahlreiche Morde begangen hatten. Die junge Studentin Karlene Faith (Merritt Wever) möchte sie nicht in ihrem Glauben lassen, ihre Taten seien Teil eines größeren Ganzen gewesen. Sie versucht, in die Psyche der drei Verurteilten einzudringen und zu verstehen, wie ein Mann wie Charles Manson es schaffen konnte, seine Anhänger derart zu manipulieren, dass sie für ihn wie willenlose Marionetten agieren und jeden seiner Forderungen nachkommen...

Es gibt Verbrechen, vor denen gibt es kein Entkommen, auch viele Jahre später noch. Ein solches sind die Morde, die in den späten Sechzigern von den Anhänger und Anhängerinnen Charles Mansons verübt wurden. Immer mal wieder wurden diese in Filmen aufgegriffen, etwa in "Extremely Wicked, Shockingly Evil, And Vile" oder "Once Upon A Time In … Hollywood". Während die meisten Werke sich aber um den charismatischen Sektenführer drehen, der die Morde zwar nicht selbst begangen oder beauftragt hat, wohl aber mitverschuldet, ist das Umfeld oft nur ein Mittel zum Zweck. Eine willenlose Ansammlung von Leuten, meist Frauen, die den Worten gefolgt sind und dabei ein Blutbad anrichteten.

Der Ansatz, den Fokus von Manson wegzulenken und sich etwas genauer anzuschauen, wer ihm da eigentlich folgte, der ist sicherlich interessant. Denn auch wenn die Frauen gern zu willenlosen Instrumenten degradiert werden, die nur ausführen, was ihnen aufgetragen wird, es muss ja Gründe dafür geben, weshalb jemand den eigenen Verstand ausschaltet, moralische Vorstellungen einfach ablegt. Schließlich ist vieles von dem, was der Mann seinen Jüngern mitgegeben hat, so hanebüchen, dass man nicht weiß, an wessen Verstand man mehr zweifelt: Demjenigen, der diesen Quatsch verbreitet, oder denen, die diesen Quatsch bereitwillig aufsaugen. Dafür kehrt Regisseurin Mary Harron, dank "American Psycho" durchaus mit mörderisch-wahnsinnigen Geistern vertraut, regelmäßig in die Vergangenheit zurück. Während die Gespräche mit den drei Insassinnen die Rahmenhandlung bilden, ist der eigentliche Inhalt dann doch das, was sich seinerzeit auf der Manson-Farm so zugetragen hat. Wirklich viel Neues lernt der Zuschauer dabei jedoch nicht. "Charlie Says" zeigt Manson als einen Mann, der den Frauen Selbstvertrauen gab, indem er ihre natürliche Schönheit betonte, dieses gleichzeitig aber auch wieder raubte. Denn nur als sein Anhängsel hätten sie Bedeutung, ohne ihn sind sie nichts. Manchmal nicht einmal das. Das ist mit dem gebührenden Abstand betrachtet natürlich überaus irritierend.

Wenn in einer Szene Manson bei einem Widerspruch ertappt wird und als Antwort nur aufbringt, dass diejenige schlicht zu doof ist, um ihn zu verstehen, muss man nicht einmal ausgeprägter Feminist sein, um eine leise steigende Wut in sich zu spüren. Und eben auch das Unverständnis. Matt Smith bringt genügend Charisma mit, dass man ihm und damit dem Film abnimmt, wie Frauen unter seinem Willen brechen. Und doch bleibt das Rätsel, der Film erzählt nicht genug über die Schar, als dass man so richtig nachvollziehen könnte, wer sie eigentlich sind und was sie sind. Entsprechend dem Titel bleibt Charles selbst dann der Mittelpunkt, wenn er gar nicht da ist, was etwas unbefriedigend ist. Das Gleiche gilt für den Läuterungsprozess, der durch die Gespräche mit Faith stattfinden soll. Die wachsende Erkenntnis, manipuliert und der eigenen Stimme beraubt worden zu sein. Das Thrillerdrama, welches bei den Filmfestspielen von Venedig 2018 Premiere hatte und anschließend von einem Festival zum nächsten weitergereicht wurde, hat einzelne eindringliche Szenen, sowohl während der Flashbacks wie auch während der späteren Gespräche, wenn beispielsweise verzweifelt gegen eigene Zweifel an der Lehre angekämpft werden. Aber es reicht nicht wirklich aus. Trotz des neuen Ansatzes bleibt aber eine gewisse Beliebigkeit, an der Fassungslosigkeit hat sich selbst durch den Perspektivenwechsel wenig getan. Ein Ende der Verfilmungen ist daher wohl auch 50 Jahre später nicht wirklich in Sicht.

6,5/10

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