Freitag, 28. Januar 2022

22 July - 22. Juli (2018)

https://www.imdb.com/title/tt7280898/

Am 22. Juli 2011 verübt Anders Breivik (Anders Danielsen Lie) zwei Anschläge, die Norwegen erschüttern: Zuerst lässt er eine Autobombe in Oslos Regierungsviertel explodieren, dann erschießt er 77 junge Menschen, die auf der Insel Utøya ein sozialdemokratisches Jugendcamp besuchen. Premierminister Jens Stoltenberg (Ola G. Furuseth) ist ebenso fassungslos wie die gesamte Nation. Vilijar (Jonas Strand Gravli) gehört zu den Opfern, die die Schüsse des Attentäters nur knapp überleben. Der Anwalt Geir Lippestad (Jon Øigarden) muss sich unterdessen damit arrangieren, dass er einen Klienten vor Gericht verteidigen soll, dessen Ansichten er nicht teilt. Aus mehreren Perspektiven entfaltet sich das Geschehen, als es schließlich zum Prozess gegen Breivik kommt und Zeugen vorgeladen werden.

Noch im selben Jahr, in dem der norwegische "Utøya 22. July" die Geschehnisse eben jenen dunklen Tages und die Anschläge in Oslo, sowie auf der Insel Utøya aufarbeitete, erschien mit "22 July" die Aufarbeitung der grausamen Ereignisse durch den britischen Regisseur Paul Greengrass. Es ist schwer zwischen beiden Verfilmungen einen Vergleich zu ziehen, da beide in ihren Ausführungen versuchen, das Geschehen möglichst behutsam und mit Blick auf die Hinterbliebenen einfühlsam und dennoch realitätsnah zu zeigen. 

Wie schon bei "United 93" und zuletzt bei "Captain Philips" versteht Meisterregisseur Paul Greengrass es auch bei "22 July" gekonnt, im Pseudo-Doku-Stil ein erschütterndes wahres Ereignis zu zeigen. "22 July" ist ein sehr bedrückender, düsterer, ja, beinahe böser, Film geworden, der es vor allem in der ersten Stunde schafft, den Zuschauer sehr nachdenklich und erschrocken zu stimmen, ihn zu bewegen und traurig, wütend, als auch mitfühlend zu machen. Gerade weil man weiß, was den Kindern in dem Lager blüht, erfährt der Film schon von Anfang an eine Spannung, die sich spätestens in dem "Kreuzzug" des Attentäters auf der Insel Utøya entlädt. Emotional schwer greifbar und dafür sorgt auch die recht farblose aber dennoch intensive Inszenierung, die sich kaum mit Unnötigkeiten aufhält. Doch nach dieser aufwühlenden ersten Stunde wird extrem viel Spielzeit mit dem Genesungsprozess des Viljar Hanssen abgedeckt - sogar eine Spur zu viel. Ausgerechnet dieser Teil wurde zudem recht belanglos abgehandelt und zu sehr in die Länge gezogen. Und leider muss man konstatieren, dass es Jonas Strand Gravli dabei darstellerisch nicht vollständig gelungen ist, zu überzeugen. Und trotzdem ist dies - vor allem für Eltern - extremst emotional und aufwühlend.

Es wäre zudem wünschenswert gewesen, tiefer in Anders Behring Breiviks kranke Psyche eintauchen zu können, sofern dies überhaupt möglich ist. Es wird lediglich angerissen, was ihn dazu bewegt haben muss, diese unfassbare Gräueltat zu begehen. Anders Danielsen Lie spielt den Attentäter dabei nahezu perfekt, was dem Ganzen eine gewisse Authentizität verleiht. Die zweite Filmhälfte beschäftigt sich mit der Ausarbeitung, versucht aber zu oft zu konstruiert aus den Einzelschiksalen Spannung und Emotionen zu erzeugen. Hier hätte eine alleinige Konzentration auf den Attentäter vielleicht für mehr Dramatik gesorgt. Aber dies ist auch immer nur allzu dünnes Eis. Dennoch wiegt der Film in seiner Art und Weise schwer. Es ist hart hier, angesichts der Geschenisse und deren Auswirkungen, nicht die Fäuste wütend in den Sitz zu krallen.

7,5/10

Quellen:
Inhaltsangabe: Netflix

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