Montag, 17. Januar 2022

Ma Rainey's Black Bottom (2020)

https://www.imdb.com/title/tt10514222/

Chicago, 1927. Die berühmte Musikerin Ma Rainey (Viola Davis) findet sich mit reichlich Verspätung im Studio ein, um ein neues Album aufzunehmen. Mit dabei sind viele alte Mitstreiter und man erzählt sich die Geschichten von gemeinsamen Erlebnissen. Doch mittendrin ist zum ersten Mal der hitzköpfige Levee (Chadwick Boseman). Der Trompeter hält sich für bereit, aus der zweiten Reihe zu treten und endlich seine eigene Band anzuführen. Als schließlich auch noch die Produzenten Sturdyvant (Jonny Coyne) und Irvin (Jeremy Shamos) auftauchen und versuchen, die Kontrolle zu übernehmen, nehmen die Anspannungen zu - und entladen sich schließlich in einem schrecklichen Ereignis. 

"Ma Rainey's Black Bottom" ist ein zweischneidiges Schwert. Zum einen sieht der Film technisch einfach nur grossartig aus. Die Bilder, die Atmosphäre, die Kamera, alles vom Feinsten. Auch die Blues-Szenen, die den Film nicht zu häufig aber auch nicht zu selten begleiten, wissen zu gefallen. Problematik des Films, das eigentlich von einem Theaterstück inspiriert ist sind die hochkochenden Emotionen und hitzigen Diskussionen, fast schon Musical-mässige Dialoge und eben dieses Over-Acting, die eben viel mehr auf eine Bühne als auf die Leinwand gehören. "Ma Rainey's Black Bottom" ist eine Kammerspielartige Erzählung über die Aufnahmen zu einem Blues-Song und dessen Begleitumstände. Viele Jahre nach dem Ende der Sklaverei gehören in den 1920er Jahren Ketten der Vergangenheit an. Ausbeutung findet mittlerweile auf etwas weniger gewalttätige Weise statt: Nämlich vornehmlich mit Zettel und Stift statt mit Peitsche und Fessel. Denn gerade Geschäftsleute wollen nämlich nur das Beste von afroamerikanischen Künstlern: Nämlich deren Unterschrift unter einer Rechteabtretung. Ma Rainey, die Protagonistin dieses Streifens und ihres Zeichens geachtete Musikerin und erfolgreiche Geschäftsfrau ist sich dessen bewusst, wodurch die besagten Manager hier auf einen Gegenpart treffen, der sich geschickt zu behaupten weiß. Während sie sich vor Beginn der Aufnahmen in einem großen Raum im Obergeschoss auf die bevorstehende Session vorbereitet, werden die Mitglieder ihrer Begleitband in ein dunkles Kellerloch zum Proben geschickt. Symbolhafte Bilder wie diese finden sich zuhauf in dieser Inszenierung von George C. Wolfe.
 

Angereichert ist die Geschichte mit einer Vielzahl an Metaphern und Parabeln, von denen einige allerdings nicht unbedingt subtil in Szene gesetzt wurden. So gerät einer der Charaktere nach einer Zurückweisung und offenkundigen (versuchten) Übervorteilung durch einen kaukasischen Plattenboss derart in Rage, dass er sich in blinder Wut nach einem nichtigen Anlass zu einem Gewaltausbruch gegenüber einem Bandkollegen hinreißen lässt. Ohne die zugrunde liegende These in irgendeiner Weise schmälern zu wollen, hätte man sich mit einem etwas eleganteren Erzählstil vielleicht sogar noch für eine Oscar-Nominierung des Drehbuchs in Stellung bringen können. Ähnliches gilt für den Schlussakt mit der feindlichen Übernahme des Blues durch hellhäutige Musiker. Dennoch bleibt zu konstatieren, dass in nahezu allen Bereichen der Produktion augenscheinlich sehr gute Arbeit geleistet wurde.

Honoriert wurden diese Qualitäten mit stolzen fünf Oscar-Nominierungen. Neben den Stylisten Mia Neal, Sergio Lopez-Rivera und Jamika Wilson (Make-up und den Frisuren) wurden auch die Verantwortlichen für das Kostümdesign (Ann Roth) und das Szenenbild (Mark Ricker, Karen O'Hara, Diana Stoughton) nominiert. Darüber hinaus gab es eine postume Nominierung für Chadwick Boseman (in der Kategorie "Bester Hauptdarsteller"), der hier eine durchaus facettenreiche Rolle mit einer relativ großen Bandbreite an Emotionen bekleidet, sowie für Viola Davis als desillusionierte Sängerin in der  Titelrolle. Gewonnen hat der Film schließlich zwei der begehrten Preise und hat zudem einen traurigen Beigeschmack, denn es war Chadwick Bosemans letzter Film. Boseman sieht hier bereits sehr ausgemergelt aus und sollte das nicht in der Rollenbeschreibung gestanden haben, litt er hier schon sichtlich kritisch unter seiner Krebserkrankung. Dass dieser grandiose Schauspieler so früh geehen musste ist zu beweinen, doch immerhin verabschiedete er sich in "Ma Rainey's Black Bottom" mit einem Knalleffekt.

8/10

Quellen
Inhaltsangabe: Netflix

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