Freitag, 11. Februar 2022

Operation Finale (2018)

https://www.imdb.com/title/tt5208252/

Eine Gruppe israelischer Mossad-Agenten unter der Führung des wild entschlossenen Peter Malkin (Oscar Isaac) spürt im Argentinien der 1960er Jahre den untergetauchten Ex-Nazi-Offizier Adolf Eichmann (Ben Kingsley), der während des Zweiten Weltkrieges als einer der Haupt-Drahtzieher der Verfolgung und des Massenmords von zahlreichen Juden für den Tod von rund sechs Millionen Menschen mitverantwortlich war, auf. Während sie den Tagesablauf von Eichmann überwachen, schmieden Malkin und seine Leute Pläne, Eichmann im Schutz der Dunkelheit nahe seiner Wohnung zu entführen. Sie sind entschlossen, den SS-Mann aus Argentinien herauszuschmuggeln und nach Israel zu überführen, wo ihm der Prozess gemacht werden soll. Malkin hegt dabei auch einen ganz persönlichen Hass gegen Eichmann, befanden sich unter den Opfern der Nazis doch auch seine Schwester und deren Kinder. 

Erneut ein Film über ein Stück Geschichte, die kaum jemand kennt - könnte man meinen. Doch viele kennen zumindest die Bilder des Prozesses in Israel, als ein kleiner gebückter Angestellter im schusssicheren Glaskasten im Gerichtssaal hockte, und die unfassbaren Bilder der befreiten Lager in Auschwitz und Birkenau gezeigt wurden. Es war ein Blick in die Hölle, niemand traute sich im Gerichtssaal auch nur laut zu atmen. Nie zuvor hatten Menschen anderen Menschen etwas mit einer derartigen logistischen Präzision angetan. Das Organisationstalent der Deutschen wurde zum schlimmsten Feind der Juden. Es ging einzig und allein um die Frage: Wie kommt man an erhöhte Todeszahlen ? Vergasung in den LKW´s war mühsam und dauerte zu lange. Erschießung in den Gräben war nicht effektiv genug. Mit solch perversen Fragen beschäftigte sich auch ein Mann namens Adolf Eichmann. Und man ließ Öfen bauen. Hochleistungsöfen von namhaften deutschen Ofenherstellern, damit man die Juden gestapelt verbrennen konnte nach der Vergasungsmaschinerie in den Vernichtungslagern. Die US-Soldaten waren schockiert und entsetzt, als sie die letzten verkrüppelten und skelettierten Gestalten in den Lagern befreiten. So etwas hatten Menschen noch nie gesehen. Und das waren Soldaten, die fast alles im Krieg gesehen haben. Doch was sie bei der Befreiung sahen, schien direkt ein Blick in die Hölle zu sein. Sich für diesen Albtraum der Geschichte als Deutscher nicht bis zum jüngsten Tag zu schämen käme einer Schuld gleich, egal wann wir geboren wurden und ob wir etwas damit zu tun hatten. Es waren unsere Großväter und Großmütter, die dem Monster Adolf Hitler zujubelten, und Europa in Schutt und Asche legten.

Das israelische Mossad-Kommando zur Ergreifung Eichmanns ringt hier nicht selten mit dem Gedanken von Selbstjustiz. Denn praktisch jeder von ihnen hatte seine halbe oder ganze Verwandtschaft in den Vernichtungslagern verloren. Was für Dreckschweine die Nazis waren, muss einem wirklich klar sein. Sie ließen Urlaubs-Postkarten an die jüdischen Verwandten aus den Lagern schreiben mit der Bitte, doch auch zu kommen, es sei herrlich in den Lagern, damit man möglichst effektiv das ganze jüdische Volk erwischte und ausrottete. Ganze Berge von gestapelten Koffern, Brillen, Schuhen und Fässern randvoll mit Goldzähnen stehen zum Beweis in Ausschwitz. Es muss einem klar sein, wieviele Menschen sterben müssen, bis man einen Hügel aus deren Brillen errichten kann oder ein ganzes Fass voller Goldzähne hat. All das muss man wissen, wenn man einem Mann wie Ben Kingsley zusieht, wie er in diesen Schreibtischtäter des Grauens schlüpft. 

Und wie muss sich das anfühlen, wenn man in seinem Leben als Schauspieler alles gespielt hat ? Könige, Heilige, Gangster und Scheusale ? Ben Kingsley überzeugt hier mit reduziertem Spiel und verkörpert den Mann des Grauens, der in bürokratischer Akribie für die Organisation und Architektur der Vernichtung von 6 Millionen Juden während des Nazi-Regimes verantwortlich zeichnete: Adolf Eichmann. Der Stoff wurde schon des öfteren verfilmt, und diese Produktion ist ebenfalls solide. Melanie Laurent spielt gereifter und das Kammerspiel zwischen Oscar Isaac, der den Israeli Peter Malkin spielt und Kingsley ist grandios. Einen Mann wie Eichmann direkt vor sich im Zimmer gefangen zu halten, ihn abwechselnd zu bewachen, zu füttern und ihn auf die Toilette zu begleiten, einen, der mit verantwortlich zeichnete für die Ermordung eines ganzen Volkes, das ist starker Tobak. Doch Eichmann kann man nicht allein die Schuld geben. Er hat als ein braver Beamter des Staates gehandelt, und hat aus Sicht der Nazis ja niemals Unrecht begangen. Denn Unrecht war Staatsrecht. Wenn der Staat sein Recht abschafft, sind seine Handlanger automatisch alle Verbrecher, egal was sie tun. Regisseur Chris Weitz führt mit sicherer Hand durch das Geschehen, und vermeidet allzu spektakuläre Action, der Score von Alexandre Desplat ist wie immer hochwertig und stimmig.

Die wahren Monster der Geschichte waren harmlos aussehende Bürokraten. Beamte mit logistischem Talent, gewissenlos und brutal in jeder Konsequenz. Sicher hätte man an der Dramaturgie mehr schrauben können, aber muss man das bei diesem Stoff wirklich....?

8/10

Quellen
Inhaltsangabe: Netflix

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