Im Jahr 2045 ist die künstliche Intelligenz allgegenwärtig. So sehr, dass die Menschheit sich darauf verlässt, dass sie jedes Bedürfnis und jeden Wunsch erfüllt, selbst die geheimsten und bösartigsten. In einer ruhigen Wohngegend beschließen vier Haushaltsroboter plötzlich, ihre Herren in ihrem eigenen Haus als Geiseln zu nehmen. Eingesperrt sind eine nicht ganz so angepasste Familie, eine aufdringliche Nachbarin und ihr unternehmungslustiger Sexroboter nun gezwungen, sich in einer zunehmend hysterischen Atmosphäre gegenseitig zu ertragen. Während draußen die Yonyx, die neueste Generation von Androiden, versuchen, die Macht zu übernehmen. Als die Bedrohung näher rückt, schauen die Menschen woanders hin, werden eifersüchtig und fallen unter den fassungslosen Augen ihrer Innenroboter übereinander her. Vielleicht sind es die Roboter, die eine Seele haben ...
Die französische Science-Fiction-Komödie "BigBug" offenbart bereits mit ihrem Titel, worum es in dieser Groteske über künstliche Intelligenz und Autoritarismus und deren Überschneidungen geht. Der Film des französischen Regisseurs Jean-Pierre Jeunet spielt in einem Haus in einer namenlosen Vorstadt, irgendwann später in diesem oder Anfang des nächsten Jahrhunderts. Alles wird von Computern und Robotern gesteuert. Den Menschen gefällt das so lange, bis sich die Technologie gegen sie wendet. So weit, so bekannt. Doch die Charaktere des Films wären in einem Krimi im Wohnzimmer genauso gut aufgehoben wie in einer Farce im Schlafzimmer, in der sich die Leute ständig in die Zimmer der anderen schleichen und sich gegenseitig die Türen vor der Nase zuschlagen. Elsa Zylberstein ist die Hausbesitzerin, eine kürzlich getrennte Frau mit einer adoptierten Teenagertochter (Marysole Fertard). Sie hat ihren neuen Verehrer (Stéphane De Groodt) und dessen Sohn (Helie Thonnat) zu Besuch eingeladen, während ihr Ehemann (Youssef Hajdi) und seine Sekretärin/Geliebte (Claire Chust) auf dem Weg in den Tropenurlaub vorbeischauen.
Über diesem Szenario liegt der Schatten der alles umfassenden Technik. Die Tochter hat einen kleinen, vergleichsweise simplen Spielzeugroboter, der in ihrer Kindheit ihr Spielkamerad war. Es gibt einen Haushaltsroboter, einen Roboter mit einem Spaghetti-Draht-Gesicht aus Messing und stumpfen, insektenartigen Beinen namens Einstein (gesprochen von André Dussollier), der die anderen Roboter der älteren Generation koordiniert. Es gibt einen humanoiden Hausangestellten (Claude Perron), der wie eine Fantasie aus den 1950er Jahren aussieht, und einen Trainingsroboter der gleichen Generation (Alban Lenoir), der, die Nachbarin (Isabelle Nanty) nicht nur in Sachen Gymnastik berät. Und es gibt eine unsichtbare KI, an die sich die Bewohner wenden, wenn sie Video- oder Audiodisplays steuern, die Heizung oder Kälte auf- oder abdrehen oder die Türen öffnen wollen, um nach draußen zu gehen oder Besucher hereinzulassen. Letzteres erweist sich als wichtig, als die Hauptfiguren (und der Nachbar) in dem Haus gefangen sind und die KI nicht dazu bringen können, die Außentüren zu öffnen, egal was sie tun oder sagen. Diese verwöhnten, selbstgefälligen Menschen aus der oberen Mittelschicht sind unter einem Dach gefangen, während ihre Technik anfängt zu versagen (einschließlich der Klimaanlage, was bedeutet, dass sie sich buchstäblich in einem "Treibhausdrama" befinden). Sie sind gezwungen, sich gegenseitig zu konfrontieren und alte persönliche Wunden wieder aufzureißen, während sie gleichzeitig versuchen, sich aus einem Zustand zu befreien, der von Minute zu Minute mehr einem Hausarrest gleicht.
Der aufmerksame Zuschauer hat zu diesem Zeitpunkt bereits geahnt, was die Figuren nicht begreifen wollen oder können: Ihre Gefangenschaft hängt mit den technologischen Entwicklungen in der Welt zusammen. Zu Beginn der Geschichte erhalten wir Einblicke in eine im Fernsehen übertragene Gameshow names "Homo Ridiculus", in der Menschen gedemütigt werden. Die Peiniger sind massenhaft produzierte, identische humanoide Roboter, die alle von François Levantal grandios gespielt werden. Der spezielle Roboter namens Yonyx 7389XAB2 erinnert mit seinem diabolischen Grinsen an eine Mischung aus einem Terminator und Robocop und scheint die Befehle einer übergeordneten KI auszuführen, das auf der höchsten Ebene der Robotertechnologie regiert, obwohl dieser Aspekt, wie alles andere in dem Film, so vermittelt wird, dass man das Wesentliche versteht, ohne in Erklärungen ertränkt zu werden. Das reicht in diesem Fall gut aus, um nicht das Interesse zu verlieren, denn hier geht es um etwas anderes als nur um die virtuose Demonstrationen von Regie und Produktionsdesign. "Bigbug" steht in einer Tradition von Science-Fiction-Filmen, die Roboter und künstliche Intelligenz einsetzen, um den Zuschauer durch heiteren Witz zum Nachdenken darüber anzuregen, was es bedeutet, ein Mensch zu sein. Und das ist sowohl skurril-amüsant als auch so herrlich böse, dass es wunderbar unterhält.
7/10
Quellen:
Inhaltsangabe: Netflix
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen