Mittwoch, 29. Dezember 2021

Encanto (2021)

https://www.imdb.com/title/tt2953050/

Familie Madrigal ist eine ganz besondere Sippe! In der Idylle der Berge Kolumbiens lebt die Großfamilie in einem magischen Haus, das mit wundervollen Klängen und jeder Menge unerwarteter Zaubereien für Überraschungen sorgt. Aber nicht nur das Haus sprüht voller Magie, sondern auch die Bewohner selbst. Alle Mitglieder der Familie Madrigal besitzen außergewöhnliche Fähigkeiten, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Während einige Heilzauber anwenden können, sind andere übermenschlich stark oder können sich in jede Person verwandeln, die sie wollen. Nicht zu vergessen, die Fähigkeit mit Tieren zu sprechen.  Nur die schüchterne Mirabel (Stimme im Original: Stephanie Beatriz) sticht durch ihre Normalität aus der Familie heraus. Als einziges Familienmitglied hat sie sich damit abgefunden, dass die fehlende Magie sie zu einem besonderen Fall macht. Für Mirabel wird die Talentlosigkeit jedoch zum wichtigen Schlüssel, als sie ihr Zuhause und ihre Familie retten und über sich hinauswachsen muss.  

Einer der besseren neueren Disneyfilme. Definitiv. Der Film verfolgt eine kleine, nicht zu aufgeblasene und bodenständige (unabhängig von den Superkräften) Familienstory mit mehreren Hintergrundbotschaften, die wichtig und lehrreich sind und ansprechend umgesetzt werden. Die Dialoge sind unglaublich gut und teils überraschend und direkt, auch an Stellen, an denen man vielleicht Pathos erwartet hätte. Die Figuren sind alle sehr cool entwickelt und zeigen alle ein ganz neues und erfrischendes Frauenbild. Normalerweise kennt man immer nur die heile Familienwelt, in der nur Harmonie herrscht. Hier bekommt man zwar totale Herzlichkeit zu spüren, aber es gibt keine durchgehende Harmonie. Es gibt Konflikte, Auseinandersetzungen und Streitereien. Hauptfigur Mirabel ist eine hochgradig sympathische Figur, mit der man sich schnell identifizieren kann. Man versteht ihre Gefühle, ihre inneren Konflikte und ihren Kampf nach familiärer Anerkennung. Encanto verzichtet auf einen Schurken, den man für diese Handlung auch nicht braucht. Stattdessen haben wir einfach Charaktere, die nur einen verbalen Konflikt mit Mirabel haben. Alle Figuren haben eine interessante Persönlichkeit.

Zum einen wäre da die Heldin Mirabelle, die eine Brille tragen darf und etwas pummelig ist. Ausserdem hat sie keine Gabe und rettet dennoch ihre Familie praktisch im Alleingang. Dann Luisa. Sie ist stark und muskulös, trotzdem wirkt sie feminin und verletzbar. Sie ist kein Powerweib, das versucht maskuline Bodybuilder zu imitieren. Doch Favorit und die Charakterentwicklung von Isabella weiß am besten zu gefallen. In vielen Filmen wurde dem Zuschauer suggeriert, dass eine Frau nur optisch perfekt zu sein hat und sonst nichts. Schönheit ist der Schlüssel zur Liebe. Hier erlebt man eine Zicke, die ganz genau deshalb unglücklich ist weil man sie dauernd aufs Aussehen reduziert. Sie schießt den Adonis in den Wind, der sie hätte heiraten wollen, und entscheidet sich mehr Ecken und Kanten zu zeigen was sich in stacheligen, giftigen und fleischfressenden Pflanzen und in ihrer Kleidung widerspiegelt. Herrlich!

Nachdem Pixar mit "Luca" ein ordentliches Brett hingelegt hat, musste "Encanto", der nur von Disney und ohne die Mithilfe von Pixar entstand, ordentlich zulegen, um diese Qualität nochmal zu erreichen. "Encanto" ist mal wieder wie ein klassischer Disneyfilm inszeniert. Das heißt: Es wird gesungen. Viel gesungen. Mit "Surface Pressure" bekommen wir sogar wieder einen echten Hammersong geboten, der fast schon die Wucht von "Let it Go" hat. Klar, der Film ist ein Musical. Die Musik ist das, was den Film zu großen Teilen trägt. Aber hätte ja auch schief gehen können. Gespannt darf man sein, wohin einen der Film führt, obwohl vieles altbekannt und erwartbar ist -so richtig scheint sich Disney nicht zu trauen, aus alten Schemen auszubrechen. Aber wahrscheinlich macht ihn das im Endeffekt kleiner und netter.  Der Kitschfaktor ist bei diesem Film im Übrigen sehr hoch, sogar für Disney. Das sollte man aushalten können, dann kann man den Film mögen. Die Animationen sind faszinierend und haben eine enorme Liebe zum Detail. Alle Charaktere werden extrem gut etabliert, jeder bekommt seine 15 Minuten Ruhm und der Film schneidet sogar heftige Themen an, bei denen es mutig ist, sie in einem Kinderfilm zu bringen.


Magisch, fabelhaft und herzlich. "Encanto" ist oft sehr bewegend und häufig wird man zu Tränen gerührt. Das liegt vor allem an den bereits angesprochenen Charakteren, denn solch einen interessanten Ansatz bei einer Familienthematik hat man bisher noch nicht in einem Disney Film gesehen. "Encanto" ist damit ein richtig toller Film geworden, der ein sehr starkes Setting hat und mit sympathischen Figuren überzeugen kann. Emotional trifft der Film den richtigen Nerv und mit "Surface Pressure" haben wir den stärksten Disney-Song seit langem. Allerdings ärgert man sich auch ein wenig, denn "Encanto" war so dicht davor, weit oben in der Liste der besten Filme des Jahres zu landen. Leider gibt es eben diese fatalen 20 Sekunden am Ende, in denen sich der Film alles verbaut, was er sich zuvor aufgebaut hat. Somit bleibt Encanto leider "nur" ein starker Disneyfilm. Aber kein sehr starker.

8/10

Quellen:
Inhaltsangabe:
 Disney / Pixar

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen