Um das Land vor Eindringlingen aus dem Norden zu schützen, errichtet der mächtige chinesische Kaiser (Jet Li) eine gewaltige Armee. Ein Mann aus jeder chinesischen Familie soll für ihn in den Kampf ziehen - darunter auch der Vater der jungen Mulan (Yifei Liu), Zhou Hua (Tzi Ma), der dem Einberufungsbefehl selbst krank und geschwächt folgeleisten will. Seine Tochter ist sich jedoch sicher: Wenn er in den Krieg zieht, wird ihr Vater nicht überleben. Kurzerhand beschließt Mulan deswegen, an seiner statt in die Schlacht zu ziehen. Verkleidet als Mann gibt sie sich fortan als Jun Hua aus und begibt sich auf eine gefährliche Reise durch China, um sich dem Militär anzuschließen und unter Kommandant Tung (Donnie Yen) die knallharte Ausbildung zur Kriegerin zu absolvieren. Denn nur so kann sie das Gefecht überstehen und nicht nur ihr Vaterland, sondern auch ihren Vater mit Stolz erfüllen.
In der Reihe der Disney-Realverflimung sollte im März des Jahres 2020 "Mulan" starten - nach Disneys "Aladdin", das nächste Remake eines Disney-Zeichentrickfilmklassikers. Doch "Mulan" hatte es gleich in doppelter Hinsicht schwer. Nicht nur, dass die globale Covid-19-Pandemi dem anvisierten Veröffentlichungstermin im März 2020 Probleme bereitete, auch die Äusserungen der Hauptdarstellerin Yifei Liu und eine Danksagung in den Credits wurden zum Problem für den Disney-Konzern. Auf eine Kinoasuwertung verzichtete Disney und veröffentlichte den Film exklusiv auf ihrer Streaming-Plattform Disney+. Doch der Boykott mit dem Hashtag #BoycottMulan srgte dafür, dass "Mulan" von vielen gemieden wurde. Hauptdarstellerin Liu hatte im chinesischen Mikroblogdienst Weibo (vergleichbar mit Twitter, allerdings wird Weibo vom chinesischen Staat zensiert) sinngemäß geschrieben, sie unterstütze die Hongkonger Polizei während der anhaltenden Proteste, auch wenn das vielleicht einigen missfalle. Hongkong-Aktivisten werfen der Schauspielerin Parteinahme für die chinesische Regierung vor, die mit Einschüchterung versucht, die Proteste in der ehemaligen britischen Kronkolonie zu unterbinden. Unter anderem hält Peking an der Grenze zur Sonderverwaltungszone Hongkong seit Tagen Militärübungen ab und droht damit indirekt mit einem harten Durchgreifen. Dass dies am Ende der Credits des Films dann noch im Text an die chinesischen Behörden steht, in der sich für die Zusammenarbeit bedankt wird, ist, mit diesem Hintergrundwissen, sogar noch geschmackloser.Fernab dieser Fakten ist Disneys Realverfilmung "Mulan" ein Abenteuerfilm mit historischem Setting und leichtem Fantasy-Einschlag, der sich auf den ersten Blick nur marginal von den unzähligen asiatischen Produktionen mit einem derartigen Setting unterscheidet. Die Farben sind bunt, die Optik ist eindrucksvoll, aber etwas zu glatt und geleckt. An die visuelle Opulenz und den Detailreichtum von Filmen wie "Hero" oder "House Of Flying Daggers" kommt "Mulan" nur ansatzweise ran. Die Geschichte selbst ist einfach, aber zugleich auch ganz schön, für eine Disney-Realverfilmung aber denkbar ungeeignet - denn letztendlich geht es um Krieg und eine junge Frau, die mit ihrem traditionellen Rollenbild brechen muss, um ihre wahre Kraft zu entfesseln, was primär auch auf dem Schlachtfeld geschieht.
Um diese Story auch halbwegs ernsthaft zu vermitteln, hat Disney dieses Mal
einen eher realistischen Ansatz gewählt und sowohl auf Musikeinlagen
als auch auf gröbere Fantasyelemente verzichtet - die Hexe und den Phoenix mal
außen vorgelassen. Es bleibt sogar festzuhalten, dass man den Phoenix,
der in vielen Szenen fast wie ein Fremdkörper wirkt, problemlos hätte entfernen können,
da waren sich die Macher wohl selbst unsicher und haben sich ein
Hintertürchen offen gelassen. Letztendlich haben sie ihn vermutlich
aus Gründen der Wiedererkennung im Film gelassen, weil er das einzige Element ist, dass bei "Mulan "
überhaupt noch an Disney erinnert - mal ganz abgesehen davon, dass man mit
dem Vogel auch eine extrem starke "Game of Thrones"-Einstellung ganz
frech kopieren kann. Trotz oder gerade wegen seiner "Bodenständigkeit"
wird aber ein anderes Manko von "Mulan" überdeutlich: die Schlacht- und
Actionszenen mit ihren Martial-Arts-Einlagen sind nicht nur absolut
blutleer, sondern auch ausgesprochen kurz geraten und reizen selbst das
PG-13-Rating nicht wirklich aus. Obwohl ein 120-minütiger Realfilm, geht "Mulan" im Vergleich mit dem
Zeichentrickoriginal jegliches Gefühl für Epik, Tragik und Dramatik
vollkommen ab.
Letztendlich ist das alles unter dem Disney-Banner nicht
verwunderlich, man fragt sich aber, wer hier das Zielpublikum sein soll,
denn für kleinere Kinder ist das Ganze dann eben doch nicht geeignet.
Wer mit historisch angehauchten asiatischen Schlachtepen
vertraut ist, wird sich zudem fragen, wo Disney hier seine 200 Millionen
reingesteckt hat, die der Film angeblich gekostet hat. Und jeder, der schon früher asiatische Filme mit Jet Li (in "Mulan" kaum
wiederzuerkennen) oder Donnie Yen gesehen hat, hat das alles eben schon
deutlich tempo- und actionreicher, besser choreografiert und auch
emotionaler gesehen. In Sachen Unterentwicklung geben sich sämtliche Charaktere und Charakterbeziehungen die Klinke in die Hand. Bezeichnenderweise war es im Zeichentrickfilm noch eine Verletzung, die Mulans Identität enttarnte. Als interessanter gestaltet sich im 2020er "Mulan" dagegen die antagonistische Hexe Xianniang, die sich gegen das patriarchale, sexistische Gesellschaftssystem Chinas auflehnt und Mulan auf ihre Seite ziehen möchte - und dafür mit dem Tod bestraft wird. Allen anfänglichen, feministischen und emanzipatorischen Bemühungen zuwiderlaufend, fügt sich Mulan anstelle einer Verbündung mit der Hexe in jenes System ein und kämpft für Kaiser, Vaterland (Seidenstraße) und Familie. Am Ende wirft der Film sogar noch ein positives und fröhliches Licht auf die Zwangsheirat der Schwester Mulans.
Das ist alles nicht so wirklich gekonnt und lässt einen im jahr 2020 doch eher strinrunzelnd und peinlich berührt zurück. Doch davon ab kann man sich "Mulan" ansehen; der Film hinterlässt aber keinen wirklich bleibenden Eindruck und Fans asiatischer Martial-Arts-Abenteuer sind mit den "Originalen" aus Asien weit besser bedient. Immerhin: Nach einem eher unspektakulären Finale setzen immerhin der optisch schöne Schluss und der atmosphärische erste Teil des Abspanns noch einmal positive Akzente.
6/10
Von WALT DISNEY Studios Home Entertainment gab es den Film exklusiv bei zavvi im limitierten Steelbook. Die Erstauflage beinhaltet den Film in 4K im Halbschuber.
Quellen:
Inhaltsangabe: Disney
Poster/Artwork: Disney
Textauszüge: Stern
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