Dienstag, 17. November 2020

The Hunt (2020)

https://www.imdb.com/title/tt8244784/

Crystal (Betty Gilpin) erwacht zusammen mit elf anderen Menschen (unter anderem Emma Roberts, Justin Hartley und Ike Barinholtz) auf einer Lichtung im Wald, ohne zu wissen, wie und warum sie dort gelandet ist. Schon bald wird der bunt zusammengewürfelten Truppe an Normalos aber auf schmerzliche Weise vor Augen geführt, dass sie von einer reichen Sadistin (Hilary Swank) ausgewählt wurden, um zu deren Belustigung als Opfer in einer perfiden Menschenjagd zu dienen. Doch haben die Veranstalter die Rechnung dabei ohne die toughe Crystal gemacht, die den Spieß kurzerhand umdreht und die Jäger zu Gejagten macht. Mit jedem ausgeschalteten Verfolger kommt sie dabei der rätselhaften Drahtzieherin hinter dem grausamen Katz- und Mausspiel einen Schritt näher... 

"The Hunt" beginnt eigentlich recht unspektakulär, entwickelt sich aber sehr rasant zu einem interssanten, fiesen Filmchen, bei dem man als Zuschauer schon zu Beginn starken Twists ausgesetzt wird. Getragen wird diese blutigen Action-Satire von der charismatischen Betty Gilpin, die allein schon mit ihrer eindrucksvollen Gestik und Mimik faszinierend genug wäre. Ihrer Crystal kann man nichts vormachen (spitzenmäßig ihre Szene im Gemischtwarenladen) und sie versteht es bestens mit allen ihr zur Verfügung stehenden Waffen umzugehen (der Hintergrund dazu wird später im Film erläutert). Mit ihrer cool-schrägen Art liefert sie eine faszinierende One-Woman-Show ab, während der sie nie um einen trockenen Spruch verlegen ist. 

Schon die Einführung der Heldin, die am Anfang noch nicht als solche auszumachen ist, ist den Machern vorzüglich gelungen: Die Erwartungen der Zuschauer wunderbar unterlaufend, sterben soeben eingeführte (vermeintliche) Protagonisten nacheinander weg, bis Crystal schließlich den besagten Gemischtwarenladen betritt. Auch Hillary Swank, die in der Rolle der Athena erst im letzten Drittel richtig in Erscheinung tritt und sich mit der Protagonistin einen brachialen Endkampf liefern darf, überzeugt in ihrer Rolle vollauf. Was den Film in besonderer Weise auszeichnet, ist seine gut akzentuierte, in überspitzter Art und Weise dargestellte Spaltung der US-amerikanischen Gesellschaft in zwei Lager, die in den letzten Jahren stark vorangeschritten ist. Als Stilmittel dazu dient tiefschwarzer Humor, bei dem einem das Lachen durchaus im Halse stecken bleiben kann. Beiden politischen Flügeln wird hier sehr schön der Spiegel vorgehalten, wobei sich der intelligente Film eben gerade nicht positioniert.

Die Enthüllungen im Finale des Films, wie die Jagd entstanden ist und dass Crystal offenbar nicht die richtige sei, verdeutlichen den Standpunkt des Films über die modernen Gefahren von Missinformation, Verfälschung und Mutmaßungen. "Dank des Internets ist unsere Gesellschaft befähigt, Nachrichten und Informationen schneller als jede Generation zuvor zu verbreiten, und während dies enorme Vorteile bringt, gibt es auch ein großes Fassungsvermögen für Fehler, die ein wesentlicher Bestandteil dieser Geschwindigkeit sind. Wie bestimmte Details verloren gehen und Meinungen Interpretationen beeinflussen, kann Chaos mit ernsten Konsequenzen erfolgen, und der Film illustriert dies." Die Verschwörungstheoretiker haben mit Fehlinterpretation der Textnachrichten die Leben derer zerstört, die sie der ManorGate-Verschwörung bezichtigt haben. Genauso hat aber möglicherweise auch Athena einen schwerwiegenden Fehler gemacht, wenn Crystal nicht die von ihr gemeinte ist. Ob diese damit die Wahrheit sagt, ist aber weniger relevant und als offen gelassen intendiert. Die Frage, ob die Gruppe die richtige – die es ihres Erachtens nach verdient habe –, gekidnappt hat oder nicht, allerdings ist für die Jäger ein ernstes moralisches Problem, und allein die Existenz der Möglichkeit rüttelt an ihrer Rechtfertigung. "So wie die Verschwörungstheoretiker versagt haben, ordentlich die Fakten zu untersuchen, bevor sie voreilige Schlüsse ziehen, haben möglicherweise auch die reichen CEOs einen Fehler in ihrer Recherche gemacht und die falsche Person ohne Grund bestraft." Dabei hatte Athena in einer früheren Szene des Films die Gelegenheit, mehr Informationen über Crystal zu erhalten, wollte diese aber nicht hören, weil sie glaubte, genug zu wissen. Laut Zobel sei, was sie in dem Film am meisten persiflieren, die Annahme, dass man mehr als der andere wisse und dass es dafür keine Konsequenzen gebe. Er sagt: "Wir haben alle beschlossen, dass wir wissen, was jeder andere denkt, und würden ihnen gerne entgegenschreien, wie falsch sie liegen."

Trotz der im Grunde ausgelutschten Grundgeschichte weiß "The Hunt" über die gesamte Laufzeit vollauf zu überzeugen. Der actiongeladene Film, der dem Thema entsprechend durchaus einige blutige Szenen bereithält, ist von der Gewaltdarstellung her - gerade in der zweiten Hälfte - noch moderat. Statt eines Skandalfilms - wie vor der Veröffentlichung behauptet - ist es eine rundum gelungene Satire geworden, die zugleich spannend, clever und ebenso unterhaltsam ist und auch aufzeigt, dass man nicht alles todernst nehmen muss. Macht echt Laune.

8/10

Quellen
Inhaltsangabe: Universal Pictures
Textauszüge: Wikipedia

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