Freitag, 13. November 2020

Showgirls

https://www.imdb.com/title/tt0114436/

Die attraktive Tänzerin Nomi Malone (Elizabeth Berkley) zieht aus der amerikanischen Provinz nach Las Vegas, um sich dort ein neues Leben aufzubauen. Aber die Erfüllung ihres Traums von einer großen Karriere als Showgirl liegt noch in weiter Ferne. Denn nachdem Nomi gleich an ihrem ersten Tag in der Stadt der Sünde ausgeraubt wird, muss sie aus Geldnot einen Job als erotische Tänzerin in dem schäbigen Striplokal Cheetah's annehmen. Dort bekommt sie jedoch die Chance, für Cristal Connors (Gina Gershon), den Star der erfolgreichen Bühnenshow "Goddess" im Stardust-Hotel, zu tanzen. Begeistert von der Schönheit und dem Talent der naiven Newcomerin, verschafft Cristal ihr ein Engagement in der Show. Schnell stellt Nomi fest, dass die Welt voller Glitzer und Glamour auch eine Kehrseite hat, die aus Missgunst, Intrigen und Gewalt besteht. Doch die junge Tänzerin ist bereit, für ihren Traum fast jeden Preis zu zahlen... 

An "Showgirls" scheiden sich die Geister. Die einen halten ihn für Verhoevens schlechtesten Film, da er ihrer Ansicht nach lediglich nackte Brüste zur Schau stellt und jegliche Substanz vermissen lässt. Die anderen halten ihn für eine gelungene Satire auf die Welt hinter den Kulissen der Glitzerstadt Las Vegas, Nevada. Der Film beschreibt die Geschichte einer Tänzerin in Las Vegas in den für Verhoeven typischen sexuell aufgeladenen und gewaltdarstellenden Bildern. Dass dies gerade beiom biederen US-Publikum für mehr als einen Skandal sorgte, war vermutlich ganz bewusst provoziert. Das finanzielle Ergebnis der Kinoauswertung war dementsprechend "desaströs". Das Budget betrug geschätzte 45 Mio. US-Dollar, wovon der Film weltweit lediglich 37,7 Mio. US-Dollar wieder einspielte. Erst durch die guten Ergebnisse im Videoverleih und die "respektable" Verwertung auf DVD wurde der Film zu einem finanziellen Erfolg und spielte zwischen 1996 und 2004 mehr als 100 Millionen Dollar ein. Der Film erhielt im Jahr 1996 die Goldene Himbeere in sieben Kategorien, darunter für Elizabeth Berkley, Joe Eszterhas und Paul Verhoeven. Verhoeven holte als erster Regisseur überhaupt die Goldene Himbeere persönlich ab. Er war außerdem für sechs weitere Goldene Himbeeren nominiert, darunter für Kyle MacLachlan und Gina Gershon, d. h. mit insgesamt 13 Nominierungen belegt der Film bisher den Spitzenplatz. Im Jahr 2000 wurde er zum Schlechtesten Film der 1990er Jahre gekürt, im Jahr 2005 zum schlechtesten Film der ersten 25 Jahre, in denen die Goldene Himbeere vergeben wurde. 

Quentin Tarantino lobte "Showgirls" als einen der wenigen großen Sexploitationfilme des Hollywood-Studiosystems und bekannte sich genauso als Fan des Films wie der Filmemacher Jacques Rivette. Die Filmkritiker Jonathan Rosenbaum und Charles Taylor verteidigen "Showgirls" als völlig missverstandene Satire auf das Showgeschäft in den USA. "Showgirls" ist damit vieles, aber vor allem eines: unterbewertet und äußerst missverstanden - irgendwie unverständlich. Natürlich badet der Film vor allem in Klischees und hat nur selten den Mut, die Charaktere aus ihren Rollen ausbrechen zu lassen, sodass sich ind er Entwicklung der Story kaum Übverraschungen zeigen. Doch er hat etwas von einem Autounfall, bei dem man schlicht nicht wegsehen kann - und das liegt nicht an der expliziten Zurschaustellung nackter Tatsachen. Es ist auf seine Art und Weise bezeichnend, dass dieser Film, der dem männlichen Blick des Kinos den Spiegel vorhält, auf so viel Ablehnung stieß. 

"Showgirls" ist ein Film, der zur damaligen Zeit von den Kritikern auf das Übelste verrissen wurde, der seiner Zeit voraus war, eigentlich zeitlos ist, aber vor allem heute kaum aktueller sein könnte. Verhoeven zerpflückt den amerikanischen Traum und mit ihm die Unterhaltungsindustrie, die durch und durch als misogyn enttarnt wird. Es gibt lediglich eine Protagonistin und keine einzige männliche Identifikationsfigur, denn früher oder später stellen sich ohne weiteres alle Männer im Film als Arschlöcher heraus. Das ist natürlich reichlich überspitzt, der Film aber auch eine bitterböse Satire, die der visuellen Lust den Kampf ansagt. So geht es zwar um die Fetischisierung oder, wie der Titel bereits nahelegt, um das Anschauen von Frauen - doch die Erotik bleibt, trotz der Allgegenwart von nackter Haut, aus. Durch das Fehlen der männlichen Identifikationsfigur, der fehlenden Spiegelung eines idealen Ichs, geht jegliche Kontrolle über den Blick verloren. Ein Kontrollverlust der sich wiederum in den absurden, unerotischen, eher komischen Sexszenen widerspiegelt, in welchen viel mehr ein weiblicher Blick etabliert wird. Das wird unter anderem bei dem von Cristal arrangierten Lapdance deutlich, dem diese beiwohnt und zuschaut, während Zack der tanzenden Nomi völlig ausgeliefert ist. Und dennoch kann Nomi sich den patriarchalischen Mächten innerhalb des Films nicht entziehen. Mit dem eigentlichen Ziel in Las Vegas Tänzerin zu werden, wird sie dort schließlich zum absoluten Fetischobjekt und löst Cristal als "Goddess" im Stardust ab. Es bedarf erst der völligen Eskalation, damit sie erkennt und sich den männlichen Einflüssen (auf brutale Weise) entziehen kann. Am Ende behauptet sie zwar zu sich selbst gefunden zu haben, doch dem Straßenschild der letzten Einstellung zufolge, ist sie auf direktem Wege nach Los Angeles, wo das Spiel womöglich von neuem beginnt. 

8/10

Von CAPELIGHT PICTURES erschien der Film hierzulande in einem tollen Mediabook:


Quellen
Inhaltsangabe: Capelight Pictures
Testauszüge: Wikipedia

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