Sonntag, 1. November 2020

Suspiria (2018)

https://www.imdb.com/title/tt1034415/

Die junge und hoffnungsvolle amerikanische Tänzerin Susie Bannion (Dakota Johnson) zieht nach Deutschland, um dort beim renommierten Markos Tanzensemble in Berlin eine Ausbildung zu absolvieren. Nachdem sie das Vortanzen bestanden hat, freundet sie sich dort mit Sara (Mia Goth) an und macht unter der Aufsicht der künstlerischen Leiterin Madame Blanc (Tilda Swinton), die als eine Revolutionärin gilt, schnell erstaunliche Fortschritte. Doch in der Tanzschule gehen seltsame Dinge vor sich: Kurz vor Susies Ankunft verschwand etwa sogar die Tänzerin Patricia (Chloë Grace Moretz) unter ungeklärten Umständen und Dr. Jozef Klemperer (Lutz Ebersdorf), der Psychotherapeut der jungen Tanzschülerin, kommt bald einem dunklen Geheimnis auf die Spur: Hinter der Fassade der Tanzschule verbergen sich grausame Hexen...  

Es ist eines dieser Remakes, die nahezu alles richtig machen und den originalen Stoff mit Würde und Respekt behandeln, diesen aber ebenso gekonnt in die Neuzeit tansportieren, ohne das Original zu beleidigen. Regisseur Luca Guadagnino hat tatsächlich das geschafft, was man nur von den wenigsten Remakes sagen kann. Er hat nicht einfach nur Argentos Meisterwerk nahezu 1:1 kopiert, sondern seine Neuauflage auch mit einigen eigenständigen und nicht sinnlosen Zutaten aufgefrischt. Statt dem farbigen Impuls aus dem Original mit dem Schauplatz in Freiburg, überwiegen nun graue Bilder über ein dermassen tristes Berlin in der 70ern, dass permanent ein richtig bedrückendes Gefühl der Kälte und Trostlosigkeit ausstrahlt. Unheimlich verstörend und mit einer intensiv unbehaglich aufgeladenen Atmosphäre durchsetzt, zerrt der Film durchgehend an den Nerven der Zuschauer. Man kann durchaus zugeben, dass das Original, vielleicht auch aufgrund seines Alters, es heutzutage kaum noch schafft, den Zuschauer abzuholen, wenn der nicht unbedingtes Interesse am Film hat. Das macht das Remake, auch aufgrund der cinematographischen Umsetzung, um Längen besser.

Der Goblin-Soundtrack wurde durch eine nicht minder eindringliche Tongestaltung von Thom Yorke ersetzt, der exellent die ruhige und düstere Filmatmosphäre an Intensität unterstützt und nur lediglich im zugegeben sehr splattrigem Finale leider unpassend störend wirkt. 

Der Horror findet dabei oft unbewusst statt. Der Zuschauer wird einem ständigen Unwohlsein ausgesetzt, welches kaum greifbar ist. Absolutes Highlight sind aber die Tanzszenen, die in ihrer Kombination aus Bewegung, Musik und Horror einen unheimlichen Rausch erzeugten und eine entrückte wahnhafte Begeisterung auslösen. Im Gegensatz zum Original erweitert Guadagnino die Dimensionen des Erlebens. Neben den schauderhaft-schönen Tanzszenen und verstörenden Albtraumsequenzen wird auch ein Berlin gezeigt, das von der RAF in Angst und Unsicherheit versetzt ist. Nicht nur die Story wird breitgefächerter und lässt einige Fragen offen, auch die politische Vergangenheit und die aktuellen Umstände im geteilten Berlin der 70er Jahre erhalten Einzug in das fast episch anmutende Hexenballett. Dieser Nebenplot ist aber Fluch und Segen zugleich. Einerseits ist es lobenswert, eigene Ideen in die Story mit einzubringen, anderseits wäre es auch kein qualitativer Verlust gewesen, zumal die Laufzeit von knapp 152 Minuten man schon etwas hätte straffen können. Zu erwähnen ist natürlich auch der in allen Belangen überzeugende Darstellercast, allen voran die wie immer grandiose Tilda Swinton als Tanzlehrerin in einer Paraderolle, bei deren Präsenz tatsächlich die Hölle zufriert. Sie ist ihrer Rolle schlicht (und gewohnt) hervorragend, was auch auf die präzise und unheimliche Inszenierung von Guadagnino zutrifft. 

Unterteilt in sechs Kapitel, macht es der Film auch in diesem Punkt also gänzlich anders als seine Vorlage. Dabei hätte es sicher nicht jede Szene gebraucht und das Geschehen verliert sich manchmal in seiner eigenen Langsamkeit, weshalb es für den Zuschauer nicht immer kurzweilig zur Sache geht. Viele Szenen vermögen es zu fesseln, manche wirken aber auch leider eher belanglos. "Suspiria" ist ein Film, der, wenn man es von oben herab betrachten will, über Bewegungen. Bewegungen der Zeit, in der historischen Geschichte (NS-Zeit, Studentenbewegungen), Bewegungen im Zuschauer selbst (Kindheit, Erwachsenwerden, Karriere), Bewegungen auf der Tanzfläche und Bewegungen die man nicht für möglich hält (Magie und Hexerei), erzählt und dies reüssiert. Bewegungen haben immer einen Anfang und führen gewollt oder ungewollt immer zu einem Ende, bis eine neue Bewegung entsteht. 

Das Remake von "Suspiria" verbeugt sich vor seinem Original, knickt aber dabei nicht ein und verhebt sich trotz seiner Vielschichtigkeit nicht, sondern erschafft ein sinnlich-gruseliges in Teilen forderndes und völlig eigenständiges perfekt durchchoreografiertes Filmerlebnis. Das Remake von "Suspiria" ist ein sehr komplexer Film - ein sadistisch-morbides Werk, ein Arthouse-Horror-Splatter, der trotz, gerade zum Schlussakt hin, einiger Schwächen, eine dennoch und zweifelsohne einer der intensivsten Filmerfahrungen der letzten Jahre bietet.

8/10

Von KOCH Films / Capelight Pictures / Eightyfour Entertainment kommt der Film als "Ultimate Edition" und enthält neben dem Originalfilm von Dario Argento aus dem Jahr 1977 auch das Remake, beide in 4K Ultra-HD, die Soundtracks und jede Menge Bonusmaterial.

Quellen
Inhaltsangabe: Koch Films / Eightyfour Entertainment
Textauszüge: Wikipedia

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