Dienstag, 12. Januar 2021

Schneeflöckchen (2017)

https://www.imdb.com/title/tt3130560/

Berlin ist in der Zukunft der Brennpunkt eines ins Chaos gefallenen Europas. Genau in diesem Moloch suchen Tan (Erkan Acar) und Javid (Reza Brojerdi), die von Rache angetrieben werden, den Mörder ihrer Eltern. Doch dann stolpert das gesetzlose Duo über ein Drehbuch zu einem Film namens "Schneeflöcken". Es ist der Film, den wir Zuschauer gerade sehen. Tan und Javid erfahren durch das Drehbuch, dass sie selbst gejagt werden. Denn sie haben unwissentlich die Eltern der kleinen Eliana (Xenia Assenza) getötet. Das Mädchen sinnt nun ebenfalls auf Rache und ist ihnen auf den Fersen. Um ihren eigenen Tod zu verhindern, der am Ende der Drehbuchshandlung steht, machen sich Tan und Javid auf die Suche nach Autor Arend (Alexander Schubert). Er soll die Geschichte umschreiben...

"Schneeflöckchen", das merkt man schon nach 2 Minuten Laufzeit, schielt arg und ein wenig zu offensichtlich in Richtung Kultfilm. Der wilde Genre-Mix mit augenfälliger Tarantino-Attitüde trägt auch sehr viel dazu bei, kommt dabei aber irgendwie nie richtig zum Höhepunkt, obwohl er auffällig penetrant an seinen viel zu großen Vorbildern herumschwarwenzelt. Der Film ist strukturiert ala Guy Ritchie und dem vorgenannten Quentin Tarantino, aber in einer eher kulissenhaften, minimalistischen Stimmung, aus der trotzdem nicht so viel draus gemacht wurde. Zur Spannungskurve trägt positiv bei, dass im zeitlichen Ablauf hin- und hergeswitcht wird, was vom Zuschauer auch Mitdenken abverlangt. Anfangs ist das etwas verwirrend, später kommt der "Aha!"-Effekt. Abgerundet wird das Szenario mit etwas Trash und Kunst, doch so richtig kommt der Streifen nicht in die Gänge, es fehlt irgendwie an Feuer.

Dass das alles in Berlin angesiedelt ist spielt keine Rolle, von der dort ausgebrochenen (und angesprochenen) Anarchie merkt man aber kaum etwas und irgendwie versuchen weder der Drehbuchautor noch die beiden Jungs wirklich, etwas an der Geschichte zu beeinflussen. Es kommt zwar ständig zu Streits um das Thema, doch keiner nutzt wirklich eine der vielen Gelegenheiten, etwas zu ändern. Das wirkt etwas vorprogrammiert und hölzern und zieht beim Zuschauer oft Strinrunzeln und Langeweile nach sich. Tiefgründiger Stoff eigentlich, jedoch etwas zu oberflächlich umgesetzt. Auch so manche Logikfehler, zum Beispiel, dass das Pärchen immer miteinander englisch spricht, obwohl sie beide deutsch verstehen. Immerhin sorgt ein Logikfehler für einen echten (geplanten) Brüller. "Schneeflöckchen" hat eben auch einige Ideen und Momente, die aber ab der zweiten Hälfte in dem dann doch deutlich gedrosselteren Tempo untergehen. Die Grundidee ist prima und in diesem Kontext auch noch relativ frisch, aber der Film schafft es in der zweiten Hälfte nicht mehr, sein Niveau zu halten.

Bei "Schneeflöckchen" darf der Zuschauer ruhig zwiegespalten sein und bleiben. Der Film hat Höhen und Tiefen, gibt Gas und bremst sich selbst wieder aus, ist spannend, nur um gleich wieder in Langeweile zu verfallen. Er ist nicht schlecht und spielt ambitioniert mit dem trockenen, dialoglastigen Gangster-Episoden-Kultfilm-Kram. Für Leute, deren genaue Frequenz das ist, mag der sicher gut funktionieren. Der Film setzt dennoch seine Werte tendenziell mehr selbstbereichernd ein, was zünden könnte. Sicher aber nicht mit dieser Absicht, sondern eher zu oberflächlich gedacht, sich einfach nicht ausgiebig genug vertieft. So wirkt der Streifen irgendwie unfertig. Und dennoch: man wird gut unterhalten.

6,5/10

Von CAPELIGHT PICTURES erschien der Film hierzulande in einem tollen Mediabook:
 

Quellen
Inhaltsangabe: Capelight
Poster/Artwork
Capelight

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen