Montag, 26. Oktober 2020

Vice - Vice : Der zweite Mann (2018)

https://www.imdb.com/title/tt6266538/

Wyoming im Jahr 1963: Der 22-jährige Dick Cheney (Christian Bale) schlägt sich durchs Leben, indem er Stromleitungen repariert. Er ist ein ungelernter Arbeiter, da er das Studium in Yale wegen seiner ständigen Sauferei geschmissen hat. Sein Trinkverhalten hat sich seitdem aber nicht geändert. Nachdem er wegen Trunkenheit am Steuer angeklagt wird, zieht seine Ehefrau Lynne (Amy Adams) die Reißleine. Sie will ihn verlassen, wenn er sein Leben nicht auf die Reihe kriegt. Daraufhin ergattert Cheney ein Praktikum in Washington. An der Seite des Kabinettsmitglieds Donald Rumsfeld (Steve Carell) beginnt er schließlich eine politische Laufbahn und wird bald sogar zum Verteidigungsminister unter George Bush Sr. (John Hillner). Seine Karriere wird aber noch steiler und gipfelt in der Vizepräsidentschaftskandidatur an der Seite von George W. Bush (Sam Rockwell). Bald ist es auch Cheney, der nach dem 11. September die Pläne für einen Krieg gegen den Irak vorantreibt…  

Das ist Christian Bale? Heiliger Himmel, so schießt es einem durch den Kopf - den hätte man so auf der Straße  niemals erkannt. Als glatzköpfiger Dick Cheney mit Wohlstandswampe und Nickelbrille zeigt er einmal mehr, wie wandlungsfähig dieser Mann tatsächlich ist - und was ihn als Schauspieler auszeichnet. Aber wer ist eigentlich Dick Cheney? Und warum hatte er so viel Macht? Dieser Frage geht Regisseur Adam McKays in diesem Biopic nach. Sein neuer Film "Vice" beleuchtet Cheneys Aufstieg zum zeitweise wohl mächtigsten und einflussreichsten Vizepräsidenten der amerikanischen Geschichte. Die Verbildlichung komplexer politischer Zusammenhänge ist ein zweifellos lohnenswertes Ansinnen, aber "Vice" macht sich das alles ein klein wenig zu einfach und zeichnet von Minute eins an ein ganz bestimmtes Bild und ist folgend nicht gewillt davon abzurücken. Der Film fällt damit erstaunlich wenig differenziert aus und zeigt sich inhaltlich als eher einseitige, zum Teil recht plakative und dazu noch unangenehm belehrende Abrechnung. McKay bleibt seinem Stil aus "The Big Short" treu und inszeniert "Vice" nicht als klassisches Biopic, sondern setzt lieber auf eine unkonventionelle Mischung aus Komik, Satire, Drama und wütender Anklage, vermag jedoch diesen schwierigen Tanz nicht immer zu meistern. Stattdessen wirkt Cheney nicht selten wie das ultimative Böse, eine Macht-Krake sondergleichen, ein dämonischer Puppenspieler im Hintergrund, der die Fäden zieht.


Auf der handwerklichen Ebene ist "Vice" zweifellos dennoch großes Kino, ist gefällig und schwungvoll inszeniert, vermag mit so manchem herrlich kreativen Moment zu glänzen und sogar der Schnitt von Hank Corwin ist exzellent geraten. Auch auf der darstellerischen Ebene vermag der Film einzuschlagen, wenn Christian Bale, Amy Adams, Steve Carell und Sam Rockwell auf hohem Niveau abliefern. Natürlich muss man McKays Art mögen, gerade in der Art der Inszenierung treibt er die behandelten Themen oft auf die Spitze. Größtes Problem und gleichwohl größte Chance an "Vice" liegt im Schwanken der Tonalität: Es gibt dramatische und satirische Elemente, ein paar nette inszenatorische Spielereien und dazu vieles, was aus typischen Biopics bekannt ist. Das muss man wollen, mögen. 

Ein an die körperlichen Grenzerfahrungen schon gewöhnter Christian Bale, der in der Rolle als Dick Cheney im wahrsten Sinne des Wortes aufgeht, Amy Adams als dessen geltungssüchtige Ehefrau, für die es anscheinend nichts wichtigeres im Leben gibt als eine steile Karriere nach oben, Sam Rockwell als manierenfreier "Präsidentendummy", der mit seiner naiven Art die Basis für die Arbeit der korrupten, Rechtslücken-suchenden bösen republikanischen Lobbygruppe um Cheney bildet und Steve Carell dem überraschenderweise die Rolle von Donald Rumsfeld auf die Stirn geschrieben scheint. Das alles ist super und gut und "Vice" ist auch einer der ersten Hollywoodfilme, der sich auf diese Art und Weise mit den Bush-Jahren auseinandersetzt und doch hätte Adam McKay die Inszenierung filigraner machen können. Langeweile kommt jedoch keinesfalls auf, ist die Story (obwohl manchmal zu sprunghaft) doch ungemein kurzweilig. Zusammenfassend ist "Vice" eine inszenatorisch hervorragende politische Satire. Besonders in den Bereichen Schnitt und Schauspiel sticht der Streifen heraus. Thematisch ist der Film angesichts seiner offensiven Anschuldigungen mit Sicherheit diskutabel. Nichtsdestotrotz muss man den vielen kreativen Ideen und letztlich auch dem gesamten Streifen eines zugestehen: Er ist verdammt unterhaltsam, die Zeit vergeht wie im Fluge und er wahrt trotz seines makabren, komikhaften Ansatzes die Ernsthaftigkeit des realen Hintergrunds. Absolut sehenswert.

8/10

Quellen
Inhaltsangabe: Universum Film

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