Mittwoch, 21. Oktober 2020

Aniara (2018)

https://www.imdb.com/title/tt7589524/

Nach der Zerstörung der Erde wird ein Raumschiff namens Aniara mit Menschen an Bord zur Besiedlung des Mars geschickt. Die Passagiere können auf dem Schiff das tun, was sie zuhause auch taten: konsumieren. Aber dann kollidiert die Aniara mit Weltraumschrott. Sie kommt vom Kurs ab und die vom Konsum besessenen Passagiere werden dazu gezwungen, über ihren Platz im Universum nachzudenken - denn das System, das sie bisher mit schönen Traumbildern unterhalten hat, fällt aus. Bald schon steht die Ordnung an Bord auf tönernen Füßen und nur eine mit dem Konsumapparat vertraute Technikerin (Emelie Jonsson) könnte Abhilfe schaffen... 

"Aniara" ist ein kleiner aber feiner Indie-Sci-Fi Streifen aus Schweden, eine Art Gedankenexperiment, wenn man so will. Visuell spielerisch und damit sehr kunstvoll. "Aniara" ist keinesfalls ein Film für Menschen, die die Welt alá Emmerich untergehen sehen wollen, eher ein Film für Freunde der Philosophie und Menschen auf der Suche nach Antworten, oder solche die interessiert an psychologischen Studien sind. Der Film wirft Fragen auf. Doch keine gestellte Frage wird explizit beantwortet. Nein, der Film behandelt lediglich existenzielle Themen - und das Ganze sogar ziemlich gekonnt. Die Grundprämisse, um diese Fragen auch in audiovisueller Art präsentieren zu können, basiert auf einer möglichen Zukunftsvision: Der Mensch zerstört seinen Lebensraum, seinen Planeten. Er flieht aus dieser lebensfeindlichen Umgebung auf einem Generationenschiff auf der Suche nach einem neuen Lebensraum und er tut das, was er auch schon auf der Erde tat - nämlich den eigenen Untergang herbeiführen.

"Aniara" bietet darüber hinaus auch ein paar interessante Gedankenansätze zum Thema "Zeitsprünge", wie eine Arche der Menschheit auf dem Weg, eine neue Heimat auf dem Mars zu kolonisieren, vom Kurs abkommt und aufgrund von zerstörten Triebwerken darauf hoffen muss in das Gravitationsfeld eines Planeten zu geraten, um einen Slingshot durchzuführen. Das Schiff ähnelt einem fliegendem Planeten, vielleicht am ehesten vergleichbar mit der "Axiom". Demzufolge gibt es vielerlei Freizeitmöglichkeiten und Arten der Ablenkung, darunter auch ganz sonderbare Einrichtung, die es ermöglicht, in eine Art virtuelle Realität aus Erinnerungen abzutauchen.

Aus 2 Jahren werden 5 Jahre, dann 10, dann 24 Jahre und mittlerweile gibt es eine neue Generation, aber insgesamt passiert das was in der Evolution mit kleinen Populationen passiert, die in der Anzahl unter dem Kipppunkt für die Vergrößerung liegen. Es wird gezeigt, auf welch kreative Weise Menschen überleben bzw. wie sie die Sinnsuche gestalten in einer nahezu hoffnungslosen Situation.

Interessant ist auch die Umsetzung. Auf der einen Seite gibt es solide CGI-Effekte, die aber nur auf die Weltraumszenen begrenzt sind. Mit vielen Tricks haben die Macher rund um Regisseurin Pella Kågerman und Regisseur Hugo Hugo Lilja es andererseits geschafft auf diesem Sternenkreuzer eine Atmosphäre zu erschaffen, die es nicht nur äußerlich, sondern auch innerlich riesiger noch erscheinen lässt als ein Kreuzfahrtschiff. Trotzdem ist der Film ziemlich kunstvoll geraten und geht deutlich in Richtung Arthouse, d. h. man sollte wirklich nur einen Blick riskieren, wenn man nicht die perfekte Show oder Unterhaltung sucht, sondern wenn man sich etwas inspirieren lassen will von den Gedanken und nicht einen Blockbuster sucht. Es gibt dramatische Szenen und auch sonderbare Szenen, aber es ist ganz und gar nicht stereotypisch, sondern zurückhaltend realistisch. Man wollte jedenfalls nicht auf ein Blendwerk heraus oder Charaktere bieten die möglichst polarisieren.

Durch die insgesamt sehr unaufgeregte Inszenierung kann man während der Betrachtung seine Gedanken schweifen lassen, über dies und jenes nachdenken und sich sogar einlullen lassen von dem, was die Protagnisten "erleben". Nämlich Leben in all seiner zerstörerischen Kraft in dem Glauben alles richtig zu machen. Einige Szenen sind sehr explizit und das Ende hält überdies ein üblen und tiefgehenden epischen Scherz bereit. Durchaus sehenswert.

7/10

Quellen
Inhaltsangabe: EuroVideo

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