Mittwoch, 14. Oktober 2020

Triple 9 (2016)

https://www.imdb.com/title/tt1712261/

Atlanta ist schwer vom Verbrechen gebeutelt, die örtliche Polizei sieht sich mit Straßenschlachten, öffentlichen Hinrichtung und brutaler Folter konfrontiert, mit denen die übermächtige Russenmafia ihre Vorherrschaft deutlich macht. Für viele Cops bietet sich die verführerische Möglichkeit, den ein oder anderen Dollar dazuzuverdienen, wenn sie gelegentlich wegsehen oder auch mal eine Bank für die Mafia ausrauben. Zu den korrupten Polizisten gehört auch Marcus Atwood (Anthony Mackie), der gar nicht begeistert ist, als man ihm als Partner den idealistischen Frischling Chris (Casey Affleck) zur Seite stellt, der ausgerechnet auch noch der Neffe des Sergeant (Woody Harrelson) ist. Doch der blauäugige Chris kommt Atwood und seiner korrupten Truppe ganz gelegen, als sie für einen wahnwitzigen Plan ein leicht reinzulegendes Opfer benötigen: Russenmafia-Chefin Irina Vlaslov (Kate Winslet) verlangt von den Bullen einen wahnwitzigen Raubzug, und Atwood will Chris im Dienst um die Ecke bringen, um den Polizei-Notrufcode "999" auszulösen und im entstehenden Chaos ruhig das Ding drehen zu können…  


"Triple 9" ist ein richtig schön dreckiger Cop-Film. Alles badet, versackt und treibt im Großstadt-Schlamm dahin. Er ist darin fast schon zu gut und vor allem zu breit prominent besetzt - und dabei wird dem Zuschauer eine nicht gerade neue Geschichte um korrupte Cops und mafiöse Strukturen innerhalb des Molochs einer Großstadt stilsicher vorgetragen. Nicht nur finden unheimlich viele Charaktere den Weg auf die Filmrolle von Regisseur John Hillcoat, sondern diese sind auch ziemlich überzeichnet, eindimensional und extrem unnahbar geraten. Andererseits biedert sich Hillcoat mit "Triple 9" auch nicht an. Optisch und inszenatorisch gibt sich das Werk dann auch keine Blöße und präsentiert sich samt und sonders als Vertreter der alten Schule, punktet mit ansprechendem Set-Design, einer nicht von der Hand zu weisenden Härte und einer alles durchziehenden Düsternis, die auch auf das Innenleben der Figuren abzufärben scheint. Die Action ist schön klassisch inszeniert und erinnert in seinen besten Momenten sogar an Michael Manns Genreklassiker "Heat".

Dramaturgisch allerdings bleibt "Triple 9" aber leider spürbar hinter den Erwartungen zurück, was damit zusammenhängen mag, dass man sich eventuell bei seinem Ensemble übernommen hat, um hier eher mit Quantität zu punkten, statt konsequent die nötige Charakterentwicklung voranzutreiben. So ist "Triple 9" ein Streifen, in der ausnahmslos jede Figur irgendwie und irgendwo noch eine Leiche im Keller hat, die jeder auch versucht, so gut wie eben möglich zu vertuschen, doch die sich daraus ergebenden Konflikte werden leider nur angedeutet und in den seltensten Fällen tatsächlich ausformuliert, während andere namhafte Figuren so schnell das Zeitliche segnen, dass es sich kaum gelohnt hat, ihre Namen mit auf das Plakat zu drucken. Lediglich auch 3 Charaktere bekommen so etwas wie rudimentäre Tiefe spendiert, während der Rest in weiten Teilen als Füllstoff betrachtet werden darf, aus der einzig noch Woody Harrelson herausragt, was aber weniger seiner Figur, sondern mehr seinem natürlichen Charisma geschuldet ist.


Dabei bietet der Cop-Thriller überzeugende Szenen zuhauf und eröffnet ungemein stimmig, doch dann versandet die Story zwischen diesen inszenatorisch dicht inszenierten Passagen immer wieder und scheint kaum in den rechten Tritt zu kommen, während beinahe ausnahmslos jeder der Akteure mit seiner oftmals zu schablonenhaft angelegten Rolle spürbar unterfordert zu sein scheint. Das trifft ausgerechnet auch Kate Winslet als eine der wenigen Frauen im Cast besonders hart, denn ihre Unterwelt-Chefin kommt zu keinem Zeitpunkt über gängige Klischees hinaus. Teresa Palmer als besorgte Frau von Afflecks integerem Polizisten Chris Allen ergeht es indes noch schlechter, was den Film auch hinsichtlich der Geschlechterrollen enorm altbacken wirken lässt.

Kurioserweise ist es aber ausgerechnet der namhafte Cast, der "Triple 9" davor bewahrt, ein waschechter Totalausfall zu werden. Das verschenkte Potential spürt man ab einer gewissen laufzeit in fast jeder Szene und man kommt nicht umhin zu träumen, was doch hätte eben Großes, Packendes, Bahnbrechendes aus diesem Streifen werden können, dessen Story allein sich doch so vielversprechend liest. So ist das Skript auch keineswegs dumm und hält sogar einige Überraschungsmomente bereit, doch reicht das eben nicht aus, darüber hinwegzutäuschen, dass hier einmal mehr etliches verschnekt worden ist.

Die Stadt pulsiert, brennt und lodert und wirkt mit seinen Gangscharmützeln, Provokationen, und seiner Dynamik lebendiger als die meisten der Figuren, die dem Großstadtdschungel nahezu hilflos ausgeliefert sind. Spannend wird es immer dann, wenn sich alles mehr um den Neuen, um das Ziel, um Chris dreht. Gewohnt stark von Casey Affleck gespielt, hätte es besser ausgesehen, wenn sich das Geschehen mehr auf ihn fokusiert hätte. So bleibt man gegen Ende merkwürdig gelassen zurück. In Summe bekommt man mit "Triple 9" einen zwar durchaus soliden, oftmals nach Höherem strebenden Thriller, den man sich sicherlich auch gut ansehen kann, wenn man denn im Vorfeld die Erwartungshaltung entsprechend nach unten korrigiert, der aber an die Genregrößen nicht heranreichen kann. Irgendwie schade.

6,5/10

Quellen
Inhaltsangabe: Wild Bunch

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen