Die junge Edelprostituierte Ai hat sich auf Sadomasochismus
spezialisiert. Sie bedient jeden Wunsch Ihrer Kunden und beobachtet, was
die Männer dabei ihr und sich selbst zufügen. Dabei hofft sie auf ihrer
Reise durch die perversen Triebe stets noch auf die große Liebe, die
sie vor Jahren traf. Eine Wahrsagerin hat ihr vorhergesagt, dass sie
ihren Geliebten eines Tages treffen wird. Dies hilft Ali, auch die
größte Demütigung über sich ergehen zu lassen. Schließlich muss sie
jedoch erkennen, dass der eingeschlagene Weg immer tiefer in einen Sumpf
aus Drogen und Abhängigkeit führt.
"Japan ist wohlhabend. Aber es ist Wohlstand ohne Stolz. Es verursacht Angst, die unsere Männer zum Masochismus bringt."
"Tokio Dekdenz" ist ein etwas an Langatmigkeit krankendes Erotikdrama, über ein Callgirl im
Tokioter BDSM-Mileu, zwischen Glückssuche und menschlicher Verlorenheit.
Angenehm weit weg vom feuchtigkeitsspendenden Bett-Roman für sexuell
deprimierte Hausfrauen, wird hier ein
ernüchternder, kritischer Blick auf die Sexualität in Japans
Wohlstandskaste gewagt und dem Platz der Frau darin. Der Film schildert die Sterilität und Kälte des modernen Lebens und die
verbreitete Unfähigkeit, tiefe zwischenmenschliche Beziehungen
einzugehen.
Ryū Murakami, der in Japan vor allem durch seine literarischen Werke bekannt
ist, lieferte neben der Vorlage zu Takashi Miikes "Audition" hier auch
sein bekanntesten eigenen Filmbeitrag ab. In diesem
befasst er sich mit der Entwicklung
der japanischen Gesellschaft im Hinblick auf den Wirtschaftsboom und die
damit einher gehende Entfremdung des Einzelnen.
Dazu schickt er Ai, eine devote junge Edel-Prostituierte, durch das
Nachtleben, wo sie diversen meist sadomasochistischen Sexpraktiken ihrer
Kunden nachkommt. Doch mehr und mehr wird deutlich, wie einsam sie ist.
Zwischen all dem Geld, den Drogen und den ausgefallen-perversen
Wünschen der Kundschaft, gibt es kein Platz für Träume und echte
menschlicher Nähe. Dies spitzt sich mit zunehmender Laufzeit zu und
endet in Drogen betäubten umherirren in den reichen Vororten der Stadt.
Murakamis Film benutzt das sadomasochistische Szenario durchweg als
Metapher für eine durch und durch materialisierte Gesellschaft, deren
erstes Opfer die Würde und Individualität ihrer Bewohner ist. Topâzu
nutzt demnach die sadomasochistische Thematik, um das Leben der
zeitgenössischen japanischen Gesellschaft und der materialistischen
Konsumgesellschaft schlechthin als schleichenden Zerstörungsmechanismus
zu entlarven. So kontrovers der Ruf des Films als Klassiker zur BDSM-Thematik ist,
immerhin steht er in Australien, wie Südkorea nach wie vor auf dem
Index, so angenehm unaufgeregt wird in die Hotelzimmer geschaut, ohne
übertriebene Sensationslust und immer aus der Perspektive der
schüchternen Ai erzählt, bekommt der Zuschauer hier und dort
Seeleneinblicke ohne, dass sie sich öffnen müsste. Generell ist "Tokio Dekadenz" ein 'Jungtimer' in alter japanischer
Tradition des sexuellen Films, der sozialkritische Themen tangiert. Kein
absolutes Sichtungsmuss, für Freunde des Themas, aber als
Horizontfacettierung durchaus empfehlenswert.
6,5/10
Von TURBINE Medien kommt der Film im auf 2.000 Stück limitierten, wattierten Mediabook auf Blu-ray.
Quellen:
Inhaltsangabe: Turbine
Textauszüge: Wikipedia
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