Im 19. Jahrhundert leben das Ehepaar Jonathan Harker (Bruno Ganz) und seine Frau Lucy (Isabelle Adjani) in der Hansestadt Wismar. Eines Tages wird Jonathan beauftragt nach Transsilvanien zu reisen, um mit dem dort residierenden Grafen Dracula (Klaus Kinski) über den Verkauf seines Hauses zu verhandeln. Bereits auf der Reise dorthin begegnet er mehreren Zigeunern, die sich seltsam verängstigt verhalten und ihn auf keinen Fall bei der Weiterfahrt unterstützen möchten. Als er dann letztendlich doch noch auf dem Anwesen Draculas eintrifft, ziert dieser sich auch gar nicht lange und unterschreibt den Vertrag als er einen Blick auf ein Foto von Lucy werfen konnte. Noch in derselben Nacht beißt der Vampir Jonathan und reist in einem Sarg per Schiff nach Wismar um die Frau zu treffen, von der er plötzlich so angetan ist. Der bereits infizierte Ehemann versucht alles, um Lucy noch zu retten...
Wer hätte gedacht, dass "Bram Stoker's Darcula", wohl einer der besten Adaptionen des Vampir-Stoffes über den Grafen Dracula, den Fürsten, den Vampir, gerade gegenüber der deutschen Produktion von Werner Herzog so derb den Kürzeren zieht? Der Film "Nosferatu: Phantom der Nacht" ist die zweite Zusammenarbeit Herzogs mit Schauspieler Klaus Kinski, die insgesamt fünf Filme miteinander realisierten. Regisseur Werner Herzog orientierte sich an Friedrich Wilhelm Murnaus Original ("Nosferatu: Eine Symphonie des Grauens") von 1922. Und auch wenn er die Namen des Stoker-Romans verwendet, zitiert er die Charaktere Murnaus fast unverändert. Ausstattung und Kameraeinstellung sind in vielen Szenen mit der Murnaus identisch. Dennoch, das betonte Herzog immer wieder, ist sein Film kein Remake. Zwar sind einzelne Bilder und Szenen gleich, Handlungen und Gesten sehr wohl dem Original von 1922 geliehen, doch "Nosferatu: Phantom der Nacht" hat einen entscheidenden Vorteil - und der heißt Klaus Kinski. Er spielt hier den mächstigsten aller jemals auf der Leinwand zu sehenden Vampire; ein Biss von ihm allein reicht zur Infektion und damit zur Verbreitung der Seuche, der Pest, die Herzog mit einer Unzahl von Ratten noch eindrucksvoller darstellt, als dies Murnau möglich war. Kinski verleiht "seinem" Dracula zudem mit dämonischer Ruhe eine fast ebenso furchterregende Präsenz wie Max Schreck dem Grafen Orlok / Dracula bei Murnau. Böse Zungen könnten versucht sein, Kinskis Verkörperung des Vampirs als Kopie zu interpretieren, dabei ist es doch tatsächlich eine große Hommage an Graf Orlok. Kinskis Präsenz ist allgegenwärtig - und das selbst an dem Punkt, an dem er im Film noch nicht aufgetreten ist, was daran liegt, dass "Nosferatu: Phantom der Nacht" ein Werk der bösen Vorahnung, der finsteren Prophezeiung ist.
Überhaupt überzeugen Setting, Gestaltung, Kostüme und Kameraführung vollends. Schatten, Andeutungen, Gesten, gepaart mit grandiosem Schauspiel. Da kommt es weniger auf die Dialoge an, obwohl diese in gleichem Maß überzeugen. Bruno Ganz als Jonathan Harker ist neben Kinski absolut großartig, ebenso seine Angetraute Lucy Harker, gespielt von Isabell Adjani, einer bildschönen Frau, bei welcher sich zeigt, welche Ästhetik Angst besitzen kann. Szenerie, Bild, Komposition, alles perfekt und auf den Punkt, ohne große Übertreibungen. Dass man die Maske, gerade von Kinski, in vielen Szenen auch als solche erkennt, könnte man angesichts des Produktionsjahres als durchaus "charmant" durchgehen lasen. Erwähnenswert erscheint auch Walter Ladengast als Van Helsing in seinem letzten großen Spielfilmauftritt. In großartigen morbid-poetischen Bildern erzählt Herzog von Dracula und dem unendlichen Überdruss, den Unsterblichkeit bereiten kann.
“There is a quality to the color photography in Werner Herzog's "Nosferatu the Vampyre" that seeps into your bones. It would be inadequate to call it "saturated." It is rich, heavy, deep. The earth looks cold and dirty. There isn't a lot of green, and it looks wet. Mountains look craggy, gray, sharp-edged. Interiors are filmed in bold reds and browns and whites -- whites, especially, for the faces, and above all for Count Dracula's. It is a film of remarkable beauty, but makes no effort to attract or visually coddle us.”
So schrieb es Roger Ebert 2011, als er Werner Herzogs "Nosferatu: Phantom der Nacht" in seine Great Movies-Reihe aufnahm; bereits 1979 gab er dem Film die volle Punktzahl, aber seine Schwerpunkte haben sich bei im direkten Vergleich beider Kritiken verändert, er achtete deutlich mehr auf die visuelle Kraft des Filmes als noch drei komplette Jahrzehnte zuvor. Statt auf gespenstische Bilder und eine Verkörperung des puren Unheil baut Herzog auf surreal träumerische Abläufe, theatralisch geschriebene aber in filmischer Hinsicht realistisch vorgetragene Dialoge und gemächliche Bewegungen. Was letztlich bleibt ist ein ruhiger, schwarzer und schwerer, aber ungemein einnehmer, intensiver und magischer Film eines meisterhaften Filmemachers, völlig befreit von konventionellen Vorstellungen des Vampirfilms. Schlicht genial.9/10
Quellen:
Inhaltsangabe: Twentieth Century Fox
Textauszüge: Wikipedia
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