Teil 1: Im Wasseypur der 1940er Jahre gibt sich der afghanischstämmige Shahid Khan (Jaideep Ahlawat) als Sultana Daku aus, um die reich beladenen Züge der britischen Kolonialherren zu überfallen. Doch dies ist das Pseudonym von Gangsterboss Sharif Qureshi (Pramod Pathak), dem Anführer der mächtigen moslemischen Metzgerkaste des Ortes, dem das Verhalten des Emporkömmlings gar nicht passt und ihn daraufhin verbannt. Im Nachbardistrikt Dhanbad findet der Ausgestoßene Arbeit in den Kohleminen. Als seine Frau im Kindbett stirbt, hat er nur noch seinen kleinen Sohn. Nach der Unabhängigkeit Indiens im Jahr 1947 steigt er zum Schläger des jungen Industriellen Ramadhir Singh (Rajat Bhagat) auf, der sich einige Minen unter den Nagel gerissen hat. Als dieser jedoch seine Macht gefährdet sieht, lässt er Shahid Khan heimlich beseitigen und steigt danach durch mafiöse Methoden und Einflussnahme auf die Gewerkschaften zum mächtigsten Mann der Region auf. Shahids Sohn Sardar Khan (Manoj Bajpai) konnte sich dank seines Verwandten Nasir Khan (Piyush Mishra) einer Ermordung entziehen und wächst unter dessen Fittichen und unbeachtet vom ahnungslosen Singh zum Mann heran, der stets eine Glatze trägt und sich erst wieder Haare wachsen lassen will, wenn er den Mord an seinem Vater gerächt hat...
Das im Jahr 2012 erschienen indische Gangsterepos und Rachedrama macht sich bereits mit der Laufzeit einen Namen. Mit einer Laufzeit von 5 Stunden und 21 Minuten (oder 361 Minuten) ist "Asian Godfather: Die Gangs von Wasseypur" nicht gerade ein Leichtgewicht oder ien Film zum "mal eben so schauen". Anders als auch andere indische Produktionen rechnet man "Asian Godfather: Die Gangs von Wasseypur" zwar dem Bollywood-Film zu, jedoch verzichtet der Film auf Musicaleinlagen und einige andere typische Merkmale des südasiatischen Mainstreamkinos. Die Handlung deckt einen Zeitraum von etwa 70 Jahren ab, spielt in der Stadt Wasseypur, der sogenannten Kohlehauptstadt Indiens, gelegen im Bundesstaat Jharkand (Bihar), einer der ärmsten Regionen des südasiatischen Landes. Basierend auf den Biografien einiger lokaler Unterweltbosse und zwielichtiger Politiker sowie dem kriminellen Alltag in Wasseypur, entwickelte der von dort stammende Drehbuchautor und Darsteller Zeishan Quadri eine Geschichte um sich bekämpfende moslemische Mafiaclans im Dunstkreis von Gewerkschaften und Politik, die er zusammen mit Regisseur Anurag Kashyap und zwei weiteren Autoren zu einem Drehbuch erweiterte, das letzterer dann verfilmte. Herausgekommen ist einer der ehrgeizigsten Gangsterfilme, die je gedreht wurden, und möglicherweise auch einer der besten. Und ohne Umscheife kann man behaupten, dass "Asian Godfather: Die Gangs von Wasseypur" so gut ist, das Regisseur Anurag Kashyap für immer ein bedeutender Filmemacher sein wird - allein weil er diesen Film gemacht hat.Der Film beginnt mit einer knapp vierminütigen Einstellung, die auf einem Fernsehbildschirm mit einer Hindi-Soap-Opera beginnt und dann auf die Straße führt, wo schwer bewaffnete Banden wütend nach einem Mann suchen und jeden niederschießen, der sich ihnen in den Weg stellt. Als der Druck zu groß wird, gibt es einen Schnitt, und damit ein Ausatmen. Aber die Spannung lässt nicht nach. Der Film schreitet in den nächsten fünf Stunden unaufhaltsam voran. Und die Zeit benötigt der Streifen auch, denn es ist kaum eine andere Möglichkeit vorstellbar, eine Geschichte dieses Ausmaßes, die etwas über sieben Jahrzehnte des Lebens in der Stadt Wasseypur im Nordosten Indiens abdeckt und die Überschneidungen von organisiertem Verbrechen, Kapitalismus und bürgerlicher Regierung so detailliert untersucht, in kürzerer Zeit zu erzählen. Ganz zu schweigen von dem Ausmaß, in dem Kashyap die Vergeblichkeit von Rache über drei Generationen hinweg untersucht, was durch das schiere Ausmaß des Films noch tragischer wird. Nach der Eröffnungssequenz, die in der Gegenwart spielt, springt die Geschichte in das Jahr 1941 zurück. Mit Hilfe der Erzählung - gesprochen von einer Nebenfigur, die im Laufe der Jahre eine entscheidende Rolle in der Geschichte spielt - wird die Geschichte von Wasseypur dargelegt. Die Stadt ist ein wichtiges Zentrum für den Kohleabbau in der Region und wird zum Mittelpunkt einer Rivalität zwischen drei Parteien: dem Industriellen Ramadhir Singh, der nach der Unabhängigkeit Indiens von Großbritannien die Kontrolle über die Minen übernimmt; den Qureshi, die Wasseypur traditionell kontrollierten; und Shahid Khan, einem Bergarbeiter, der von den Qureshi wegen Zugüberfällen verbannt wurde, um dann unter falschem Vorwand nach Wasseypur zurückzukehren, um Singh die Minen zu stehlen. Das Geflecht aus ineinandergreifenden Konflikten und Loyalitäten, das mit dieser Dynamik beginnt, dauert bis ins 21. Jahrhundert an und hört zu keinem Zeitpunkt auf, zu faszinieren.In diesem komplexen Drama mit einem Mob
von Männern und unzähligen
Schattierungen ist das Wort, das man sich merken sollte,
Revenge. Und Rache wird hier am besten heiß serviert. Manoj Bajpai ist in
dieser vollbesetzten Rolle spektakulär. Er erweckt Sardar Khan zum
Leben, indem er seine Darstellung mit Teufelei, Grobheit und
Schimpfwörtern aufpeppt, während er sie mit komischen Momenten und einer
menschlichen Note gekonnt abrundet. In seinem Schauspieldebüt beherrscht Tigmanshu Dhulia
seine Rolle auf beeindruckende Weise. Die wahre
Entdeckung in diesem Film ist Richa Chaddha. Sie wirkt ziemlich explosiv. Reemma Sen, die
nur wenige Dialoge spricht, zeigt ihre Kurven und Verachtung mit
Leichtigkeit. Piyush Mishra, als Erzähler dieser Saga (und Sardar Khans Chachha), bleibt großmütig im Hintergrund, gibt
aber stillschweigend schockierende Schattierungen seiner Figur preis. Nawazuddin
Siddiqui hinterlässt als kiffender Sohn mit verschlagenem Verstand
selbst in einer kurzen Rolle einen soliden Eindruck. Regisseur Anurag
Kashyap erzählt die Geschichte in seinem typischen Stil - realistisch,
mit starken Charakteren, überdrehten Sequenzen und unverfälschtem
Lokalkolorit, grausamer
blutiger Gewalt und rauem Humor - und spinnt diese verdrehte Geschichte
interessant weiter.
8,5/10
Quellen:
Inhaltsangabe: Polyband
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen