Samstag, 28. Januar 2023

Gangs of वासेपुर - Gangs Of Wasseypur - Asian Godfather: Die Gangs von Wasseypur (2012)

https://www.imdb.com/title/tt1954470/

Teil 1: Im Wasseypur der 1940er Jahre gibt sich der afghanischstämmige Shahid Khan (Jaideep Ahlawat) als Sultana Daku aus, um die reich beladenen Züge der britischen Kolonialherren zu überfallen. Doch dies ist das Pseudonym von Gangsterboss Sharif Qureshi (Pramod Pathak), dem Anführer der mächtigen moslemischen Metzgerkaste des Ortes, dem das Verhalten des Emporkömmlings gar nicht passt und ihn daraufhin verbannt. Im Nachbardistrikt Dhanbad findet der Ausgestoßene Arbeit in den Kohleminen. Als seine Frau im Kindbett stirbt, hat er nur noch seinen kleinen Sohn. Nach der Unabhängigkeit Indiens im Jahr 1947 steigt er zum Schläger des jungen Industriellen Ramadhir Singh (Rajat Bhagat) auf, der sich einige Minen unter den Nagel gerissen hat. Als dieser jedoch seine Macht gefährdet sieht, lässt er Shahid Khan heimlich beseitigen und steigt danach durch mafiöse Methoden und Einflussnahme auf die Gewerkschaften zum mächtigsten Mann der Region auf. Shahids Sohn Sardar Khan (Manoj Bajpai) konnte sich dank seines Verwandten Nasir Khan (Piyush Mishra) einer Ermordung entziehen und wächst unter dessen Fittichen und unbeachtet vom ahnungslosen Singh zum Mann heran, der stets eine Glatze trägt und sich erst wieder Haare wachsen lassen will, wenn er den Mord an seinem Vater gerächt hat...

Das im Jahr 2012 erschienen indische Gangsterepos und Rachedrama macht sich bereits mit der Laufzeit einen Namen. Mit einer Laufzeit von 5 Stunden und 21 Minuten (oder 361 Minuten) ist "Asian Godfather: Die Gangs von Wasseypur" nicht gerade ein Leichtgewicht oder ien Film zum "mal eben so schauen". Anders als auch andere indische Produktionen rechnet man "Asian Godfather: Die Gangs von Wasseypur" zwar dem Bollywood-Film zu, jedoch verzichtet der Film auf Musicaleinlagen und einige andere typische Merkmale des südasiatischen Mainstreamkinos. Die Handlung deckt einen Zeitraum von etwa 70 Jahren ab, spielt in der Stadt Wasseypur, der sogenannten Kohlehauptstadt Indiens, gelegen im Bundesstaat Jharkand (Bihar), einer der ärmsten Regionen des südasiatischen Landes. Basierend auf den Biografien einiger lokaler Unterweltbosse und zwielichtiger Politiker sowie dem kriminellen Alltag in Wasseypur, entwickelte der von dort stammende Drehbuchautor und Darsteller Zeishan Quadri eine Geschichte um sich bekämpfende moslemische Mafiaclans im Dunstkreis von Gewerkschaften und Politik, die er zusammen mit Regisseur Anurag Kashyap und zwei weiteren Autoren zu einem Drehbuch erweiterte, das letzterer dann verfilmte. Herausgekommen ist einer der ehrgeizigsten Gangsterfilme, die je gedreht wurden, und möglicherweise auch einer der besten. Und ohne Umscheife kann man behaupten, dass "Asian Godfather: Die Gangs von Wasseypur" so gut ist, das Regisseur Anurag Kashyap für immer ein bedeutender Filmemacher sein wird - allein weil er diesen Film gemacht hat.

Der Film beginnt mit einer knapp vierminütigen Einstellung, die auf einem Fernsehbildschirm mit einer Hindi-Soap-Opera beginnt und dann auf die Straße führt, wo schwer bewaffnete Banden wütend nach einem Mann suchen und jeden niederschießen, der sich ihnen in den Weg stellt. Als der Druck zu groß wird, gibt es einen Schnitt, und damit ein Ausatmen. Aber die Spannung lässt nicht nach. Der Film schreitet in den nächsten fünf Stunden unaufhaltsam voran. Und die Zeit benötigt der Streifen auch, denn es ist kaum eine andere Möglichkeit vorstellbar, eine Geschichte dieses Ausmaßes, die etwas über sieben Jahrzehnte des Lebens in der Stadt Wasseypur im Nordosten Indiens abdeckt und die Überschneidungen von organisiertem Verbrechen, Kapitalismus und bürgerlicher Regierung so detailliert untersucht, in kürzerer Zeit zu erzählen. Ganz zu schweigen von dem Ausmaß, in dem Kashyap die Vergeblichkeit von Rache über drei Generationen hinweg untersucht, was durch das schiere Ausmaß des Films noch tragischer wird. Nach der Eröffnungssequenz, die in der Gegenwart spielt, springt die Geschichte in das Jahr 1941 zurück. Mit Hilfe der Erzählung - gesprochen von einer Nebenfigur, die im Laufe der Jahre eine entscheidende Rolle in der Geschichte spielt - wird die Geschichte von Wasseypur dargelegt. Die Stadt ist ein wichtiges Zentrum für den Kohleabbau in der Region und wird zum Mittelpunkt einer Rivalität zwischen drei Parteien: dem Industriellen Ramadhir Singh, der nach der Unabhängigkeit Indiens von Großbritannien die Kontrolle über die Minen übernimmt; den Qureshi, die Wasseypur traditionell kontrollierten; und Shahid Khan, einem Bergarbeiter, der von den Qureshi wegen Zugüberfällen verbannt wurde, um dann unter falschem Vorwand nach Wasseypur zurückzukehren, um Singh die Minen zu stehlen. Das Geflecht aus ineinandergreifenden Konflikten und Loyalitäten, das mit dieser Dynamik beginnt, dauert bis ins 21. Jahrhundert an und hört zu keinem Zeitpunkt auf, zu faszinieren.

In diesem komplexen Drama mit einem Mob von Männern und unzähligen Schattierungen ist das Wort, das man sich merken sollte, Revenge. Und Rache wird hier am besten heiß serviert. Manoj Bajpai ist in dieser vollbesetzten Rolle spektakulär. Er erweckt Sardar Khan zum Leben, indem er seine Darstellung mit Teufelei, Grobheit und Schimpfwörtern aufpeppt, während er sie mit komischen Momenten und einer menschlichen Note gekonnt abrundet. In seinem Schauspieldebüt beherrscht Tigmanshu Dhulia seine Rolle auf beeindruckende Weise. Die wahre Entdeckung in diesem Film ist Richa Chaddha. Sie wirkt ziemlich explosiv. Reemma Sen, die nur wenige Dialoge spricht, zeigt ihre Kurven und Verachtung mit Leichtigkeit. Piyush Mishra, als Erzähler dieser Saga (und Sardar Khans Chachha), bleibt großmütig im Hintergrund, gibt aber stillschweigend schockierende Schattierungen seiner Figur preis. Nawazuddin Siddiqui hinterlässt als kiffender Sohn mit verschlagenem Verstand selbst in einer kurzen Rolle einen soliden Eindruck. Regisseur Anurag Kashyap erzählt die Geschichte in seinem typischen Stil - realistisch, mit starken Charakteren, überdrehten Sequenzen und unverfälschtem Lokalkolorit, grausamer blutiger Gewalt und rauem Humor - und spinnt diese verdrehte Geschichte interessant weiter. 

Teil 2: In Wasseypur, das zunehmend von mit Geld um sich werfenden, zwielichtigen Interessengruppen beherrscht wird, geben nun die Söhne des zuvor zum gefürchtetsten Gangster der Region emporgestiegenen Sardar Khan den Ton an, immer in ihrer Macht bedroht und angefeindet von den Qureshis und den zum Lokalpolitiker aufgestiegenen Ramadhir Singh (Tigmanshu Dhulia). Auch die einst vom Vater geschworene Rache wurde noch nicht in die Tat umgesetzt. Der älteste Sohn Danish (Vineet Singh), der gegen den Willen der Clane Shama Parveen (Anurita Jha), die Schwester des Erzfeindes Sultan Qureshi (Pankaj Tripathi), geheiratet hat, wird jedoch im Zuge der Machtkämpfe getötet und kann seiner Bestimmung nicht folgen, weshalb das Zepter der Macht nun in den Händen des zweitältesten Sohns Faizal (Nawazuddin Siddiqui) liegt, der aber ein sehr sprunghafter und unzufriedener, mit seinem Los hadernder Mann ist. Sein übermäßiger Drogenkonsum scheint ihm zunehmend den Verstand zu vernebeln. Unterstützt vom Geschäftsmann Shamshad Alam (Raj Kumar Yadav) schafft er es trotzdem, in den 1990er Jahren ein weitverzweigtes Gangstersyndikat mit vielfältigen wirtschaftlichen Beziehungen aufzubauen...

Der Schlüssel dazu ist die Art und Weise, wie Kashyap seine Gesamtgeschichte aus der Ansammlung kleinerer Geschichten aufbaut. Aus fast jeder Figur, die im Laufe des Films auftaucht, lässt sich ein ganzes Leben extrapolieren, und mehrere von ihnen könnten problemlos ganze Filme haben, in denen ihre Geschichte im Mittelpunkt steht. Dennoch gibt es zu keinem Zeitpunkt ein Problem des diffusen Fokus oder der fehlenden Bedeutung. Die Darbietungen sind durchweg großartig, wobei der Matriarchin der Familie Khan, Richa Chaddha, und ihrem zweiten Sohn (und Star des zweiten Teils des Films), gespielt von Nawazuddin Siddiqui, dessen Arbeit und Charakterbogen in "Asian Godfather: Die Gangs von Wasseypur" keine Superlative kennt, besondere Anerkennung gebührt. Alles ist genau so, wie es sein sollte, was die Geschichte angeht, und das Ganze ist eine erstaunliche Leistung, die es wert ist, neben Coppolas ersten beiden "Paten"-Filmen oder Leones "Es war einmal in Amerika" diskutiert zu werden.

Filmisch scheint Kashyap auf den ersten Blick bescheidener zu sein, er dreht weitgehend naturalistisch, aber die Action ist immer tadellos und auf den Punkt, besonders in den längeren Einstellungen innerhalb der Actionsequenzen. Während Anspielungen auf andere Filme (Eli Wallachs "Zwei glorreiche Halunken" wird angedeutet, ebenso wie zahllose Anspielungen auf mehrere Generationen von Bollywood-Filmen und -Helden), finden sich fast ausschließlich im Dialog, Es gibt eine bemerkenswerte Abweichung ganz am Ende des Films, mit zwei extrem künstlich gefilmten Todesfällen, als wolle man darauf hinweisen, dass Geschichten dieser Art nur durch die Kunstgriffe des Kinos enden. Im Leben geht es immer weiter, ein Punkt, den Kashyap mit seiner Kamera subtil andeutet. Kurzum: Jedes Gespräch über Gangsterfilme in der Zukunft muss "Asian Godfather: Die Gangs von Wasseypur" erwähnen, sonst ist es unvollständig. In einer Zeit, in der das Wort "episch" durch übermäßigen Gebrauch abgewertet wurde, erinnert dieser Film daran, was dieser Begriff wirklich bedeutet. Es ist Anurag Kashyaps Visitenkarte in der Halle der Legenden. Es ist ein gewalttätiges, erschreckend intensives Kunstwerk (das nichtsdestotrotz, oder vielleicht sogar zwangsläufig, an einigen Stellen ziemlich lustig ist), von beeindruckendem Ausmaß und dennoch eines, das angehende Regisseure nicht davon abhalten sollte, eine Kamera in die Hand zu nehmen, weil sie denken, dass es schwer zu übertreffen ist.

8,5/10

Quellen:
Inhaltsangabe: Polyband

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