Freitag, 9. September 2022

Pinocchio (2022)

https://www.imdb.com/title/tt4593060/

Der Spielzeugmacher Geppetto (Tom Hanks) wünscht sich nichts sehnlicher als einen Sohn. Also schnitzt er eine menschenähnliche Holzpuppe und wünscht sich, dass aus ihr ein "echter Junge" wird. Tatsächlich erscheint in der Nacht eine blaue Fee (Sheila Atim) und haucht dem Holzbuben Leben ein. Geppetto kann sein Glück kaum fassen - er tauft die beseelte Marionette auf den Namen Pinocchio (Stimme im Original: Benjamin Evan Ainsworth). Der Tischler kümmert sich fortan rührend um seinen neuen Sohn und schickt ihn sogar in die Schule - ganz wie einen "echten Jungen". Doch Pinocchio möchte Abenteuer erleben und die Welt entdecken. Als ihn ein Fuchs und ein Kater beschwatzen und ihm vom weltberühmten Marionetten-Theater des legendären Puppenspielers Stromboli (Giuseppe Battiston) erzählen, bei dem er als Star groß rauskommen könnte, ist der gutherzige und naive Holzjunge Feuer und Flamme. Gemeinsam mit seinem Heuschrecken-Begleiter Jiminy (Joseph Gordon-Levitt) macht sich Pinocchio schnurstracks auf den Weg zum großen Stromboli, nicht ahnend, dass er sich geradewegs in die Höhle des Löwen begibt... 

Von "Falsches Spiel mit Roger Rabbit" über "Der Polarexpress" oder "Die Legende von Beowulf" und darüber hinaus hat Regisseur Robert Zemeckis einen Großteil seiner Karriere im Grenzbereich zwischen Live-Action-Kino und Animation verbracht. Dieses Muster setzt sich auch in seiner neuen Version von "Pinocchio" fort, einer Disney-Produktion, die sich visuell und tonal an den klassischen Zeichentrickfilm von 1940 anlehnt, mit einem kleinen Ensemble an Schauspielern - angeführt von dem stets großartigen Tom Hanks in der Rolle des freundlichen Tischlers Geppetto -, die ein weitgehend digitales Fantasieland bewohnen.

Der Pinocchio des Films, der im Original von Newcomer Benjamin Evan Ainsworth gesprochen wird, ist auf seine Weise ungelenk, wie jede andere Inkarnation der Figur, eine Puppe, die menschliche Gefühle hat, aber kein "echter Junge" ist. Zemeckis und sein Co-Drehbuchautor Chris Weitz fügen ein im Vergleich zur bekannten Story paar eigene Handlungsstränge hinzu und lassen andere weg, aber im Großen und Ganzen verläuft die moralische Erziehung ihres Helden nach den erwarteten Mustern. Der von Geppetto liebevoll gestaltete und von der "Blauen Fee" (Cynthia Erivo) zum Leben erweckte Pinocchio macht sich auf, die Welt zu entdecken, wobei ihm der freundliche Jiminy Cricket (im Original gesprochen von Joseph Gordon-Levitt) als Gewissen und Führer zur Seite steht. Auf Schritt und Tritt versuchen Bösewichte, Pinocchio mit Vergnügungs- oder Ruhmesangeboten vom Pfad der Tugend abzubringen (nach Tim Burtons von den Kritikern stark unterbewertetem "Dumbo" ist dies ein weiteres Disney-Remake mit einem überraschend bissigen Blick auf das Showbusiness im Allgemeinen).

Die verbalen Scherze für Erwachsene regen hingegen kaum zum Schmunzeln an, und auch visuell bleibt Zemeckis den Zuschauern Erwartung schuldig, bewegt sich jedoch geschmeidig durch eine stilisierte Welt. Nach "Welcome To Marwen" (und "The Witches") ist dies sein dritter Film in Folge, der geschickt auf Größenkontrasten aufbaut, mit einer Hauptfigur, die körperlich kleiner ist als das Leben. Es gibt bizarre, flüchtige Details, wie die Uhren in Geppettos Haus (statt eines Kuckucks zeigt eine von ihnen ein Kind, das zur vollen Stunde den Hintern versohlt bekommt). Pinocchios Aufenthalt auf der Vergnügungsinsel, einem Jahrmarkt, der gebaut wurde, um kleine Jungen dazu zu verleiten, ihren zerstörerischen Impulsen freien Lauf zu lassen, ist sogar etwas gruselig. Gruselig ist auch die Animation, die besonders in der Interaktion von Mensch und CGI an vielen Stellen sichtbar wird. Es bleibt seltsam, warum nach den den grandiosen und visuell atemberaubenden Live-Action-Remakes "König der Löwen" oder "Das Dschungelbuch" die gesamte Animation hier so dermaßen billig, deplatziert und hölzern wirkt.

Ein Gradmesser für die Seltsamkeit dieses "Pinocchio" ist auch, dass man sich am Ende nicht sicher sein kann, ob sein antiklimatisches Ende ein Zeichen künstlerischer Integrität oder eine Budgetkürzung in letzter Minute war. Man ist deutlich weniger geneigt, Hanks den Vorteil des Zweifels zuzugestehen, der eine buschige weiße Perücke und einen passenden Schnurrbart trägt, als würde er Einstein spielen - und der ordnungsgemäß glucksend und keuchend herumstapft. Als Star aus Fleisch und Blut ist es vermutlich seine Aufgabe, einem kalten Film etwas menschliche Wärme zu verleihen. Trotzdem fehlt am Ende das gewisse Etwas und ein "Egal"-Gefühl stellt sich ein - auch wenn der Film adäquat unterhält und man als Zuschaur dieses Live-Action-Remake durchaus ansehen kann.

5/10

Quellen:
Inhaltsangabe:
 Disney+

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