Sonntag, 25. September 2022

Blood Diamond (2006)

https://www.imdb.com/title/tt0450259/

Sierra Leone, 1990, Bürgerkrieg: Die bisher völlig verschieden verlaufenen Wege des Diamantenschmugglers Danny Archer (Leonardo DiCaprio) und des armen Fischers Solomon Vandy (Djimon Hounsou) kreuzen sich. Gemeinsam machen sie Jagd auf einen speziellen Diamanten, der ihr ganzes Leben verändern könnte. Für Archer ist er die Möglichkeit das Elend des Krieges hinter sich zu lassen. Vandy könnte er seinen Sohn, der als Kindersoldat im Krieg eingesetzt wird, zurückbringen. Doch sie sind nicht die Einzigen, die den Diamanten suchen. Nicht nur die Rebellen, auch die Spezialeinheit des Oberst (Arnold Vosloo), unter dem Danny einst als Söldner für die süd-afrikanische Armee diente, macht den beiden die Diamantenjagd unnötig schwer. Eine glückliche Fügung also, dass die idealistische amerikanische Journalistin Maddy Bowen (Jennifer Connelly) ihre bitter benötigte Hilfe im Tausch gegen eine exklusive Story über die illegalen Verwicklungen im internationalen Diamantenschmuggel einzutauschen bereit ist...

Edward Zwicks "Blood Diamond" ist ein bildgewaltiges und hervorragend gespieltes Abenteuer und erzählt von einem sehr düsteren Kapitel Sierra Leones: dem illegalen Handel mit sogenannten Konfliktdiamanten, deren Verkaufserlös den Bürgerkrieg über Jahre mitfinanzierte. Ein in der westlichen Welt und Grossteil der Zielgruppe des Films wohl eher unbekanntes Thema, welches durch den Film mit Nachdruck, um nicht zu sagen mit dem Vorschlaghammer, bekannt gemacht wird. Zwick zeigt mit schonungsloser Härte und Brutalität das grausame Vorgehen der RUF (Revolutionary United Front, Rebellenarmee in Sierra Leone) gegenüber der Zivilbevölkerung. Kindern werden Arme abgehackt und sie werden unter Zuhilfenahme von Drogen, zu willen- und seelenlosen Killermaschinen gedrillt. Gezeigt wird dies zwar etwas gar Klischee beladen und mitunter nahe am Voyeurismus, aber immerhin hat Zwick den Mut, nicht wegzuschauen und den Zuschauer mit einer unbequemen Wahrheit zu konfrontieren.

Problematisch ist allerdings, dass nur Gewalt von Seiten der RUF gezeigt wird und die Rebellen als diabolische Schlachter dargestellt werden. Es entsteht dabei ein stark vereinfachtes und falsches Bild einer der Fraktionen im Bürgerkrieg, das der Thematik nicht wirklich gerecht wird. Ohne Frage wurden die gezeigten Praktiken vollzogen und Gräueltaten sind in grossen Zahlen belegt. Doch auch die Militärs und die Regierung sind genauso an diesem Bürgerkrieg beteiligt gewesen und dürften auch die eine oder andere Schuld auf sich geladen haben. "Blood Diamond" zeigt hier nur eine Seite, und zwar die hässlichste. Dies ist zweifelsohne schockierend, aber dem Thema wird der Film damit nicht gerecht. Selbiges gilt auch für die Titel gebende Problematik der Blutdiamanten, die der Film nur mit sehr grober Federführung nach zu zeichnen weiss. Auch hier sind die Rollen klar verteilt und an der Konstellation wird nicht gerüttelt.

Ist der Hintergrund des Bürgerkriegs und des Diamantenhandels also nur ein Vehikel für einen Hollywood Actionreisser? "Blood Diamond" ist zweifelsohne sehr Actionreich und geizt nicht mit spektakulären Momenten, die den Tod von vielen Afrikanern beinhalten. Sei es nun mitten im Kampfgetümmel in einer Grossstadt oder zum Schluss während dem Showdown in der Diamantenmine. Dabei fiebert man ständig mit den Protagonisten mit, ungeachtet der vielen Unschuldigen, die ihr Leben im Bürgerkrieg oder Kugelhagel der Söldner lassen. Der politische Hintergrund geht dabei sehr schnell vergessen und man kann dies durchaus Edward Zwick vorwerfen. Dass "Blood Diamond" aber nicht einfach zum zynischen Kracher abgestempelt werden kann, ist der Hauptfigur Danny Archer zu verdanken. Selten sieht man eine solch ambivalente Figur in einem Hollywoodfilm agieren und noch seltener handelt es sich dabei um den Helden. Danny Archer ist ein Antiheld, den man nicht wirklich mögen kann. Er ist arrogant, selbstsüchtig und nur auf den eigenen Nutzen bedacht. Er benutzt Solomons traurige Situation für die eigene Flucht aus Afrika, die dank dem letzten Verkauf des grossen Diamanten ermöglicht werden soll. Archer kann durchaus als Parabel auf und Symbol für den Umgang der weissen Elite mit der afrikanischen Mehrheit gedeutet werden. Ein zynischer und beissender Kommentar zur Ausbeutung der afrikanischen Welt auf Kosten ihrer Bevölkerung entfaltet an einem Blutdiamanten.

Umso negativer fällt die Zeichnung der zweiten Hauptfigur, Solomon, auf. Er ist zwar nie unsympathisch, aber im Vergleich zu Archer sehr stereotyp und wird nicht selten etwas unwissend, um nicht zu sagen dumm, dargestellt. Immer wieder handelt er unüberlegt und überhastet, die Situation wird meistens durch den Antihelden entschärft. Dafür, dass Zwick mit dem Film den Opfern eine Stimme geben wollte, ist dies reichlich paradox. Die völlig unlogische und reichlich kitschige Schlusssituation kann hier auch nicht entschädigen und bestätigt die Kritik an der Figurenzeichnung Solomons zusätzlich. Zwar wird ihm von den Weissen Respekt gezollt, aber eine Stimme bekommt er im Film nicht. Es ist die Reporterin, die die Weissen informiert, nicht der betroffene Afrikaner. Maddy Bowen ist ähnlich wie Danny Archer ziemlich vielseitig ausgestaltet worden. Sie handelt grösstenteils idealistisch, verdient ihr Geld aber auch dank des Bürgerkriegs, und in Bezug auf die Haupthandlung auch dank des Schicksals von Solomon und seiner Familie. Auch Maddy kann als Sinnbild für die Haltung des Westens und der westlichen Medien gegenüber diverser Afrika bezogener Problematiken gedeutet werden und ist damit wieder eine viel interessantere Figur als Solomon.

Dramaturgisch und formal kann man den Film aber kaum kritisieren. Die Protagonisten hasten von Schauplatz zu Schauplatz, wunderschöne Landschaftstableaus wechseln sich mit grossartig gefilmten Actionszenen ab. Die Geschichte um Solomon und seiner Suche nach der Familie, der hoch emotionale Moment des Wiedersehens mit dem entfremdeten Sohn und der versöhnliche, wenn auch erwartbare, Schluss, entschädigen über so manchen Mangel an Differenzierungsvermögen. Trotz der klaren Kritikpunkte ist "Blood Diamond" also durchaus sehenswert und ein guter Film. Er ist unterhaltsam, durchs Band hervorragend gespielt (allen voran ein phänomenaler DiCaprio) und schafft es nicht zuletzt, einem breiten Publikum eine äusserst traurige Problematik näher zu bringen. Dass dies so grobschlächtig und reisserisch geschehen muss, ist einerseits problematisch, andererseits aber auch die logische Konsequenz einer Hollywood-Produktion mit dem Ziel, möglichst viel Geld zu generieren. Immerhin kann nun niemand mehr sagen, er hätte von Nichts gewusst, wenn er das nächste Mal einen Diamanten kauft.

8,5/10

Quellen
Inhaltsangabe: Warner Bros.

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