Dienstag, 20. September 2022

Nur eine Frau (2019)

https://www.imdb.com/title/tt9248340/

Aynur (Almila Bagriacik) will nichts ahnend ihren Bruder Nuri (Rauand Taleb) zur Bushaltestelle bringen, als das schier Unglaubliche geschieht: Auf offener Straße wird Aynur von ihrem Bruder erschossen. Nur wenige hundert Meter von der Haltestelle entfernt, liegt ihr fünfjähriger Sohn im Bett und schläft. Doch wie konnte es zu dieser schrecklichen Tat kommen? Aynur erzählt in diesem Film von ihrem bewegten Leben. Sie ist jung, selbstbewusst und liebt das Leben. Sie möchte der Gewalt in ihrer Ehe entfliehen und will sich auch nicht von ihren Eltern oder Brüdern sagen lassen, was sie nun zu tun hat. Kurzerhand sucht sie sich mit ihrem Sohn eine neue Wohnung, macht eine Ausbildung und geht mit ihren Freundinnen aus. Dabei bleibt es natürlich nicht aus, dass sie dort neue Freunde und auch Männer kennenlernt. Aynur ist sich bewusst, dass sie mit ihrem neuen Leben, gegen die geltenden Traditionen ihrer Familie verstößt und sich damit auch in Gefahr bringt. Doch ihr Wunsch nach Freiheit ist größer. Die Drohungen und Beleidigungen ihrer Brüder werden zunehmend ernster, bis für Aynur eines Tages alles zu spät ist...

Wieder einer dieser Filme die man sicher nicht so schnell aus dem Kopf bekommt. Die deutsche Filmbiographie handelt vom Leben der deutsch-kurdischen Berlinerin Hatun Sürücü, die einem sogenannten Ehrenmord durch einen ihrer Brüder zum Opfer fällt. "Nur eine Frau" ist ein Film, der unter die Haut geht, aufwühlt, wütend und gleichzeitig traurig macht. Dabei ist der Titel selbst clever gewählt. Es geht hier eben nicht nur um die Geringschätzung von Frauen in einer patriarchalisch-archaischen Struktur, sondern auch darum, dass eben dises gezeigte dieses Schicksal vielen anderen Frauen wiederfuhr und immer noch wiederfährt. Der von Sandra Maischberger produzierte Spielfilm will aber viel mehr: er will erschüttern, aurütteln, laut schreien. Allerdings ist es auch nicht verwunderlich, wenn Menschen mit einem archaischen und restriktiven Religionsverständnis auf eine westliche Welt treffen, die sich im Laufe des letzten Jahrhunderts fast vollständig von der Religion emanzipiert hat. Damit ist der Prediger in der Moschee mindestens genauso schuldig wie der Täter selbst. 

"Nur eine Frau" beschreitet denselben dramaturgischen Pfad, den schon "American Beauty" und andere gingen: der Film startet mit einem Mord und behandelt anschließend den Weg dorthin, und das auf eine sehr eindrucksvolle Weise. Regisseurin Sherry Hormann, die auch schon "Wüstenblume" und "3096 Tage" inszeniert hat, beweist erneut, dass der deutsche Film in der Lage ist, Perlen hervorzubringen. Es ist wichtig, gesellschaftlich relevante Themen auch gekonnt zu verpacken, damit der gewünschte Effekt erreicht wird - das hier ist ein Beispiel dafür, wie es erfolgreich funktionieren kann. Die Darsteller sind allesamt fähig und wirken stets authentisch, das Drehbuch wird trotz seiner Realitätsnähe zu keinem Zeitpunkt langweilig. Stark gespielt von Almila Bagriacik. Wer gehaltvolle Sozialdramen mag, sollte sich "Nur eine Frau" wirklich anschauen. Filmisch interessanter und tiefgreifend-eindringlicher Film.

8,5/10

Quellen
Inhaltsangabe: EuroVideo

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