Der CIA-Agent Court Gentry (Ryan Gosling) aka Sierra Six ist schon zu Lebzeiten eine Legende - bekannt für sein lautloses und vor allem treffsicheres Töten. Kein Job geht ihm durch Lappen, keine Zielperson überlebt seine Attentate. Als Six jedoch in den Besitz von sensiblen Informationen kommt, die einige seiner Vorgesetzten belasten, sieht sich der kaltblütige Auftragskiller plötzlich selbst als der Gejagte. Vor allem sein ehemaliger Kollege Lloyd Hansen (Chris Evans) hat es auf Six abgesehen und leitet die Fahndung. Bald schon deckt der Profimörder eine große Verschwörung auf und muss, um das Leben seines Auftraggebers und dessen Familie zu verteidigen, vor den eigenen Leuten quer durch Europa fliehen...
Ein Actionthriller muss nicht zwingend kompliziert sein oder viel Wert
auf die Handlung legen, solange er rasant inszeniert ist und der
Unterhaltungsfaktor stimmt. Insofern macht "The Gray Man" von den Russo-Brüdern alles richtig, wenn er da einfach einen it geheimen Informationen bestückten USB-Stick in den Ring wirft, der
zu einer Hetzjagd um die halbe Welt führt und von einem Netz aus Lügen
und Intrigen begleitet wird. Die Dinge einfach zu halten, ist in dem
Genre auch mal absolut vertretbar.
Die Figuren stammen allesamt aus dem Sammelalbum für Actionfilme. Der lässige, wortkarge (Anti-) Held, der diabolisch überzeichnete Gegenspieler, der erfahrene Mentor, das arrogante Emporkömmling-Arschloch in der Chefetage und natürlich die extrem toughe Agentin, die es locker mit der Männerwelt aufnehmen kann. Alle da, alle etwas farblos, aber alle auch gut besetzt. Ryan Gosling fühlt sich ohnehin wohl, wenn er nicht reden muss und die stets wunderbare Ana de Armas war schon in "James Bond: Keine Zeit zu sterben" eine der Highlights und setzt hier noch einen drauf. Selbst Chris Evans fühlt sich in seiner Rolle als diabloscher Fiesling sichtlich wohl, wobei man die Fragen stelle darf, was ihn zum Schnauzbart bewegt hat, der ihm irgendwie ein fremdes Gesicht gibt. Aber gut, seis drum. Doch Netflix wäre natürlich nicht Netflix, wenn es nicht an manchen Stellen mal dazwischen grätschen würde: So wird der Kampf der beiden Alphamännchen am Ende selbstverständlich von einer Frau beendet, weil alles andere ja nicht mehr zeitgemäß wäre. So gestelzter Quatsch müsste wirklich nicht sein, aber über Logik muss man in "The Gray Man" natürlich ohnehin nicht sprechen.
Seit ein paar Jahren schon darf man sich als Zuschauer und Fan über jeden aufwendigen, geradlinigen Actionfilm mit
wenigstens etwas höherem Härtegrad, denn wirklich viel kommt von der
Front nicht mehr, freuen. Dementsprechend darf man bei "The Gray Man" auch gnädig sein und über die zahllosen Verfehlungen, sichtbare CGI, Schablonen-Charaktere und wenn es manchmal inhaltlich
etwas hakt, hinwegsehen. Ein paar Abzüge gibt es bei "The Gray Man" halt leider auch
optisch, weil die Russos noch etwas zu sehr in ihrem MARVEL-Fahrwasser
schwimmen, was für so einen Film nicht so recht passen mag. Man stellt sich unwillkürlich die Frage, was Leute wie Chad Stahelski, Pierre Morel, Michael Bay oder Antoine
Fuqua aus dem Stoff gemacht hätten. Trotzdem: für diesen unterhaltsamen Actioner, der wunderbar über 2 Stunden erhält... passt es irgendwo.
8/10
Inhaltsangabe: Netflix
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