Adèle (Adèle Exarchopoulos) geht noch zur Schule, als sie feststellt, dass sie sich zu Frauen hingezogen fühlt. Nachdem sie ihre ersten sexuellen Erfahrungen mit einem Mann gemacht hat, ohne dabei große Erfüllung zu verspüren, verliebt sich die 17-Jährige in die ältere Kunststudentin Emma (Léa Seydoux), die sie mit ihrem außergewöhnlichen Aussehen und ihrer bildungsbürgerlichen Attitüde beeindruckt. Die beiden Frauen lassen sich auf eine Affäre ein, aus der eine Beziehung entsteht. Nach ihrem Schulabschluss beginnt Adèle eine Ausbildung zur Pädagogin und ist ihrer Freundin völlig verfallen. Emma macht Adèle zu ihrer Muse und stellt sie ihrem erlesenen Freundeskreis vor, in dem Adèle zwar positiv aufgenommen wird, sich jedoch in der ungewohnten Umgebung nicht völlig wohlfühlt. Als Emma einige Zeit mit ihrer Ex-Freundin Lise (Mona Walravens) verbringt, reagiert Adèle sehr eifersüchtig und wirft sich dem nächstbesten Mann in die Arme...
"Blau ist eine warme Farbe" ist ein Film, der den Zuschauer zutiefst berühren kann. Es geht um eine Liebe, die sowohl Feuer und Lust in sich trägt, aber auch Unbehagen bereitet. Der Zuschauer muss sich auf viel ruhige atmosphärische Szenen einstellen, die der reinen sinnlichen Atmosphäre und den beiden fantastischen Hauptdarstellerinnen dienen sollen. Wer also mit einer ruhigen Erzählweise und vielen natürlichen, beinahe schon banalen Dialogen nichts anfangen kann sollte lieber die Finger von diesem Werk lassen.
Allein die Handlung macht einen ausgesprochen natürlichen und
realistischen Eindruck. Die Charaktere werden ruhig und mit viel Zeit
porträtiert und wachsen dem Zuschauer ans Herz, sodass man glaubt die
gezeichneten Figuren zu kennen. Man merkt dem Skript an, dass
es hier nicht darum ging einen Film über Homosexualität und dessen
Probleme im Speziellen zu machen. Vielmehr geht es um eine Liebe, die
in der Gesellschaft von heute gewisse Probleme mit sich bringt. So etwa, dass man sich vor seinen
Eltern ein wenig für seine/n Partner/Partnerin schämt, oder das
Gefühl in der Welt des anderen doch etwas zu deplatziert zu sein und
sich dort nicht richtig einfinden zu können. Es geht auch um
unterschiedliche Vorstellungen von Zukunftsplänen und Familienwünschen
und darum, etwas aus seinem Leben zu machen. Unsicherheiten werden ebenso
gezeigt, wie sexuelle Leidenschaften und einzigartige Neigungen, die
beide an sich entdecken und intime Geheimnisse über den anderen
erkunden. Die Akzeptanz oder auch Nichtakzeptanz der eigenen Freunde
bezüglich eines neuen unerwarteten Lebensstil, den man seiner Liebe
wegen annimmt, kann genauso wie die anderen genannten Themen in jeder
Beziehung aufkommen und ist allgemeingültig. Durch die Thematisierung
einer lesbischen Beziehung werden die Konflikte lediglich verdeutlicht
und ein bisschen auf die Spitze getrieben, aber immer in einem Maße,
dass der Zuschauer jederzeit mitfühlen kann. "Blau ist eine warme Farbe" porträtiert eine Beziehung
so intensiv, wie man es selten bei einem Film erlebt hat und gibt dabei
einen tiefen Einblick in das Privatleben dieser beiden Frauen.
Tatsächlich fühlt sich der Zuschauer ebenso unwohl wie eine der Protagonistinnen, weil die
intensiven, intimen Szenen fast schon zu stark bewegen - und besonders die
Szenen, in denen sich eine der beiden Charaktere unwohl fühlt. Daher wirkt die Natürlichkeit manchmal einen kleinen Tick zu viel
des Guten und man kann sich fragen, wofür diese Szene jetzt nötig war
und ob man nicht einige Szenen, die ihren Alltag betreffen, hätte
weglassen, oder kürzen können. Zumal man hier von einem Film mit einer Laufzeit von 172 Minuten spricht.
Zusammenfassend ist "Blau ist eine warme Farbe" ein sehr bewegender Film, der einen auch
nach der Sichtung nicht so leicht loslassen will. Man muss sich auf
ruhige und sinnliche Einstellungen gefasst machen, doch lässt man sich
darauf ein, kann man sicherlich einen der gefühlvollsten Filme der
letzten 10 Jahre, wenn nicht gar überhaupt, genießen. Auch wenn ein
wenig Sitzfleisch gefordert ist, so ist der Streifen nie langweilig, sondern vermittelt mehr und mehr das Gefühl, alles realistisch
mitzuerleben. Für alle Fans von ruhigem, bewegendem Arthaus-Kino eine
uneingeschränkte Empfehlung und zu Recht der große Gewinner in Cannes 2013.
9/10
Inhaltsangabe: Wild Bunch
Textauszüge: Wikipedia
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