Wiebke (Nina Hoss) betreibt nicht nur einen eigenen Reiterhof, auf dem unter anderem Polizeipferde trainiert werden, sondern adoptierte mit Nicolina (Adelia-Constance Ocleppo) auch schon einmal ein osteuropäisches Mädchen – mit Erfolg. Ihr neuer Schützling, die fünfjährige Raya (Katerina Lipovska), macht es ihr da nicht ganz so einfach. Sie beschmiert das Bad mit Fäkalien, spießt tote Tiere auf und zwingt schwächere Kinder zu "Doktorspielen". Und während selbst die Neurologen glauben, dass eine Besserung nur noch in einer spezialisierten Einrichtung erfolgen kann, will Wiebke nicht aufgeben – und greift zu immer extremeren Methoden.
Die Geschichte um eine Polizei-Pferdetrainerin, die sich aus Bulgarien eine zweite Adoptivtochter holt, um dann festzustellen, das diese (um es milde auszudrücken) eine extreme Verhaltens- bzw. Empathiestörungen hat, ist zunächst eine Studie über eine Frau, die wilde Kinder wie ihre Pferde zur Domestizierung ausbildet, mit idealistischer, unbegrenzter, fast viehischer Mutterliebe. Dieser sture und scheuklappenähnliche Wille und die daraus entstehenden Probleme in ihrem Umfeld mit Adoptivtochter Nicolina, ihrem neu kennengelernten Freund Benedict und dem aufs Spiel stehenden Job/Existenz lässt einem als Zuschauer mehr als einmal an ihrer Zurechnungsfähigkeit zweifeln. "Pelikanblut" zeichnet ein unbehagliches Psychogramm über ebenso kompensatorische wie kompromisslose Liebe, das an die Grenzen des Erträglichen geht. Hier durchlebt man eine lange, filmische Tortur wenn man den Albtraumweg, den Nina Hoss gehen muss, miterlebt. Sie gibt die starke und glaubwürdige Frau Wiebke ab, die das Gute will, aber rat- und hilflos mitansehen muss, wie ihr kleines Mädchen stetig immer schlimmere Dinge tut. Dieses sehr intensive, atmosphärisch dichte Drama wird die ganze Zeit scheinheilig in schönen, sonnendurchfluteten Bildern gezeigt, nur um hintergründig immer fieser und perfider zu werden. Der Film kippt daher zum Ende hin in ein anderes Genre, welches man so wohl nicht erwartet hätte - aber das macht es nicht schlechter. Im Gegenteil. "Pelikanblut" ist ein im positiven Sinne unangenehmer Film mit richtig guten Schauspielern. Eine klare Empfehlung ist dennoch schwierig, am ehesten kommen wohl Freunde des ruhigen Charakterfilms auf ihre Kosten.
7,5/10
Quellen:
Inhaltsangabe: Leonine
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