Montag, 17. April 2023

Curiosa - Curiosa: Die Kunst der Verführung (2019)

https://www.imdb.com/title/tt7598076/

Marie de Heredia (Noémie Merlant) wohnt im sagenumwobenen Paris am Ende des 19. Jahrhunderts und führt mit zwei sehr unterschiedlichen Männern eine Beziehung: Einerseits dem künstlerisch talentierten Pierre (Niels Schneider) und dann dem wohlbetuchten Henri (Benjamin Lavernhe), die beide stark für sie schwärmen. Sie bevorzugt Pierre, sehnt sich allerdings auch nach Sicherheit in ihrem Leben und heiratet schließlich mit Blick auf ihre Zukunft den reichen Henri. Pierre ist außer sich und verlässt Paris in Richtung Nordafrika. In Algerien lernt er die begeisterte Fotografin Zohra (Camélia Jordana) kennen und lieben. Doch als er mit ihr schließlich nach Paris zurückkehrt, sieht er auch Marie wieder - und beginnt eine heimliche Affäre mit ihr. 

"Curiosa" ist eine nicht gerade rasante, nicht besonders romantische "glühende Romanze", die den Zuschauer in das Paris des 19. Jahrhunderts zurückversetzt, als die Fenster und Sanitäranlagen im Haus noch neu waren und die sexuellen Sitten in einer verrückten Eile aufzuholen schienen. Der Titel dieses französischen Melodrams, das lose auf den überlieferten Schriften und Fotos der beiden Hauptdarsteller basiert, leitet sich von einem Begriff der damaligen Zeit ab. Eine "Curiosa", so der Eröffnungstitel, "ist ein erotisches Objekt oder eine Fotografie".

Marie, gespielt von Noémie Merlant, ist die älteste von drei Schwestern und die große Schönheit des Trios, zu dem auch Louise (Mathilde Warnier) und Helene (Mélodie Richard) gehören. Der Freund der Familie, Pierre (Niels Schneider), flirtet mit ihnen und wirft ihnen lüsterne Blicke zu, was die Schwestern, insbesondere Marie, bemerken. Alle "Gentlemen" in ihrem Bekanntenkreis halten sich für Dichter und Schriftsteller. Zu Pierres Lebensstil der müßigen Reichen gehört die Fotografie, "ungestellte Fotographie", wie es in einem alten Monty-Python-Sketch augenzwinkernd heißt. Pierre macht Fotos von nackten Frauen und legt Wert darauf, die Verführung, die sie in sein Studio gelockt hat, mit Sex zu beenden. Pierre ist das, was man im viktorianischen Großbritannien einen "Raufbold" oder "Schuft" genannt hätte. In Paris wirft er immer noch mit dem Wort "Gentleman" um sich, als würde es auf ihn zutreffen. Marie merkt das nicht, denn sie ist in ihn verknallt wie jede andere junge Frau, die er trifft. Doch als der schwerfällige, konservative und wohlhabende Henri (Benjamin Lavernhe) Pierre ausmanövriert, als der Wüstling nicht in der Stadt ist, wird Marie nicht mit Pierre, sondern mit einem seiner vielen "Freunde" verheiratet. Die "Gentlemen" verarbeiten diese Unannehmlichkeiten, indem Pierre eine Affäre mit Marie beginnt, meist auf ihre Veranlassung hin. Sie rennt in seine Arme und in sein Bett. Doch während sie sich fotografieren lässt, nimmt sie allmählich auf, was Pierre ihr verspricht: "Er wird dir Laster beibringen, die du dir gar nicht vorstellen kannst." Und das gegenseitige Anprobieren der Kleider des anderen ist nur der Anfang. Aber als ein Mann, der auf "Reisen" verschwindet und mit einer wunderschönen algerischen Prostituierten (Camélia Jordana) zurückkehrt, die Idee einer Mé·nage-à-trois mit Marie in die Welt setzt und sein Fototagebuch "The Female Posterior" seinen Kumpels zeigt, mit denen er auch seine Algerierin teilt, fragt man sich doch, was Marie beim Übergang von "konventionell" zu "modern" opfern wird.

Lou Jeunet, die hauptsächlich für das französische Fernsehen arbeitet, serviert eine "Madame Bovary" ohne die Moral oder Tragik von Flauberts Roman. Sie und ihr Co-Drehbuchautor spielen die Sexszenen hoch, und obwohl der Film nie ganz in "Emmanuelle"-Softcore mit dem "Erwachen einer jungen Frau" abgleitet, ist das die allgemeine Richtung, in die der Film geht. Das Filmplakat ist damit noch das Aufregenste an der ganzen Story. Pierre ist so etwas wie ein Künstler, aber da er nichts mit diesen "ehrlichen" Aufnahmen macht, geht es wirklich nur um Sex und die Jagd danach. Marie ist verliebt, aber unglücklich. Jeunet will die Abartigkeit einer schwerfälligen Belle Epoque zeigen, die nicht so moralisch und unkultiviert war, wie es vielleicht den Anschein hatte. Das Problem ist, dass das eine Selbstverständlichkeit ist. Paris hat den modernen Porno geradezu erfunden, die Pariser behielten ihre Mätressen, Pierre gibt schnell zu: "Natürlich habe ich noch andere", und es gibt nicht genug vom "armen Hahnrei" Henri oder irgendjemand anderem, der durch diese Promiskuität geschädigt wird, um dieser Geschichte eine tragische Note zu geben. Es ist alles sehr zivilisiert und ach so französisch. Aber ehrlich gesagt ist "Curiosa" trotz all der schicken Kulissen und schönen Kostüme, all der schönen Akte und Kopulationen ein kühler, emotionsloser Langweiler. Und die Darsteller tun wenig, um das alles aufzuwärmen.

4,5/10

Quellen
Inhaltsangabe: Koch Films

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