Heinrich Harrer (Brad Pitt) nimmt 1939 an einer Himalaya-Expedition teil, obwohl seine Frau schwanger ist. Am Nanga Parbat gerät der Egomane mit dem Expeditionsleiter Peter Aufschnaiter (David Thewlis) aneinander - doch ihr Konflikt wird unterbrochen. Als der Zweite Weltkrieg ausbricht, lässt die britische Kolonialmacht die Streithähne ins Internierungscamp bringen. Erst 1944 gelingt es ihnen, auszubrechen. Widerwillig raufen Harrer und Aufschnaiter sich zusammen und flüchten gemeinsam ins nahe Tibet. Dort, auf dem Dach der Welt, schließt Harrer Freundschaft mit Tenzin Gyatso (Jamyang Jamtsho Wangchuk), dem 14. Dalai Lama. Eine Beziehung entsteht, die ihn durch und durch verändert...
Der auf dem - mitunter von anderen Personen
übernommene - Erlebnisbericht des österreichischen Bergsteigers
Heinrich Harrer Memoiren basierende biografische Abenteuerfilm "Sieben Jahre in Tibet" unter der Regie Jean-Jacques Annauds ist ein opulenter Abenteuerfilm mit spiritueller Note, der atemberaubende Bilder vom wohl abgeschiedensten Ort der Welt mit einer fesselnden Geschichte um Liebe, Freundschaft, Politik und Krieg sowie der allmählichen Läuterung seines Protagonisten zu kombinieren versteht. "Sieben Jahre in Tibet" enthält vor allem in seinem straken Auftakt alle Zutaten eines packenden Abenteuers - von stark inszenierten Bergszenen über Auseinandersetzungen zwischen Tibet und China bis hin zu einem Hauptcharakter, der seine Reise als Egozentriker mit Hang zu Aggressionen beginnt und sich nach und nach zu einem gutherzigen, mitfühlenden Menschen wandelt. Dabei gelingt es Annaud ausgezeichnet, Harrers Horizonterweiterung nicht als Abfolge kitschiger Glückskekssprüche zu präsentieren, sondern seine Läuterung vielmehr ganz im Sinne der buddhistischen Lehre als Summe einzelner Erfahrungen darzustellen.
Dennoch handelt es sich bei "Sieben Jahre in Tibet" um einen
zwiespältigen Film, der aus seiner Motivation heraus, die tibetische
Theokratie darzustellen und die imperialen Regimes des
Nationalsozialimus und des sozialistischen Chinas zu kritisieren,
Manches richtig, aber leider auch vieles falsch macht. Der Film nimmt
sich ohne Frage die Zeit, um das Dogma des tibetischen Buddhismus zu
untergraben, der junge Dalai Lama wird mehr als begeistertes und
neugieriges Kind gezeichnet, dem das Dogma und die Rolle des
Staatsoberhauptes forciert vom System auferlegt wird. Verstärkt wird das
durch die Entwicklung einer Vater-Sohn-Beziehung zwischen Harrer und dem Dalai Lama, Harrer stillt den nicht-theologischen
Wissensdurst des Jungen und legt selbst wenig Wert auf die
Gepflogenheiten der tibetischen Theokratie. Bemäkeln lässt sich indes nur, dass Annaud einige Momente ruhig noch etwas mehr hätte auskosten dürfen, wirkt sein Film auch aufgrund der vielen Zeitsprünge in der viele Jahre umfassenden Handlung doch zuweilen etwas gehetzt. Zudem drängt sich in manchen Szenen der Verdacht auf, dass David Thewlis vielleicht eine noch bessere Wahl für die Hauptrolle gewesen wäre, stiehlt der Co-Star einem nichtsdestotrotz gut aufgelegten Brad Pitt doch phasenweise etwas die Show. Weiter dringt "Sieben Jahre in Tibet" dahingehend allerdings nicht vor,
in welchem Ausmaß die tibetische Bevölkerung durch die Feudalherrschaft
der Mönche unterdrückt und ausgebeutet wurde, wird hier bewusst
ignoriert. Stattdessen wird Tibet als friedliches, nettes, immer
lächelndes, bisweilen auch in seiner Weltentrücktheit als niedliches und
unschuldiges Land dargestellt, von Harrers Bergstiegerkollegen Peter
Aufschnaiter (David Thewlis) wird es gar als Paradis bezeichnet. Dieser
romantisierten und idealisierten Betrachtung steht dann im radikalen
Kontrast jene der Chinesen gegenüber. Hinterlistig, propagandistisch,
respektlos und gefühllos, die chinesische Invasion wird mit Hilfe
harter, einschneidender Schnitte, erschreckender Brutalität und
pathetischem Agieren der Tibeter in Szene gesetzt. Kritik am
chinesischem Imperialismus ist heutzutage wichtiger denn je, mit dieser
zu großen Teilen vorhandenen Schwarz-Weiß-Zeichnnug macht es sich
"Sieben Jahre in Tibet" jedoch sehr einfach und wird dem bis heute
andauernden Konflikt bei Weitem nicht gerecht.
Dadurch ist der Film zunächst ein Abenteuerstreifen, wird dann später zu
einem Politfilm bzw. ein wenig Betrachtung der Historie und mündet in
ein sympathisches Drama über eine ungewöhnliche Freundschaft. Ich will
gar nicht so tun als würde ich allen historischen Kotext gänzlich
kapieren oder könnte hinterher ein Referat darüber halten. Ebenso wenig
weiß ich hier was historisch belegt ist und was dramaturgisch angepasst
wurde (Pitts Figur wandelt sich schrittweise zum Sympathieträger was die
wahre Person so wohl nicht tat), aber in seiner Gesamtheit ergibt der
Film durchaus ein Werk daß einen gewissen Klassikerstatus verdient hat:
Pitt mit seiner eindringlichen Darstellung, einige sehr sensible Szenen
und große Landschaftsaufnahmen die ohne Computer gemacht wurden liefern
einen wirklich großen, epischen Film auf den man sich halt einlassen
muß.
Insgesamt jedoch bietet Harrers Tibetaufenthalt gute zwei Stunden einnehmender Unterhaltung, die Spannung, Action und meditative Szenen nahezu perfekt ausbalanciert.
7/10
Quellen:
Inhaltsangabe: Constantin Film
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