Sonntag, 26. April 2020

Rollerball (1975)

https://www.imdb.com/title/tt0073631/

Die Nationen der Welt existieren nicht mehr und Individualismus und Selbstbestimmtheit zeichnen sich nicht mehr als Eigenschaften des Menschen aus. Stattdessen gibt es globale Konzerne, die jeweils ein wichtiges Lebensgut zur Verfügung stellen – Nahrung, Energie, Transport etc. Um die Massen ruhig zu halten und Demonstrationen und Aufstände zu vermeiden, wird die Bevölkerung – ähnlich den Gladiatorenkämpfen im alten Rom – mit der Sportart „Rollerball“ unterhalten. Bei dem Spiel geht es hart zu und durch verschiedene Hilfsmittel kommt es immer öfter zu Schwerverletzten oder gar Toten. Jonathan E. (James Caan) sticht dabei als herausragender Spieler hervor und wird von den Massen umjubelt. Das sieht die Führungsebene aber nicht gern und beschließt: Jonathan soll aus der Sportart verschwinden.

Norman Jewison ist seinerzeit über die Reaktionen des US-Publikums verzweifelt. Begeisterte Zuschauer wollten sich freiwillig melden, um da als Kandidat anzutreten. In Europa hingegen avancierte "Rollerball" zu einem kultigen dunklen Sci-Fi-Streifen, der martialisches Sport-Spektakel mit dem kritischen Blick des einfachen Mannes verbindet. "Rollerball" ist ein dramatisch unterschätzter Science Fiction-Film über die Manipulation der Massen und des Einzelnen, der seine Kritik an der Pervertierung der Unterhaltungsindustrie mit seinen atemberaubend kinetischen Actionszenen nicht verrät, sondern untermauert. Für "Rollerball" wäre es dennoch deutlich besser gewesen, sich auf das Wesentliche zu beschränken. Man wollte wohl nicht Gefahr laufen, "nur" eine harten Sci-Fi-Actionreißer zu machen, der Gesellschafts- und Medienkritische Anspruch sollte deutlicher zum Vorschein kommen. Das ist auch vollkommen okay, nur hätte der Film vieles gar nicht gebraucht und würde sonst wahrscheinlich viel besser funktionieren. Denn selbst wenn der Film deutlich kürzer gewesen wäre und seinen Fokus mehr auf den Actionszenen gehabt hätte, der kritisch-satirische Hintergrund wäre auch so deutlich geworden.

Als Mittelpunkt bietet der Film einen zurückhaltenden James Caan als simplen Mann der Tat, dem allmählich Zweifel am goldenen Käfig kommen. Caan ist die damalige Idealbesetzung. Einer der Macho-Stecher der 70er. Breites Kreuz, stahlblaue Augen, Ganzkörperfell und auch noch ein guter Schauspieler. In visueller Hinsicht ein Bilderrausch mit Mut zur Surrealität, auf akustischer Ebene ein perfekt austariertes Gemisch aus Previns merkwürdiger Musik und perfekt eingesetzter Klassik von Bach und Schostakowitsch. Es ist klar zu erkennen, was Norman Jewison will, aber es ist dennoch ein wenig zu ineffizient. Etwas zu viel Zeit wird mit Drumherum ausgebremst, es wirkt teils zu gewollt. Fast alles, was er in diesen Passagen erzählt, wäre auch so klar gewesen. Wenn "Rollerball" das eigentliche Spiel in den Vordergrund stellt, ist das super. Rasante, großartige choreografierte Actionszenen, für einen bald 40 Jahre alten Film enorm wuchtig und spektakulär.

"Rollerball" ist teilweise richtig klasse, hat eine großartige Idee, verliert nur den einfacheren, dabei wohl besseren Weg aus den Augen. Weniger wäre mehr gewesen. Der Film bleibt dennoch ein fast schon typischer Genrefilm der 70er mit pessmistischer, dystopischer Zukunftsvision. Und die letzte Szene ist schlicht legendär.

7/10

Von CAPELIGHT PICTURES erschien der Film hierzulande in 4K Ultra-HD in der "Ultimate Edition" mit tonnenweise Bonusmaterial, dem Film, dem Remake und einem tollen Mediabook:

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