https://www.imdb.com/title/tt4575576/
Christopher Robin (Ewan McGregor) ist erwachsen geworden. Doch der Junge, der einst mit Winnie Puuh und seinen anderen tierischen Freunden zahllose Abenteuer im Hundertmorgenwald erlebte, führt leider kein glückliches Leben: Er steckt in einem schlecht bezahlten Job fest, mit dem er nicht glücklich ist und bei dem er zu viel arbeiten muss, und vernachlässigt darüber seine Familie, bestehend aus seiner Frau Emily (Hayley Atwell) und Tochter Madeline (Bronte Carmichael). Auch seine Abenteuer mit Winnie Puuh und den anderen sind beinahe in Vergessenheit geraten. Als Christopher Robin dann einen Familienausflug absagen muss, weil sein Chef Keith Winslow (Mark Gatiss) ihn am Wochenende zur Arbeit zwingt, ist er am Tiefpunkt angekommen. Doch da steht auf einmal Winnie Puuh (Stimme im Original: Jim Cummings) vor ihm. Und auch seine Kumpels sind zur Stelle, ihrem alten menschlichen Freund zu zeigen, dass das Leben Spaß machen kann…
Nur zwei Monate vor 'Christopher Robin' (Disney) startete 'Goodbye, Christopher Robin' (Fox) in den deutschen Kinos und man könnte meinen, beide wären schon ganz bewusst aufeinander abgestimmt worden. Während sich die zuerst erschienene Version auf die Kindheit von Christopher Robin fokussiert und die Geschichte von einem Jungen erzählt, dessen Vater ihm zwar ein großes Geschenk durch die Erschaffung einer wundervollen Fantasiewelt gemacht hat, ihm aber auch einen wesentlichen Teil derselben sowie seiner Unbeschwertheit geraubt hat, indem er ihn massiv für die Vermarktung seiner Werke einspannte, steht in der Disney-Verfilmung der erwachsen gewordene Christopher im Zentrum. Getrieben von einem sorgenvollen Berufsalltag hat er der Bezug zu seinem inneren Kind verloren und findet auch nur noch schwer Zugang zu seiner Frau und seiner Tochter. Winnie, Ferkel, Tigger und seine andere Freunde aus unbeschwerteren Kindertagen fungieren dabei als Manifestation seiner inneren Spielfreude, seiner Fantasie, seiner Unbeschwertheit und seines positiven Verhältnisses zu seiner natürlichen Umwelt. Dementsprechend schlimm ist es zu Beginn seiner Reise auch um den Hundertmorgenwald bestellt. Alles erscheint düster, die Gegend liegt in dichtem Nebel und die Tiere haben sich ängstlich verkrochen. Erst durch die Wiederentdeckung seiner Spielfreude stellt sich Besserung ein. Sowohl in seinem Inneren, als auch in seinem realen Leben. Zwar herrscht nun Chaos statt Ordnung, jedoch stellen sich wieder ein gewisser Seelenfrieden und ein deutlich verbesserter Bezug zu seiner Familie ein.
Disneys Verfilmung präsentiert sich weitab von den allermeisten anderen Produktionen dieses Studios in der jüngeren Vergangenheit. "Christopher Robin" ist durchzogen von einer bittersüßen Melancholie, wird aber dennoch nie komplett trübsinnig. Dafür garantieren allein schon herrlich skurrilen Dialogzeilen seiner tierischen Freunde. Mit durchgängig weinerlicher Stimme steuert der durchgängig geradlinig und unkompliziert denkende Winnie so manchen heiteren (und gelegentlich auch hintergründigen Spruch) bei.
Die hier vermittelte Botschaft unterscheidet sich dabei signifikant von der, die in den allermeisten anderen Filmen dieses Studios vermittelt wurde. Statt des durchaus charmanten, aber zuletzt deutlich überstrapazierten "Glaub an dich selbst, auch wenn du anders bist als der Rest"-Credos, lautet die Moral hier, dass man sich nicht komplett von sich selbst und seiner Natur (sowohl im Sinne von Umwelt, als auch von seinen inneren Werten) entfremden sollte. Garniert wird diese Aussage von der These, dass es sich durchaus lohnen kann, nach unten nicht nur zu treten, sondern dass es oftmals auch Lösungen geben kann, von denen alle profitieren.
Diese Botschaft mag altmodisch klingen, und vielleicht ist sie auch. Vielleicht ist sie aber auch zeitlos. Passend dazu wurde 'Christopher Robin' sehr klassisch inszeniert und erinnert mit seinen Arrangements immer wieder an die Magie der großen Studioklassiker vergangener Tage. In dieser Hinsicht richtet sich diese Verfilmung auch vornehmlich an ein erwachsenes Publikum. An jüngere Kinder dürfte dieser Film nur sehr bedingt adressiert sein - wenn überhaupt, dann an etwas "größere" Kinder (so ungefähr ab Grundschulalter); und vermutlich auch nicht an alle von ihnen... Einige Cineasten, die gerne auch mal ältere Filme sehen, dürften jedoch durchaus Spaß an dieser Rückkehr Disneys zu klassischeren Tagen haben. Wer sich aber ein buntes und rasantes Abenteuer erhofft, wird wahrscheinlich bitter enttäuscht werden. "Christopher Robin" ist eine unerwartete Nischenperle - jedoch nur für ein Nischenpublikum.
Aber in diesem Sinne: Vergesst über all euren Alltagssorgen nicht, zu leben und auch mal eurer Seele und euren Angehörigen etwas Gutes zu tun. Bei aller Planung: Letztlich leben wir doch stets im Hier und Jetzt. Oder um es mit Christopher und Winnie zu sagen: "Welchen Tag haben wir?" - "Heute" - "Oh, heute ist mein Lieblingstag."
8/10
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