Freitag, 8. Mai 2020

Tuntematon sotilas - Unknown Soldier - Unknown Soldier: Kampf ums Vaterland (2017)

https://www.imdb.com/title/tt4065552/

Sommer, 1941. Russland und Finnland befinden sich im Krieg. Drei Jahre lang kämpft die finnische Maschinengewehrkompanie rund um Major Lammio (Samuel Vauramo) und Unteroffizier Rokka (Eero Aho) an der Front. Zwischen fatalen Fehlentscheidungen ihrer Befehlshaber und den nicht enden wollenden Angriffen ihrer Widersacher lernen Lammio und seine Gefolgschaft den Krieg von seiner schmutzigsten Seite kennen. Sie alle riskieren Tag für Tag ihr Leben - für Finnland, für die Freiheit.

"Tuntematon sotilas" steht im Finnischen für "Unbekannter Soldat" - eben "Unknown Soldier". So lautet der Titel des bedeutendsten Romans von Väinö Linna, 1954 in Finnland veröffentlicht, ein Jahr später unter dem Titel "Kreuze in Karelien" in Deutschland. Die erste Verfilmung des Romans datiert ebenfalls von 1955, Regie führte Edvin Laine. Bis heute der erfolgreichste finnische Film, wird "Tuntematon sotilas" jährlich am finnischen Unabhängigkeitstag 6. Dezember vom dortigen Staatsfernsehen gesendet. Eine weitere Verfilmung unter demselben Titel entstand 1985, Regie führte Rauni Mollberg. Kein leichtes Unterfangen also für Regisseur Aku Louhimies, sich an eine dritte Kino-Umsetzung der Romanvorlage zu wagen. Heraus kam mit "Unknown Soldier: Kampf ums Vaterland" immerhin der bis dato erfolgreichste finnische Film dieses noch jungen Jahrhunderts. Die Handlung folgt einer finnischen Maschinengewehreinheit, die ab Juni 1941 an der karelischen Front durch sumpfiges Gelände auf russisches Gebiet vorrückt und schnell Petrosawodsk erreicht, die Hauptstadt der Karelo-Finnischen Sozialistischen Sowjetrepublik. Und anfangs ist der finnischen Armee das Kriegsglück hold.

Der Zuschauer lernt einige der Soldaten besser kennen, darunter den Unteroffizier Rokka (Eero Aho), einen Veteranen des Winterkriegs, der sich nicht ins Bockshorn jagen lässt und vorgesetzten Offizieren gern mal Widerworte entgegensetzt. Im Fronturlaub bei Ehefrau Lyyti (Paula Vesala) und Kindern packt er auf der heimatlichen Farm sogleich wieder mit an, doch schon bald muss er zurück an den Kriegsschauplatz. Dort weicht sein Nachbar und Kumpel Susi (Arttu Kapulainen) nicht von seiner Seite. Lammio (Samuel Vauramo) führt seine Einheit in die Schlacht und wird nach den ersten Kämpfen sogleich befördert. Die Schauspielkunst überzeugt, die Darstellung des Kriegsgetümmels erscheint authentisch. Hier treten keine Helden in Erscheinung, sondern Menschen aus Fleisch und Blut, die das Grauen einfach nur überleben wollen - was allzu vielen von ihnen nicht gelingen wird. Obwohl politische Details im Hintergrund bleiben, macht Aku Louhimies doch deutlich, dass Finnland in dem Konflikt der Aggressor war. Man verfolgt also die Teilnehmer eines Angriffskriegs, allein das bedingt schon, dass es kein Heldenepos sein kann - und das ist "Unknown Soldier" auch nicht geworden. Die professionelle Inszenierung glänzt nicht unbedingt durch Originalität, derlei Schlachtenszenen kennt mann zur Genüge, aber das Gezeigte auf internationalem Niveau genügt doch den Ansprüchen an ein hochwertiges Kriegsdrama.

Zur kriegshistorischen Einordnung: Der Winterkrieg zwischen Finnland und der Sowjetunion war im März 1940 mit dem Frieden von Moskau zu Ende gegangen, bei dem Finnland große Landgebiete an die UdSSR abtreten musste, aber unabhängig blieb. Als die deutsche Wehrmacht am 22. Juni 1941 mit dem Unternehmen Barbarossa die Sowjetunion überfiel, sah Finnland seine Chance gekommen, die verlorenen Gebiete zurückzuerobern. Drei Tage später folgte mit der finnischen Kriegserklärung der Beginn des sogenannten Fortsetzungskriegs. Väinö Linnas Romanvorlage basiert auf diesem militärischen Konflikt, der sich zum dreijährigen Stellungskrieg auswuchs, an dessen Ende nach einer sowjetischen Gegenoffensive im September 1944 der Waffenstillstand von Moskau stand. In der Folge verlor Finnland weitere Territorien, blieb aber immerhin unbesetzt. Obendrein musste sich das Land nun bereit erklären, gegen die deutsche Wehrmacht ins Feld zu ziehen.

"Unknown Soldier" ist ein ruhiger Kriegsfilm, bei dem der einzelne Mensch im Mittelpunkt steht, die Auswirkung des Krieges bis zu den familiären Verhältnissen. Er ist wirklich gut gemacht, sehr eindringlich gefilmt, ohne Hollywood-Helden. Es gibt einige Kriegsszenen, die aber nicht heldenhaft oder pathetisch dargestellt werden, sondern zeigen, was eben mit den Männern passiert und wie sie verändert werden. Damit misst sich der Film in fast jeder Hinsicht durchaus mit Blockbustern wie "Saving Private Ryan" und ist, trotz des im Vergleich deutlich geringeren Budgets, mit seinem Fokus auf den nordeuropäischen Kriegsschauplatz ein absolut sehenswerter Beitrag zum Zweiter-Weltkriegs-Kino geworden.

8/10

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