https://www.imdb.com/title/tt0115964/
James (James Spader) und Catherine Ballard (Deborah Kara Unger) sind ein
verheiratetes Pärchen, das sich voneinander entfremdet hat. Beide haben
außereheliche Affären, die sie offen ausleben und im Detail voreinander
ausbreiten. Eines Tages hat James einen Autounfall, bei dem er mit
einem entgegenkommenden Auto zusammenstößt. Der Fahrer des anderen
Wagens stirbt sofort, jedoch wird die Beifahrerin in das gleiche
Krankenhaus wie Ballard eingeliefert. Im Krankenhaus kommt ein Mann
namens Vaughan (Elias Koteas) zu James, der sein verletztes Bein
fotografieren möchte. James erfährt, dass die Beifahrerin aus dem
anderen Auto auch im selben Krankenhaus ist, die beiden lernen sich
kennen - und beginnen nach ihrer Entlassung eine intensive Affäre, die
angetrieben ist durch die gemeinsame Erfahrung des Unfalls. Sie werden
zu regelrechten Unfallfetischisten und verbringen mehr Zeit mit dem
mysteriösen Vaughan.
"The car crash is a fertilizing rather than a destructive event, a
liberation of sexual energy, mediating the sexuality of those who have
died with an intensity that’s impossible in any other form."
Was nach schierer Exploitation klingt, Geilheit und Sex durch
Autounfälle, wird bei David Cronenberg zum subversiven Psychokino. Es
wundert dabei nicht, dass nach William S. Burroughs ("Naked Lunch") J.G.
Ballard als Vorlagengeber folgt. Beschäftigen sich doch beide Autoren
mit der Transformierbarkeit des Menschen in dystopischen Gesellschaften,
die schon heute beginnen zu sein. Das New Flesh von "Crash" entsteht
aus dem Zusammenstoß und der Verformung von Blech, Plastik und Gummi zu
lustvoll geöffneten Leibern. Autos, zunächst bloße Vehikel, Extensionen
des Menschen, werden zum Teil des Menschen und dessen tiefster
Triebnatur. Die unendlichen, kreativen Spielmöglichkeiten einer solchen
modernen Erotik fasst Cronenberg in "Crash" auf erstaunlich ruhige, fast
essayhafte Weise. Hier gibt es keine wirklichen Konflikte,
Antagonisten, bloß eine Idee, die alle besessen macht. In kühler
Milleniumsästhetik voll pointierter Erotik öffnet sich der menschliche
Körper an allen Punkten. Narben, Verwundungen, Verschrottungen,
Substanzen markieren einen Spalt, der zur neuen Vereinigung nur
penetriert werden muss. Die Geschlossenheit einer modernen, polierten
Welt wird in Frage gestellt, wenn sich auch die glänzenden Oberflächen
in Dampf und Feuchtigkeit öffnen. Howard Shores pessimistischer Klangteppich begleitet durch diese seltsam
verzerrte Odyssee, ein unvergesslicher Anti-Erotikfilm, der sich selbst
einer Genrezuordnung verweigert. Ein visionäres Paradies, das längst
keine Fetische mehr schafft, da es schon zuvor belebt ist, nur mehr
entdeckt werden muss. Eine tragische Verfallsgeschichte einiger
Perverser ist "Crash" also nicht, vielmehr ein zitterndes Stimmungsbild
im Augenblick vieler neuer Möglichkeiten, naiv und brutal gleichermaßen,
einzigartig sowieso.
7,5/10
Von TURBINE Medien kommt der Film im auf 1.500 Stück limitierten
Mediabook auf Ultra HD Blu-ray und Blu-ray.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen