Dienstag, 5. Mai 2020

Gräns - Border (2018)

https://www.imdb.com/title/tt5501104/

Die schwedische Grenzbeamtin Tina (Eva Melander) besitzt eine für eine Zöllnerin besonders praktische Gabe: Sie kann besser riechen als alle anderen Menschen und so etwa Schmuggelware oder auch die Emotionen der Menschen wahrnehmen. Wenn jemand beim Grenzübertritt Angst hat oder sich schuldig fühlt, weil er Schmuggelware dabei hat, entgeht das ihrer Nase nicht. Dazu kommt noch ihr besonderes Aussehen: Tinas Gesicht ist seltsam geschwollen, sie hat einen Blick, der sich förmlich in ihr gegenüber bohrt, außerdem ist sie für eine Frau besonders kräftig. All das verleiht Tinas Ausstrahlung etwas animalisches. Ihr Geruchssinn ist nahezu unfehlbar, aber einmal versagt er doch: Vore (Eero Milonoff) hat wie Tina einen Chromosomenfehler, was bei ihm zu einer Deformation im Gesicht geführt hat. Die beiden Außenseiter kommen einander näher. Vore offenbart Tina ihre gemeinsame mystische Herkunft, was für Tina nicht nur eine vollkommen neue Freiheit bedeutet, sondern auch Herausforderungen, denen Tina sich stellen muss...

Über "Border" darf man nicht allzu viel schreiben, weil der Film in solch eine abgefahrene Richtung geht, dass man dem geneigten Zuschauer auf keinen Fall die Erfahrung vorwegnehmen darf. Ja, "Border" hat kleinere Längen und vielleicht die ein oder andere wortkarge Waldszene zu viel. Doch davon sollte man sich nicht abschrecken lassen, denn diese gehören in diesem sonst brillanten Drehbuch einfach dazu. Der Film geht durch einen völlig schockierenden Twist in eine Richtung, mit der man einfach nicht rechnet. Das Ganze ist ein hoch-kreativer Mix aus Drama, Romanze, Gesellschaftskritik und metaphorischem Fantasy/Horror Stoff. Anders als bei so manch anderem Film, ist auch der ungewöhnliche Twist perfekt platziert und der komplette Film erstrahlt in einem völlig neuem Glanz.

Glänzen kann auch die herausragende Maskenarbeit, die mit einer Oscarnominierung belohnt wurde. Warum aber sowohl das Drehbuch, als auch Hauptdarstellerin Eva Melander keine Nominierung bekam, ist ein Mysterium. Gerade Eva Melander ist als Tina derart herausragend, dass sie mit dieser Performance sogar fast mit Florence Pugh in "Midsommar" mithalten kann. Man vergisst von Anfang an, dass sie eine Maske trägt und sie ist so tief in der Rolle von Tina drin, dass Melander selbst komplett verschwunden ist. Das Besondere bei ihr ist jedoch der meisterhafte und total einzigartige Twist. Ab diesem Zeitpunkt sieht man sie mit anderen Augen und all ihre Hässlichkeit ist gänzlich verschwunden. Aber auch ihr Co-Partner Eero Milonoff als Vore ist gänzlich in seiner Rolle drin. Die romantische Bindung zwischen den beiden Protagonisten ist Liebe in einer total eigenwilligen Form, die aber zu 100% funktioniert. Ähnlich wie bei "Midsommar", gibt es auch hier eine sehr kuriose Sexszene, die aber auch eine Art Faszination auslöst, weil man solch einen Liebesakt noch nie gesehen hat.

"Border" hat Längen und "Border" ist nichts für jedermann, aber "Border" ist auch ungewöhnlich, eindringlich und total einzigartig. "Border" ist pure Magie für echte Arthouse Fans, mit einer herausragenden Hauptdarstellerin und hat zudem noch einen der besten Twists der vergangenen Jahre. Er wird nicht für jeden Zuschauer zugänglich sein, besonders nicht für konventionelle Kinogänger mit üblichen Sehgewohngeiten. Wer sich aber für Filmkunst interessiert und einen herausragenden, wenn auch nicht perfekten, Genremix genießen will, darf sich "Border" nicht entgehen lassen.

8/10

Von CAPELIGHT PICTURES erschien der Film hierzulande in einem tollen Mediabook:

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