Sonntag, 17. Mai 2020

Mindwarp - Brain Slasher (1991)

https://www.imdb.com/title/tt0100152/

Im Jahre 2037 ist das Leben auf der Erde nicht mehr optimal. Der einst grüne Planet ist nun eine öde und vergiftete Wüstenlandschaft, die von den sogenannten "Brain Slasher" bewohnt wird. Das sind mutierte, kannibalistische Untergrundbewohner. Einige wenige nicht mutierte Menschen, die es noch gibt, versuchen im Outworld zu überleben. Der andere Teil, der Glück hatte, lebt in der Inworld. In dieser Inworld kann man mittels einer implantierten Steckverbindung im Nacken mit dem Simulationsprogramm "Infinisynth" verbinden und träumen. Auch die junge Judy (Marta Alicia) lebt in der Inworld. Doch sie lehnt sich gegen das System auf und will die reale Welt kennen lernen. Die tut sie gegenüber einem ominösen Systemoperator kund. Die Konsequens ist, dass ihr der Stecker gezogen wird und sie in die Outworld verfrachtet wird. Judy muss nun versuchen zu überleben. Sie trifft auf die Brain Slasher, die von Seer (Angus Scrimm) angeführt werden und auch auf den Einzelgänger Stover (Bruce Campbell), der einer der letzten überlebenden Menschen da draußen ist. Nun heißt es in den Überlebensmodus schalten, damit sie nicht im Fleischwolf der Mutanten landen...

"Brain Slasher". Der deutsche Titel des Films bezieht sich dabei auf die entstellten Mutanten, während der Originaltitel "Mindwarp" den philosophischen Sci-Fi-Ansatz, die Reise in virtuelle Welten, betont. Während der Regisseur Steve Barnett ein unbeschriebenes Blatt war und blieb, sollten "Evil Dead"-Ikone Bruce Campbell und "Phantasm"-Bösewicht Angus Scrimm für das passende Genrefeeling sorgen. Betrachtet man den Umstand, dass das Science-Fiction-Genre mit zu den teuersten gehört und ohnehin nur ein begrenztes Budget von einer Million Dollar zur Verfügung stand, ist eines klar: Die Produzenten mussten kreativ werden, um unter anderem die technischen Geräte der Zukunft und die postapokalyptischen Settings wie das Höhlensystem glaubhaft darzustellen. So ist "Brain Slasher" ganz klar ein Liebhaberprojekt mit allen Ecken und Kanten (oder Schwächen und Unzulänglichkeiten) eines B-Movies. Bevor man sich den Film ansieht, sollte man dies unbedingt wissen.

Wer sich "Brain Slasher" mit der Erwartungshaltung anschaut, dass der heimische Bildschirm von Beginn an mit Blut und Körperteilen überflutet wird, der dürfte erst einmal enttäuscht werden, denn das Autorenduo John Brancato und Michael Ferris, welches später unter anderem in Hollywood mit an "Terminator 3" schrieb, hatte unerwartet große Ambitionen. Durch Atomkriege ist das Leben auf der Erde unmöglich geworden und die Menschen flüchten sich in die Unendlichkeit ihrer Fantasie. Über einen Anschluss in ihrem Nacken verbinden sie sich mit Maschinen in Form von Liegesesseln, die sie in frei nach ihren Wünschen gestaltete Cyberwelten entführen. Damit etablierte "Brain Slasher" 1991 eine typische Dystopie, die bekannte Phänomene unserer Zeit bis zu einem negativen Endpunkt weiterdenkt. So halten sich Judy und ihre Mutter nur noch in der realen Welt auf, wenn sie etwas essen und andere Grundbedürfnisse befriedigen müssen. Die postapokalyptische und im wahrsten Sinne des Wortes verwüstete Außenwelt, die Judy im ersten Drittel des Films entdeckt, erinnert stark an die "Mad Max"-Filme. Die Überlebenden hüllen ihren Körper in Lumpen und Schutzbrillen, um sich vor der Sonne und anderen schädlichen Einflüssen zu schützen. Insgesamt ist die Welt wieder auf einen primitiveren, technologiearmen Zustand zurückgeworfen worden. Doch bei allem bemühten Anspruch: Bis hierhin ist "Brain Slasher" eine dröge inszenierte und hölzern gespielte Schnarchnummer. Gerade Marta Alicia enttäuscht als Hauptdarstellerin auf ganzer Linie. Zu allem Übel schlittert ihre Figur in eine abgedroschene Romanze, denn natürlich kann sie Stover, dem anscheinend einzigen (nicht deformierten) Mann auf der Erde, nicht widerstehen.

Eine gute halbe Stunde muss der Zuschauer mindestens warten, bis "Brain Slasher" so langsam Fahrt aufnimmt und sein Hauptsetting präsentiert. Durchhänger ergeben sich durch die monotone Inszenierweise zwar immer noch, aber die Höhlenwelt der Kriecher bietet doch genügend Grund zur Faszination. Die wenigen, aber aufwendig gestalteten Schauplätze begeistern vor allem durch ihre Details, wenn beispielsweise eine Kühlschranktür als Zimmertür und ein drehbarer Tischtennisschläger als Sichtschutz für den Türspion fungiert. Durch die sektenartige Gruppierung der Kriecher unter dem wahnsinnigen Anführer Seer ergibt sich zudem eine morbide Grundstimmung. In wiederkehrenden Ritualen werden Menschen als Opfergabe durch einen riesigen Fleischwolf gejagt. Dass alle im Anschluss gierig von dem roten Lebenssaft trinken, der über Schläuche in einem Becken gesammelt wird, ist dabei ein selbstverständlicher Bestandteil der Prozedur. In diesem Zusammenhang feuert Steve Barnett immer wieder kleinere Goreszenen ab, ohne dass der Film in exzessivem Splatter wie bei "Braindead" ausartet. Wenn einer der Kriecher im Kampf mit Stover den Bauch aufgeschlitzt bekommt und das blutige Gekröse herauströpfelt, dann ist der Film endlich bei seiner Zielgruppe angekommen. Die handgemachten Effekte sind aus heutiger Sicht natürlich etwas antiquiert, Genrefans schätzen aber gerade diesen eigenwilligen Charme. Dass Seer noch weitere abartige Riten auf Lager hat, um auch den Fortbestand seines Kultes zu sichern, darf dann jeder selber erleben. Mit dem Schlusspunkt zeigt "Brain Slasher" noch einmal deutlich, dass die Autoren reichlich von Filmen wie Cronenbergs "Videodrome" als auch Verhoevens "Total Recall" inspiriert wurden. Einerseits mag dies etwas zusammengeklaut wirken, andererseits folgt der Film damit dem Zeitgeist der 80er- und 90er-Jahre. Denn mit dem technologischen Fortschritt und dem Entstehen virtueller Welten erhielt auch eine philosophische Grundfrage eine Neuauflage: Was ist wirklich real und was davon kann ich überhaupt kontrollieren?

Steve Barnetts "Brain Slasher" ist damit und unterm Strich ein reinrassiges B-Movie, mit dem die Produktionsgesellschaft Fangoria die Herzen der Splatter- und Gore-Fans höher schlagen lassen wollte. Doch statt kurzweiliger blutiger Unterhaltung stottert der Film vor allem in der ersten Hälfte gewaltig, ehe es in den Fängen des Mutantenkultes endlich zu blutigen Gewalteinlagen kommt. So vermischen sich philosophische Ansätze über eine Gesellschaft am Abgrund mit handgemachten Schauwerten zu einem mehr als eigenwilligen Trashfilm. Genrefans sei er daher trotz (oder vielleicht gerade wegen) seiner handwerklichen und schauspielerischen Unzulänglichkeiten vorsichtig empfohlen - alle anderen können und sollten einen Bogen um den Film machen.

6/10

Von NAMELESS Media kommt der Film in HD im auf 333 Stück limitierten Mediabook:

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