Maine in den 1890er Jahren: Thomas Wake (Willem Dafoe) lebt und arbeitet auf einer kleinen Insel vor der Küste des US-Bundesstaates als Leuchtturmwärter. Ihm zur Seite steht dabei der jüngere Ephraim Winslow (Robert Pattinson), der seinen vorigen Beruf als Holzfäller in Kanada aufgegeben hat, um Tom als Gehilfe bei dessen vierwöchiger Schicht zu unterstützen. Eigentlich sollen beide Männer sich damit abwechseln, das weithin sichtbare Licht in der Spitze des Turm zu betreuen, aber Tom besteht darauf, diese Aufgabe allein zu übernehmen - und das, obwohl der einstige Seemann sich kürzlich eine Verletzung am Bein zugezogen hat. Ephraim muss dafür unliebsame Tätigkeiten wie das Leeren der Nachttöpfe, das Sammeln von Feuerholz und die Reinigung des Turms übernehmen. Seinem Mentor tritt Ephraim wegen dieser anhaltend ungleichen Arbeitsverteilung zunehmend misstrauisch gegenüber - erst recht, weil er weiß, dass dessen voriger Assistent wahnsinnig geworden und gestorben ist. In der geteilten Einsamkeit der Insel geraten die zwei Männer immer wieder aneinander, bis die Spannungen fast unerträglich werden...
Das Drehbuch von Willem Dafoe las sich mit seinen drin festgeschriebenen Fürzen wie ein schlechter Witz, eine Masturbationsszene von Robert Pattinson am ersten Drehtag, die in ihrer Intensität und Wahnsinn sogar Regisseur Robert Eggers verstörte und einige miserable Drehtage im nass-kalten Wetter inmitten der stürmischen See. Vieles war im Vorfeld zu "Der Leuchtturm" zu lesen und mit jeder Nachricht schien das neue Filmprojekt von Robert Eggers noch wahnsinniger zu werden. Nach seinem grandiosen Regie-Debüt "The VVitch" meldet sich Robert Eggers nach drei Jahren für das produzierende Studio A24 zurück und bringt mit "The Lighthouse" einen der spannendsten und intensivsten Filme das Jahres 2019 auf die Leinwand. Angeführt von zwei alles überragenden Darstellern, Robert Pattinson und Willem Dafoe, sowie düsteren Schwarz-Weiß-Bildern im fast quadratischen Bildformat, liefert der Regisseur mit seinem zweiten Film ein kleines Meisterwerk ab. Die Geschichte zweier einsamer Leuchtturmwärter die langsam dem Wahnsinn verfallen ist ungemein intensiv und verstörend, sodass man nach der Sichtung von "The Lighthouse" nicht umhin kommt zu sagen, dass Eggers neben Jordan Peele und Ari Aster der dritte großartige Regisseur ist, der frische, neue, tolle Grusel-/Thriller-/Horrorfilme dreht.
"Der Leuchtturm" ist einer dieser Filme die nun wirklich keinen überragenden Plot mit zahlreichen Plottwists und/oder Wendungen besitzen. Die Geschichte der beiden Leuchtturmwärter verläuft relativ vorhersehbar ab, doch das ändert rein gar nichts an der Wirkung des Films. Denn den beiden Männern dabei zu zusehen wie sie um die Macht kämpfen und sich gegenseitig versuchen auszuspielen und sich die Wörter im Munde verdrehen ist überraschend spannend. Immer wieder gelingt es Eggers, der gemeinsam mit seinem Bruder Max Eggers auch das Drehbuch verfasst hat, für einige Überraschungen zu sorgen. Denn wirklich sicher kann sich der Zuschauer nie wirklich sein was gerade Realität und was Fiktion ist. Dank mehrerer Traumsequenzen wird dabei schon früh ein Wahnsinn entfesselt wie man ihn nur selten zuvor gesehen hat. Das alles ist letzten Endes aber nur die Vorhut für die letzte halbe Stunde des Films. Im Finale erreicht der Film eine unglaubliche Intensität und dabei auch eine immense Spannung. Spätestens in den letzten Minuten wird kaum einem Zuschauer nicht die Kinnlade runterklappen, denn im beinahe surrealen Finale und mit dem schockierenden Schlussbild übertrifft sich "Der Leuchtturm" noch einmal selbst. In 109 Minuten mutiert der Film dabei zu einem unvergesslichen Erlebnis, das zu den ganz großen Highlights der letzten Jahre gehört. Mainstream sucht man dabei vergebens.
Ein wichtiger Baustein für diese intensive Erfahrung ist definitiv die technische Umsetzung des Films. Eggers entschied sich dazu, den Film mit über 100 Jahre alten Linsen zu drehen und kreierte damit einen Look, der locker auch aus der Stummfilm-Ära stammen könnte. Doch diese Entscheidung ist weit mehr als nur eine technische Spielerei. Eggers nutzt die düsteren Schwarz-Weiß-Bilder und das extrem beengte, fast quadratische Bildformat von 1,19:1, um damit eine beklemmende und klaustrophobische Atmosphäre zu erzeugen. Die Bilder dieses Films sind unglaublich beeindruckend. Eggers erschafft hier teilweise Aufnahmen, die so schön sind wie alte Gemälde. Die farblosen Bilder ziehen den Zuschauer unweigerlich in ihren Bann und der Film glänzt mit unzähligen Einstellungen die sich lange ins Gedächtnis des Zuschauers brennen.
Dies erzeugt eine Atmosphäre, die einen von Beginn an in ihren Bann zieht und bis zum schockierenden Schlussbild auch nicht mehr loslässt. Auch der Soundtrack unterstützt dieses Feeling. Vom bedrohlichen, dumpfen Klang des Horns des Leuchtturmes, bis hin zu den furchteinflößenden Klängen später im Film. "Der Leuchtturm" erinnert in vielen Momenten an einen Horrorfilm und das herausragende Sounddesign gilt es definitiv hervorzuheben. Das endgültige Sahnehäubchen des Films sind dann aber die beiden Hauptdarsteller, ohne deren grandiose Performances der Film auch gar nicht so funktionieren würde. "Der Leuchtturm" markiert wohl den endgültigen Durchbruch Pattinsons in die A-Riege Hollywoods, der mit seiner intensiven Darbietung und den völlig wahnsinnigen Blicken einfach umwerfend spielt. Und dann gibt es da ja noch seinen Counterpart Willem Dafoe, der - trotz der Darstellung Pattinsons - noch ein Stück mehr überzeugen konnte. Die Rolle des Leuchtturmwärters scheint ihm wie auf den Leib geschneidert zu sein und Dafoe liefert eine seiner besten Performances seiner ohnehin großartigen Karriere ab. Beide spielen sich die Seele aus dem Leib und beide sind schlichtweg
großartig. In seinen guten Momenten ist der Film spannend, hat gute
Dialoge und fasziniert den Zuschauer. Leider hat der Film aber auch einige
(kleine) Längen und Phasen, die einfach zu drüber, zu wahnsinnig, sind, sodass aus Wahnsinn Normalität wird und der Überraschungseffekt irgendwann einfach
ausbleibt. Dennoch muss man am Ende einfach sagen dass "The Lighthouse" ein
Meisterwerk ist und man gespannt sein darf auf Eggers nächstes Projekt mit dem Namen "The Northman".
9/10
Von UNIVERSAL PICTURES gab es in Großbritannien exklusiv bei zavvi.com
den exklusiv im Steelbook.
Quellen:
Inhaltsangabe: Universal Pictures
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