Erst wenige Tage im Amt, steht der neue britische Premierminister als Nachfolger von Neville Chamberlain (Ronald Pickup) 1940 vor einer Mammutaufgabe. Die gegnerische Streitmacht stürmt West-Europa, die Niederlage gegen Nazi-Deutschland ist beinahe schon besiegelt – also steht Winston Churchill (Gary Oldman) unter Druck, einen Frieden mit Adolf Hitler zu verhandeln, der Großbritannien zu einer Marionette des Dritten Reiches machen würde. Während die britische Armee in Dünkirchen strandet, beweist Churchill Courage und kämpft weiter. In seiner wohl dunkelsten Stunde als Premier muss er den baldigen Einmarsch der Nazis verhindern, sich gegenüber seiner eigenen Partei und dem skeptischen König George VI. (Ben Mendelsohn) durchsetzen, seine Nation vereinen, kurz: den Lauf der Geschichte entscheidend ändern…
Winston Churchill löst im Mai 1940 Neville Chamberlain als
Premierminister ab. Das Biopic "Die dunkelste Stunde" dreht sich im Wesentlichen um die ersten
vier Wochen seiner Amtszeit. Die legendäre Radioansprache, Dünkirchen
und schließlich die sagenumwobene Ansprache im Unterhaus, stechen als
markante Ereignisse heraus. Schauspielerisch verkörpert Gary Oldman den
kauzigen, trinksüchtigen, grantigen und unnachgiebigen Kerl ziemlich
perfekt. Somit gab es auch zurecht zwei verdiente Oscars für den besten
Hauptdarsteller sowie fürs Make-up. Oldman als Winston Churchill ist kaum wieder zu erkennen.
Dennoch stellt er den beleibten Neurotiker, der gern im Bett liegend seine
Zigarre rauchte und seine Sekretärin tyrannisierte, wenn sie auch nur
den falschen Zeilenabstand in der Schreibmaschine einstellte, wunderbar
dar. Vordergründig geht es darum, Churchills Privatleben und seine
Auseinandersetzungen mit anderen Politikern und dem König in den Wochen
nach Amtsantritt darzustellen. Ersteres wird durch eine resolute Kristin
Scott Thomas als seine Frau ergänzt, die ihm hilfreich zur Seite steht.
Dieser Nebenaspekt ist gelungen, doch man verzettelt sich im Gros mit
zu langen Diskussionen um den richtigen politischen/militärischen Weg,
sowie mit Paktiererei der Gegner (die ihn absetzen wollen), was den Plot
unnötig zäh gestaltet. Hier wäre weniger mehr gewesen, zumal sich die
Laufzeit damit auf volle zwei Stunden zieht und diese Dialoge ohnehin
fiktiv sind, mit zum Teil sich wiederholenden Inhalten. "Die dunkelste Stunde" ist dialoglastig, aber immer lebhaft und emotionsgeladen und die Performance der Darsteller ist einzigartig, von vorne bis hinten. Dennoch ist zu konstatieren, dass der Film gerade Menschen, die sich nicht oder nur wenig mit der Materie auskennen, in seiner Gesamtheit stark überfordert: vor allem der historische Kontext ist deutlich zuviel und setzt auch zu viel beim Zuschauer voraus. Immerhin kam der Film relativ knapp nach "Dunkirk", wodurch die dort erwähnten Punkte und die Lage in Dünnkirchen einigermaßen präsent war. Dennoch ist der Gesamtzusammenhang nur schwer zu erfassen. Vorsicht ist also geboten, denn man sollte sich im Optimalfall ein wenig mit der Materie auskennen oder zumindest ein Grundinteresse dafür aufbringen können.
Mitreißende, symbolische Szenen findet man zu Hauf, allerdings fehlt oftmals die Verbindung zwischen den episodischen Erzählungen - eher abgehackt und wie eine sketchartige Personenzeichnung von Churchill wirkt dadurch der Film. Wobei das wahre Highlight in der Szene sichtbar wird, in der Churchhill sich in eine normale Bahn setzt und das Volk um seine Meinung bittet. Alleine das, aber vorrangig die energiegeladene Vorstellung Oldmans machen den Film vergnüglich, interessant und selbst wenn man nicht alle Zusammenhänge soweit hinkriegt, spannend.
Allenfalls ist es natürlich wieder so ein Quentchen pathetischer
Überbetonung, die an mancher Stelle die Brisanz und Bedeutung jenes
herrschenden Moments zu betonen versucht. Ob nun bei den Stellen über
den befürchteten Fall von Dünkirchen, die Fahrt in der U-Bahn und so
manch intim gemeinte Stelle. "Die dunkelste Stunde" bleibt dennoch ein durchweg spannungsgeladener Blick auf einen
streitbaren Charakter, der die große Bürde trug, den Landmännern und
-frauen die Notwendigkeit des Durchhaltens und der Kriegsführung gegen
die Deutschen näherzubringen. Natürlich muss Spannung in diesem Kontext
anders definiert werden. Damit ist dann eben keine atemlose Dramaturgie
gemeint, die im Minutentakt neue Zerwürfnisse und Katastrophen
aufziehen lässt. Spannend ist an "Die dunkelste Stunde" vor allem die Tatsache, welche
Machtspiele im Angesicht des Krieges geführt wurden und wie der
knurrige Churchill oftmals mit dem Rücken zur Wand stand.Womit der Film sicherlich als Charakter-Porträt nicht allumfassend und derart komplex ausgefallen ist, dass sich, auch Nicht-Kennern der Biografie, derart neuartige Erkenntnisse erschließen mögen. Allerdings funktioniert der Film schon so wie er ist. Als ein Auszug aus den Tagen, als viele Mächtige meinten, der Sturm sei noch abwendbar, wenn sie doch schon beinahe in dessen Mitte standen. Letzten Endes unterwirft sich „Die dunkelste Stunde“ dramaturgischen Regeln und erklärt Churchill zum Helden, der er wohl nur bedingt war. Doch dass Drehbuchautor Anthony McCarten eine emotionale, positive Abrundung anstrebt, ist völlig legitim. Wie kontrovers der Premierminister und seine Politik waren, scheint zur Genüge durch. Und selbst, wenn man vor den pathetischen Momenten zurückschreckt, bleibt ein entscheidendes Argument für den Film: Gary Oldman.
8/10







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