Montag, 31. März 2025

Elevation (2024)

https://www.imdb.com/de/title/tt23558280/

Drei Jahre nachdem grauenvolle Kreaturen die Welt urplötzlich aus dem Untergrund heimgesucht und fast die gesamte Menschheit ausgelöscht haben, hat Will (Anthony Mackie) sich mit seinem Sohn Hunter (Danny Boyd Jr.) ein neues Zuhause in den Rocky Mountains in Colorado aufgebaut. Nur hier ist es sicher, denn in Höhenlagen von über 2.400 Metern können die Wesen nicht überleben. Auch die Wissenschaftlerin Nina (Morena Baccarin) wohnt bei ihnen in der Nähe – sie hatte zusammen mit Wills Frau Tara eine Exkursion unternommen, um die Achillesferse der Ungeheuer zu ermitteln, ein Ausflug, den Tara allerdings nicht überlebt hat. Weil der kleine Hunter an einer schweren Lungenkrankheit leidet, beschließt Will eines Tages notgedrungen, in die tiefer gelegene Stadt Boulder zu gehen, um dort in Ninas altem Labor neuen Sauerstoff zu besorgen, der zur Neige gegangen ist – was ihn und seine Begleiter mitten in die Monsterzone führt.

"Elevation" ist ein weiterer postapokalyptischer Thriller, der auf gewisse Art und Weise der "A Quiet Place"-Schule der Action-Optimierung folgt: In diesem Fall müssen die verbleibenden 5 % der Menschheit über einer 2.440 Meter hohen Grenze bleiben; darunter laufen sie Gefahr, von den Reapern, den riesigen Insekten, die den Planeten erobert haben, angegriffen zu werden. Der Film erinnert zudem an Gareth Edwards’ "Monsters", da er seine schildwanzenartigen Monster nur sparsam präsentiert, und bietet eine spannende letzte Wendung, die die Aussicht auf ein erfolgreiches Franchise nahelegt.

Regisseur George Nolfi ist in Sachen Action keine schlechte Wahl, mit einer brenzligen Seilbahnszene und einer Reihe von Nahbegegnungen mit den Reapern, als das Trio die "Minen von Moria" unter dem Berg beschreitet. Doch trotz regelmäßiger Adrenalinschübe entwickelt "Elevation" nie eine eigenständige Identität, und das nicht nur, weil der Film so durch und durch abgedroschen ist. Das liegt hauptsächlich an der drögen und spärlichen Charakterisierung, sowohl was Wills väterliche Mission als auch das wenig interessante Gezänk mit der nihilistischen Nina betrifft. Mackie trägt nicht gerade dazu bei, dass ihre Leistung eher zu einem Midlife-Crisis-Drama als zu einem Mockbuster über das Schicksal der zivilisierten Welt passt. Baccarin hingegen gelingt es besser, indem sie Töne unterdrückter Wut und letztendlicher Akzeptanz ihrer Vergangenheit einbringt. Doch zukünftige Filme dieser Art sollten sich vielleicht mehr als nur altbackene Geschichtenerzählerei zum Ziel setzen.

5,5/10

Quellen
Inhaltsangabe: Seven One International
Poster/Artwork
Grinder Monkey/John Glenn Entertainment

Sonntag, 30. März 2025

Back in Action (2025)

https://www.imdb.com/de/title/tt21191806/

Emily (Cameron Diaz) und Matt (Jamie Foxx) sind zwei liebende Eltern, ihre beiden Kinder Alice (McKenna Roberts) und Leo (Rylan Jackson) sind das Wichtigste in ihrem beschaulichen Vorstadtleben. Eines Abends werden sie jedoch beim Stopp an einer Tankstelle von ihrer Vergangenheit eingeholt, wo mehrere perfekt ausgebildete Attentäter es auf die Familie abgesehen haben. Denn was Alice und Leo nicht wissen: Emily und Matt waren vor ihrer Geburt inoffiziell als Agenten für die CIA tätig – und aus dieser Zeit trachtet ihnen nun offenbar ein alter Widersacher nach dem Leben. Die Familie gerät zwischen die Fronten gleich mehrerer undurchsichtiger Figuren (unter anderem besetzt mit Glenn Close, Andrew Scott und Kyle Chandler) und mitten hinein in eine Verschwörung. Gut nur, dass Mum und Dad ihre Nahkampffähigkeiten nicht eingebüßt haben und immer noch wissen, wie sie sich und ihre Kinder beschützen können.

Der Film hätte auch heißen können: "Überraschung! Mom und Dad sind Spione!" Und an diesem Punkt hatte ich das Gefühl, ich könnte meine früheren Netflix-Filmkritiken einfach kopieren und einfügen, da es immer das Gleiche ist. Generischer Unsinn, den man schon hundertmal gesehen hat, und "Back In Action" ist auch so ein Film. Ich wollte ihn mir nur ansehen, weil Cameron Diaz dafür aus dem Ruhestand zurückkehrte und Jamie Foxx 2023 während der Dreharbeiten einen Schlaganfall erlitt.

Von daher ist es schön, beide Schauspieler zusammen auf der Leinwand zu sehen, und ihre Charaktere sind sympathisch, also drücken wir ihnen die Daumen, auch wenn die Geschichte nicht gerade originell ist. Immerhin gibt es eine nette Wendung, mit der ich nicht gerechnet hatte, und es gibt einige gut choreografierte Kampfszenen. Wie so viele dieser Filme wird praktisch jede Kampfszene von einem Lied begleitet, was ab und zu okay ist, aber wie ich schon sagte, wenn fast jede Szene ein Lied hat, nimmt das jegliche Spannung oder Bedrohung. 

Dieser Film ist nicht ernst gemeint, sondern ein unbeschwerter Spaß, an dem man nichts besonders mögen oder hassen könnte - er ist einfach nur okay. Das Drehbuch bietet ein paar witzige Momente, aber nichts, was einen wirklich zum Lachen bringt. Die Figur Nigel ist furchtbar unlustig, und es gibt Momente, in denen man merkt, dass man schauspielert, und die wirken einfach falsch. Der Film ist größtenteils gut getaktet, und die Kampfszenen vergehen nicht zu lange, was ihn angenehm und angenehm anzusehen macht. Mir gefiel auch die Filmmusik, die besonders im Finale der Schnellboot-Verfolgungsjagd an James Bond erinnert. Insgesamt ist "Back in Action" ein typisch langweiliger und seelenloser Netflix-Film mit einigen unterhaltsamen Momenten, aber nichts, was ihn wirklich hervorstechen lässt.

6/10

Quellen
Inhaltsangabe: Netflix
Poster/ArtworkNetflix

[Kino] The Substance (2024)

https://www.imdb.com/de/title/tt17526714/

Elisabeth Sparkle (Demi Moore) ist eine Schauspielerin, die ihre besten Jahre bereits hinter sich hat. Nachdem sie von dem sexistischen Studioboss Harvey (Dennis Quaid) schließlich gefeuert wird, sie deshalb kein regelmäßiges Einkommen mehr hat und aufgrund ihres Alters nun auch keine anderen Rollen mehr bekommt, gerät sie in eine gefährliche Abwärtsspirale der Verzweiflung - bis zu jenem schicksalhaften Autounfall, der sie zu einer mysteriösen Firma führt, die ihr eine rätselhafte Substanz anbietet, die angeblich dafür sorgt, dass man sich vorübergehend in eine bessere Version seiner selbst verwandelt. Wird Elisabeth der Versuchung nachgeben? Die Regeln sind simpel und nicht verhandelbar. Nimmt sie die Spritze mit dem Wundermittel an, muss sie exakt eine Woche in ihrem "besseren" Körper verbringen, gefolgt von einer Woche in ihrem eigentlichen Körper usw. usf.. Wird dieser Rhythmus gebrochen, drohen schlimme Konsequenzen...

"The Substance", Coralie Fargeats blutrünstige Fabel über Bodyshaming, Ageshaming, Ruhm, Selbsthass und den Schrecken einer Identität, die auf den Blicken anderer beruht, ist ein grandioser Film. Punkt. Und das, obwohl man von der 141-minütigen Laufzeit anfänglich abgeschreckt sein könnte. Zu viele Filme blähten in letzter Zeit eine Kurzgeschichte auf epische Ausmaße auf. Doch eines ist ganz sicher: vermutlich noch nie in der Geschichte des Films vergingen 141 Minuten so schnell wie hier und holten den Zuschauer so schnell ab. Elisabeth Sparkle (Demi Moore), der alternde Star im Zentrum der Erzählung, könnte genauso gut tot sein, als die Geschichte beginnt. Eine Karriere vor der Kamera - zunächst als gefeierte Schauspielerin, dann als prominente Fitnesstrainerin in der Sendung "Sparkle Your Life with Elisabeth" - endet abrupt, als der Manager (Dennis Quaid) entscheidet, sie sei zu alt, um die Show weiter zu führen. Dieser Manager ist laut und widerlich und heißt Harvey, was ein wenig über die Subtilität dieses Films verrät: Er hat keine und will auch keine. Er übertreibt, wie der Großteil des Films, absichtlich maßlos. "Ab 50 hört es auf", erklärt er ihr mit einem Mund voll fettiger Garnelen, um zu erklären, warum sie nicht mehr attraktiv ist. Doch dann stammelt er, als sie fragt, was "es" sei - dem Zuschauer ist es längst klar. Dieser Tiefschlag kommt recht früh - sowohl für den Zuschauer, als auch für Elisabeth - und damit ist dieser Tag noch lange nicht dabei, denn schon geht es weiter mit einem brachialen Autounfall, der Elisabeth in ein Krankenhaus bringt, wo ihr ein Assistenzarzt einen Zettel zusteckt "Es hat mein Leben verändert" ist darauf zu lesen.

In Elisabeths Welt gibt es überall Spiegel: echte Spiegel und polierte Türklinken, aber auch Fotos von ihr in den Fluren ihres Ateliers und ein riesiges Porträt in ihrem Haus, sodass ihr jüngerer Körper und ihr Gesicht sie immer wieder anblicken. Wohin sie auch blickt, da ist sie - oder war sie - geschmeidig, durchtrainiert, mit einem verführerischem Lächeln. Elisabeth ist nach Einschätzung jedes vernünftigen Menschen immer noch wunderschön (und Moore ist Anfang 60), aber ständig von einer Version ihrer selbst mit etwas mehr Kollagen umgeben, bringt sie langsam um den Verstand. Eigentlich nachvollziehbar. Und es scheint, als hätte Regisseurin Coraline Fargeat erkannt, dass das menschliche Gehirn nicht dafür entwickelt ist, die Last dieser Art von Selbstbewusstsein zu tragen. Und medizinische Eingriffe zur Veränderung des Aussehens - Medikamente, Eingriffe, eine Spritze hiervon, ein Laser davon - sind zugänglicher denn je. Wenn wir in diese Spiegel starren, wissen wir, wir könnten einfach etwas Geld ausgeben und aufhören, überhaupt darüber nachzudenken. Wir sind besser denn je in der Lage, eine ideale Version von uns selbst zu erschaffen, nämlich die, von der viele Menschen glauben, dass andere sie sehen wollen.


Dieser Zustand versetzt auch Elisabeth in Angst und Schrecken. Sie fühlt, als entgleitet ihr ihre Existenz, als ein paar Dutzend Rosen und eine oberflächliche Dankeskarte für ihre Jahre im Studio in ihrer Wohnung eintreffen. ("Du warst unglaublich!", steht auf der Karte - mit deutlicher Betonung auf "warst".) Doch da ist ja dieser zugesteckte Zettel, der zu einer völlig nebulösen Organisation führt, die Elisabeth schon bald eine Schachtel voller Spritzen und Flüssigkeiten zukommen lässt. Nach der Verabreichung verspricht "The Substance", dass "eine bessere Version von dir selbst" zum Vorschein kommt. Und wie sich herausstellt, ist das sehr wörtlich zu nehmen. Allein in ihrem geräumigen, gefliesten und sehr sterilen Badezimmer bringt Elisabeth (durch ihren Rücken) ein glamouröses, attraktives jüngeres Ich (Margaret Qualley) zur Welt, das sich Sue nennt und für Elisabeths früheren Sendeplatz im Fernsehen vorspricht. Natürlich bekommt sie ihn, denn Harvey kann sich kaum zurückhalten, als er ihren glänzenden rosa Turnanzug, ihr Lächeln und ihren perfekt runden Hintern sieht. Die verbesserte neue Show heißt "Pump It Up With Sue" und ist ein überwältigender Erfolg.

Für Elisabeth ist das ein gewisser Triumph. Doch bald nehmen die Dinge eine unerwartete Wendung. Elisabeth und Sue "sind eins", wie die Beipackzettel von "The Substance" einen auch durch stroboskopartige Texttafeln immer wieder daran erinnern. Sie müssen alle sieben Tage die Körper tauschen, aber Sue zu sein, bringt Elisabeth Bewunderung ein. Also verbringt sie längere Zeit als Sue, und Elisabeth beginnt zu verkümmern.

"The Substance" ist unheimlich direkt und überhaupt nicht subtil. Und das ist gut so. Es ist ein sehr ekliger, blutiger und oft bombastischer Film. Zwar ist die Logik nicht immer ganz schlüssig, insbesondere wenn es darum geht, ob und wie Sue und Elisabeth sich ein Bewusstsein teilen. Es ist jedoch alles Metapher und nicht im Geringsten für eine wörtliche Analyse gedacht. Und am Ende sind wird das alles geradezu monströs und richtig irre - etwas zu irre vielleicht. Fargeat und ihr Kameramann Benjamin Kracun verleihen "The Substance" eine bewusst übertriebene Ästhetik, die außerhalb von Raum und Zeit zu existieren scheint. Die Welt, in der Elisabeth Sparkle lebt, wirkt wie eine Halluzination von Los Angeles - eine Welt mit brutalistischer Architektur und fast menschenleeren Straßen. Es gibt offenbar nur ein einziges Showbusiness-Studio, dessen Interieur aus den 1980er-Jahren stammt, während Elisabeths Wohnung eindeutig im 1990er-Jahre-Stil eingerichtet ist. Der springende Punkt des Films ist auch nicht schwer zu erraten, insbesondere mit Moore in der Hauptrolle, einer Ikone jener Zeit, die in Filmen oft als Sexbombe besetzt wurde. Hier gibt es eine Szene, in der sich Elisabeth auf ein Date vorbereitet - und sich so lange umstylt, bis sie letztlich doch verzweifelt zu Hause bleibt - eine absolut starke Sequenz.

Doch "The Substance" interessiert sich auch - vielleicht mehr als alles andere - für das, was oft als "männlicher Blick" bezeichnet wird, obwohl dieser Begriff heute reduktionistisch wirkt. Die Kamera gafft hier unverhohlen Moores und Qualleys Körper an, gleitet langsam an ihrem Bild auf und ab, gekleidet und beleuchtet in einer scharfen, glänzenden Art und Weise, die vor allem an Pornos erinnert. Es geht endlos weiter, und es ist unangenehm, und genau darum geht es. Man hat unzählige Schauspielerinnen - und in letzter Zeit auch Schauspieler - gesehen, die so gedreht wurden. Doch die Steigerung und Übertreibung macht den Film satirisch, um den Zuschauer daran zu erinnern, was Filme mit unserer Wahrnehmung von Körpern gemacht haben. Man stellt sich die Frage, ob ein männlicher Regisseur dies mit genau solche einer Ästhetik hinbekommen hätte und die Antwort dürfte eher zum "Nein"-Bereich tendieren. "The Substance" erinnert nicht nur an die absurden Maßstäbe weiblicher Schönheit und die zerstörerische Macht des Berühmtseins, sondern richtet die schärfste Kritik gegen die Art und Weise, wie wir uns antrainiert haben, Schönheit zu betrachten, und die Wirkung, die das auf uns selbst hat. Der Film ist, passenderweise, ein Spiegel, und das Unbehagen offenbart unsere eigenen verborgenen Vorurteile und Ängste über uns selbst. Älter sein, berühmt sein, gesehen werden, geliebt werden, von jemandem Jüngeren und Attraktiveren verdrängt werden - all das steckt hier drin. Nichts erinnert einen besser daran, was darunter lauert, als ein Spiegel.

9/10

Quellen
Inhaltsangabe: MUBI
Poster/ArtworkWorking Title Films/Blacksmith/A Good Story

Samstag, 29. März 2025

Mufasa: The Lion King - Mufasa: Der König der Löwen (2024)

https://www.imdb.com/de/title/tt13186482/

Wenn es im Königreich eine Konstante gibt, dann ist es der Affe Rafiki (Stimme im englischen Original: John Kani), der seit jeher die Geschichten des Landes sammelt und sicherstellt, dass sie über die kommenden Generationen hinweg weitererzählt und damit erhalten werden. Und so ist es Rafiki, der Simbas (Donald Glover) und Nalas (Beyoncé) noch kleiner Tochter Kiara (Blue Ivy Carter), die Geschichte von Simbas Vater Mufasa (Aaron Pierre) erzählt. Denn dieses Leben nahm alles andere als einen königlichen Anfang. Als einsames verwaistes Löwenjunges scheint die Geschichte Mufasas bereits vorgezeichnet. Doch das Schicksal hatte andere Pläne mit ihm und ließ in an Taka (Kelvin Harrison Jr.) geraten. Taka war zu dieser Zeit selbst Thronfolger der Löwen, der jedoch mit seiner Rolle und den damit verbundenen Erwartungen haderte und lieber mit ein paar ebenso orientierungslosen Außenseitern, denen sich Mufasa schließlich anschloss, durchs Land reiste. Dieses große, vermeintliche Abenteuer entpuppte sich jedoch schnell als Feuertaufe für die Vagabunden, die sich nicht nur sich selbst, sondern auch einer dunklen Bedrohung stellen musste. Damit dieses Geschichte jedoch nicht zu finster wird, stehen Rafiki zum Glück noch Timon (Billy Eichner) und Pumba (Seth Rogan) zur Seite.

Es ist ein technisches Wunderwerk. Mit denselben fotorealistischen CGI-Techniken wie John Favreaus Live-Action-Remake des Disney-Klassikers "Der König der Löwen" aus dem Jahr 1994 ist diese Entstehungsgeschichte von Mufasa, Simbas Vater und der Figur, deren Tod im Originalfilm der Auslöser ist, ein visuell fesselndes Spektakel. Unter der Regie von Barry Jenkins fühlt sich "Mufasa: Der König der Löwen" wie ein gewaltiger Sprung nach vorn in Bezug auf die Rendering-Kapazität von Computeranimationssoftware an. Er fängt nicht nur das Fell ein, sondern auch das Spiel der Muskeln und Sehnen darunter; nicht nur Wasser und Eis, sondern auch die winzigen Lichtbrechungen durch einen Tropfen oder Kristall. Er behebt sogar den fehlenden Gesichtsausdruck der etwas ausgestopften Tiere im Film von 2019. Blickt man in die klaren, bernsteinfarbenen Augen von Mufasa (Aaron Pierre), kann man fast seine Seele sehen. Oder man könnte es zumindest, wäre da nicht die Tatsache, dass diese Seele ein Aspekt ist, der in dieser schönen, aber zynischen Unternehmensübung auffällig fehlt.

Eine Lektion, die man sich in dieser Ära der geldgierigen Studioproduktionen immer wieder merken sollte, ist: Egal, wie beliebt das Ausgangsmaterial ist und wie viele Hunderte von Millionen man in ein Projekt steckt (das Budget für "Musafa" wurde nicht veröffentlicht, wird aber auf über 200 Millionen Dollar geschätzt), der resultierende Film wird immer nur so gut sein wie sein Drehbuch. Und genau darin liegt das Problem. Das Drehbuch von Jeff Nathanson ist schmalzig, abgeleitet und schmerzhaft ernst. Es recycelt Themen und Stilmittel aus den vorherigen Filmen. Die humorvollen Versuche der wiederkehrenden Charaktere Pumbaa, das Warzenschwein (gespielt von Seth Rogen), und Timon, das Erdmännchen (Billy Eichner), verpuffen einfach so. Im Mittelpunkt der Geschichte steht die konfliktreiche Beziehung zweier Brüder - eine uralte Geschichte mit Wurzeln, die bis ins Buch Genesis zurückreichen: Kain und Abel, wenn man so will. Diese Dynamik wird dadurch erschwert, dass Mufasa, der als Jungtier durch eine reißende Flut von seinen Eltern getrennt wurde, und Taka, ein Löwenprinz von edler Herkunft, nicht blutsverwandt sind. Nachdem Taka (Theo Somolu als Jungtier; Kelvin Harrison Jr. als junger Erwachsener) Mufasa aus den Fängen von Krokodilen rettet, wird Mufasa von Takas Rudel adoptiert und von Taka als Bruder anerkannt. "Ich wollte schon immer einen Bruder!" - eine von Lin-Manuel Mirandas eingängigeren Kompositionen für den Soundtrack des Films - festigt die Adoptivbeziehung. 

Nicht alle sind ihm gegenüber aufgeschlossen. Takas königlicher Vater, der König seines Reiches und Anführer des Rudels, verbannt Mufasa zu den Löwinnen. Dort lernt Mufasa jagen und Fährtenlesen. Taka genießt derweil das Prestige des inneren Kreises der männlichen Löwen, lernt aber kaum mehr als die Kunst, tagsüber ein Nickerchen zu halten. Als das Rudel von einem rivalisierenden Clan Albino-Großkatzen bedroht wird, der vom rachsüchtigen Kiros (Mads Mikkelsen) angeführt wird und alle anderen Löwen wahllos abschlachten will, erkennt Taka schnell, dass er schlecht gerüstet ist, um sich zu wehren. Auf Befehl seines Vaters flieht Taka vor der Bedrohung durch das siegreiche Rudel, um die Blutlinie zu bewahren - mit Mufasa als seinem treuen Beschützer. Auf ihrer Reise, die sie durch so viele dramatisch unterschiedliche Gebiete führt, dass sie sich wie ein Werbevideo anfühlt, das die Vielseitigkeit der CGI-Technologie demonstriert, treffen sie Sarabi (Tiffany Boone), eine junge Löwin, deren Rudel ebenfalls von Kiros und seiner Bande von Großkatzenkolonisatoren dezimiert wurde. Sarabis Anwesenheit verschärft die brüderliche Rivalität zwischen Mufasa und Taka und verstärkt Takas schwelende Gefühle der Unzulänglichkeit. 

Das Ganze ist zweifellos gekonnt inszeniert. Die Actionsequenzen - insbesondere die frühe Flussrettung des Jungen Mufasa - sind raffiniert gestaltet und effektvoll dynamisch. Vielleicht hätte der Film von ein oder zwei Musiknummern profitieren können, obwohl die Lieder typische Ohrwürmer sind. Und doch ist hier kaum eine eigenständige Regie zu spüren. Letztendlich ist ein mehr oder weniger angemessenes Disney-Prequel eine Verschwendung der Gaben eines Regisseurs, der Poesie im Herzen trägt und andere, wichtigere Geschichten zu erzählen hat.

6/10

Quellen
Inhaltsangabe: Disney
Poster/ArtworkDisney

Mittwoch, 26. März 2025

Strange Darling (2023)

https://www.imdb.com/de/title/tt22375054/

Eine junge Frau (Willa Fitzgerald), die einfach mal etwas Dampf ablassen will, trifft in einer ländlichen Bar einen etwas exzentrisch wirkenden, für diese Gegend aber gar nicht so übel aussehenden Mann (Kyle Gallner). Bevor sie sich versehen, fahren die zwei bereits zu einem Motel und wollen es dort krachen lassen. Sie realisiert, dass sie den Burschen überhaupt nicht kennt und fragt – auch um das Eis ein wenig zu brechen – augenzwinkernd, ob sie sich in sicherer Gesellschaft befände oder ob er ein Serienkiller sei. Nachdem er die Frage erstaunlich zögerlich verneint, beginnen die beiden mit heißen Rollenspielen und verbringen die Nacht zusammen. Am nächsten Morgen muss die junge Frau dann allerdings feststellen, dass ihr One-Night-Stand sie am Vorabend offenbar angelogen hat. Denn plötzlich jagt er sie mit einer Schrotflinte bewaffnet kreuz und quer durch den umliegenden Wald. Völlig erschöpft und in Todesangst entdeckt sie eine Hütte im Dickicht. Sie klopft an die Tür und hofft bei dem ihr öffnenden Alt-Hippiepärchen (Ed Begley Jr., Barbara Hershey) Unterschlupf zu finden...

Drehbuchautor und Regisseur JT Mollner mischt die erzählerischen Karten neu mit diesem makabren, genialen Serienkiller-Horror, dessen Kapitel nicht linear ablaufen. Jede erzählerische Karte ist mit unverschämter Provokation versehen - ein großspurig und wenig hilfreicher Beitrag zu den Fragen der Sexualpolitik, die der Zuschauer am Ende von männlichen und weiblichen Beamten diskutieren sehen. Der Film erinnert an die Optik von Filmen, die vor vier oder fünf Jahrzehnten gedreht wurden; gedreht auf 35-mm-Film vom Schauspieler und Kameramann Giovanni Ribisi, ist er ein grausiger Schocker voller Frauenfeindlichkeit und dem Klischee des "Final Girl". Der Film erinnert an Werke von Tobe Hooper, mit einer unheimlichen Kameraeinstellung im Stil von Brian De Palma (die ein bedrohliches Gesicht in Nahaufnahme und eine ebenso fokussierte Figur weit dahinter zeigt) und einer verängstigten Frau am Steuer eines Ford Pinto von 1978 (dem Auto aus dem Stephen-King-Gruselfilm "Cujo" von 1983). 

Der Film beginnt mit einigen pseudohistorischen Hintergrundinformationen über einen Serienmörder, der einige Jahre zuvor im Herzen Amerikas einen Amoklauf beging; der Spitzname des Mörders wird frech verschwiegen. Schon sieht der Zuschauer einen grimmig dreinblickenden Kerl (gespielt von Kyle Gallner), bewaffnet mit einer Schrotflinte, der ein verängstigtes Opfer (Willa Fitzgerald) rücksichtslos jagt; die hysterische Frau sucht Schutz im Waldhaus zweier alter Hippies, gespielt von Ed Begley Jr. und Barbara Hershey. Ein Rückblick auf ein früheres Kapitel zeigt, dass Jäger und Beute einmal eine Art One-Night-Stand hatten; er nimmt sie mit in ein Hotel, und sie bemerkt, dass sie ihn kaum kennt, und fragt unbekümmert, ob er ein Serienmörder sei. Als sie eine beruhigende Verneinung erhalten, beginnen sie ein sehr gefährliches, grenzüberschreitendes sexuelles Rollenspiel, das alle Beteiligten aus ihrer Komfortzone locken soll; Rollenspiel, das mit erschreckender Unvermeidlichkeit real wird, obwohl die erzählerische Unterbrechung den genauen Moment verschleiert, in dem dies geschieht. Es ist von kompromisslosem Geschmack, aber mit tödlicher Präzision und Disziplin gemacht.

7,5/10

Quellen
Inhaltsangabe: Netflix
Poster/ArtworkNetflix

Dienstag, 25. März 2025

鲨口逃生 - Escape Of Shark - Shark Escape (2021)

https://www.imdb.com/de/title/tt15334014/

Wang Lei (Bolin Yu) ist ein ehemaliger Tauch-Champion, der den Sport aufgegeben hat, nachdem seine geliebte Frau dabei von einem Hai getötet wurde. Zum ersten Mal seit damals gönnt er sich nun einen Urlaub. In dem thailändischen Luxus-Beach-Resort, das er sich dafür ausgesucht hat, gehen ausgelassene Tanznächte im hauseigenen Club und tägliche Partys am Strand scheinbar ununterbrochen ineinander über. Eines Vormittags rollt dann aber eine gigantische Tsunamiwelle auf die Küste zu und setzt das komplette Hotelgebäude schnell brusthoch unter Wasser. Plötzlich schwimmen riesige, aus dem Meer eingedrungene Haie durch die Flure und geben sich extrem aggressiv und blutrünstig. Wird Wang Lei es schaffen, nicht nur selbst den hungrigen Raubfischen zu entkommen, sondern mit Hilfe seines Unterwasser-Talents auch noch anderen Urlaubern das Leben zu retten?

Als wäre es nicht schlimm genug, dass Urlauber in einem gefluteten Hotel nach einem Tsunami festsitzen, nein, da gesellt sich auch noch ein situationsangemessen größenvariabler Hai dazu. Dass dieser durch die Gänge eines mehrstöckigen Hotels schwimmt scheint hier niemanden zu verwundern - den Zuschauer tuts. Dazu kommt noch die übliche Alibi-Story über einen ehemaligen Free Diver (so ein Zufall!) Wang Lei, dessen Braut am Tag ihrer Hochzeit einst von einem Hai weggefuttert wurde - und nun ist die Zeit der Rache gekommen. Im Grunde genommen hat dieser chinesische Film ja die richtige Idee, indem er seine Tierhorror-trifft-auf-Katastrophenfilm-Prämisse in nicht einmal 70 Minuten inklusive Abspann förmlich durchprügelt und dabei die vermeintlich langweiligen Stellen, die bei solchen Stoffen sonst die Laufzeit strecken sollen, einfach weglässt... aber leider hat "Shark Escape" aber doch das Problem, dass er zum einen nur ziemlich schlechte Effekte auf Lager hat und sein von westlichen Vorbildern abgeschautes Nichts an Handlung dann noch nicht mal mit actionreichen und aufregenden Set-Pieces ein wenig aufwerten kann, weswegen man sich trotz aller vermeintlichen Exotik doch nur vorkommt wie im nächstbesten The Asylum-Trash. Furchtbar.

2/10

Quellen
Inhaltsangabe: Splendid
Poster/ArtworkiQIYI Pictures

Montag, 24. März 2025

[SERIE] Adolescence

https://www.imdb.com/de/title/tt31806037/

Der Mordfall an einem jungen Mädchen erschüttert eine kleine Gemeinde und wirft unzählige Fragen auf. Die Ermittlungen laufen auf Hochtouren, und schon bald gerät der 13-jährige Jamie Miller (Owen Cooper) ins Visier der Polizei. Als er unter Mordverdacht verhaftet wird, stürzt seine Familie in ein tiefes Chaos – Verzweiflung, Angst und Zweifel breiten sich aus. Während die Ermittler versuchen, die Wahrheit ans Licht zu bringen, wird Jamie in der Schule und in der Öffentlichkeit zur Zielscheibe von Misstrauen und Hass. Freunde wenden sich ab, die Medien stürzen sich auf den Fall, und selbst seine Eltern beginnen, an ihrer eigenen Wahrnehmung zu zweifeln. Ist Jamie wirklich der Täter, oder steckt mehr hinter dieser erschütternden Geschichte? Niemand will glauben, dass ein so junger Teenager zu einer solch grausamen Tat fähig sein könnte. Doch mit jeder neuen Enthüllung verschwimmen die Grenzen zwischen Schuld und Unschuld. Was geschah wirklich in jener verhängnisvollen Nacht, und wer ist am Ende das wahre Opfer?

https://www.imdb.com/title/tt31842380/
1. Episode 1
Detective-Inspektor Luke Bascombe und Detective-Sergeant Misha Frank führen eine Razzia im Haus der Familie Miller mit Vater Eddie, Mutter Manda, Tochter Lisa und der 13-jährige Sohn Jamie durch. Sie verhaften Jamie wegen Mordverdachts und bringen ihn zur nahegelegenen Polizeiwache. Unter Tränen beteuert Jamie seine Unschuld, während er verhört und bald darauf in eine Arrestzelle gebracht wird, während seine Familie auf der Wache eintrifft. Eddie erklärt sich bereit, für Jamie als gesetzlicher Vormund einzustehen und ihn bei der Durchsuchung und Befragung zu begleiten. Eddie fragt Jamie unter vier Augen, ob er das Verbrechen begangen habe, und glaubt seinem Leugnen. Bascombe gerät mit Paul Barlow, dem Anwalt, der Jamie vertritt, aneinander. Eddie beaufsichtigt derweil Jamies Leibesvisitation. Bascombe und Frank befragen Jamie weiterhin. Als das Thema zu Jamies sexuellen Beziehungen kommt, stellt sich heraus, dass Jamie in sozialen Medien mehrere sexuell explizite Kommentare über weibliche Models abgegeben hat. Anschließend wird er zu Katie Leonard befragt, dem Mädchen aus seinem Schuljahr, das ermordet wurde. Barlow schlägt eine Pause vor, um etwas zu besprechen, doch Eddie besteht darauf, dass sein Sohn nichts zu verbergen hat. Bascombe zeigt den beiden Überwachungsaufnahmen, die zeigen, wie Jamie Katie am Vorabend auf einem Parkplatz ersticht. Nachdem Bascombe das Verhör abgebrochen hat, weinen Jamie und Eddie im Verhörraum. Eddie zuckt kurz zusammen, als Jamie ihn berührt, bevor sie sich fest umarmen. - 9/10

https://www.imdb.com/title/tt33079592/
2. Episode 2
Drei Tage nach dem Mord besuchen Bascombe und Frank Jamies Schule, um mit Jamies und Katies Klassenkameraden zu sprechen, in der Hoffnung, mehr über Jamies Motiv und den Fundort der Tatwaffe zu erfahren. Bascombes Sohn Adam ist ebenfalls Schüler der Schule. Die Beamten stellen fest, dass die Lehrer überfordert sind und mit widerspenstigen Schülern kaum umgehen können. In der gesamten Schule machen die Nachrichten über den Mord und Jamies Beteiligung die Runde. Katies Freundin Jade ist besonders bestürzt über den Mord und weigert sich, die Fragen der Beamten zu beantworten. Später greift sie Jamies Freund Ryan an und beschuldigt ihn, Katies Tod verursacht zu haben. Als Bascombe und Frank in der Krankenstation nach Ryan sehen, ist er zunächst kooperativ, wird aber bald ausweichend und will keine Fragen beantworten. Er verlässt den Raum, als die Tatwaffe erwähnt wird. Adam geht auf seinen Vater zu und erklärt, wie bestimmte Emojis von Teenagern zur Kommunikation in sozialen Medien verwendet werden. Er enthüllt, dass Katie diese Form verschlüsselter Sprache benutzt hat, um Jamie auf Instagram als Incel zu beschuldigen und damit eine Cybermobbing-Kampagne gegen ihn gestartet hat. Bascombe und Frank sind von dieser Enthüllung beunruhigt. Als sie Ryan erneut befragen wollen, flieht dieser plötzlich durch das Fenster und Bascombe jagt ihn aus der Schule. Als Ryan gefasst wird, enthüllt er, dass das Messer, mit dem Jamie Katie erstochen hat, ihm gehörte. Ryan wird am Ende des Schultages wegen Verschwörung verhaftet, und Frank geht, um Anklage gegen Jamie zu erheben. Bascombe holt Adam ab, damit sie mehr Zeit miteinander verbringen können, während Eddie den Ort von Katies Mord besucht, um zu ihrem Gedenken Blumen niederzulegen. - 8/10

https://www.imdb.com/title/tt33079593/
3. Episode 3
Sieben Monate nach dem Mord trifft sich die Psychologin Briony Ariston mit Jamie in einer Jugendstrafanstalt, um ein Gutachten über seinen psychischen Gesundheitszustand zu erstellen. Jamie war vor Kurzem in eine gewalttätige Auseinandersetzung mit einem anderen Häftling verwickelt und ist sichtlich verärgert darüber, dass Ryan im Gegensatz zu ihm die Zeit vor dem Prozess zu Hause verbringt. Briony macht Jamie klar, dass es ihr nur darum geht, sein Verständnis der Umstände des Falls einzuschätzen, nicht den Fall selbst. Jamie jedoch lässt sich auf ein Spiel seiner eigenen Überlegenheit ein, was aufgrund seiner emotionalen Unreife zu einem chaotischen Geschehen wird und sein mutmaßliches Verbrechen, dessen mögliche Motive und die ihnen zugrunde liegende Subkultur in den Mittelpunkt der Diskussion rücken. Auf Brionys Drängen zu einer Erklärung liefert er eine vollständige Chronologie der Ereignisse: Nachdem ein anderer Klassenkamerad Katies Oben-ohne-Foto in der Schule verbreitet hatte, fragte Jamie Katie nach einem Date, da er dachte, sie sei "leicht zu haben" und daher eher bereit, seine Anfrage anzunehmen. Katie wies ihn jedoch zurück und schrieb kurz darauf die in Episode 2 erwähnten spöttischen Instagram-Kommentare über ihn. Während des gesamten Interviews schwankt Jamies Stimmung stark zwischen freundlich, paranoid, aggressiv und bedrohlich. Dazu gehören mehrere Wutausbrüche, ein versehentliches Geständnis und aufgestaute Wut, die Briony schwer erschüttern. Nachdem sie Jamie mitgeteilt hat, dass dies ihre letzte Sitzung ist, verlangt Jamie zu wissen, ob Briony ihn mag. Sie weigert sich zu antworten, was Jamie noch mehr aufregt und ihn letztlich dazu zwingt, hinausbegleitet zu werden. Briony weint danach still vor sich hin, bevor sie geht. - 9/10

https://www.imdb.com/title/tt33079594/
4. Episode 4
Dreizehn Monate nach dem Mord versuchen die Millers, zur Normalität zurückzukehren, während Jamie auf seinen Prozess wartet. An Eddies 50. Geburtstag wird sein Van von Teenagern besprüht. Eddie plant, später am Tag mit Manda und Lisa ins Kino zu gehen, um die Stimmung aufzulockern, aber zuerst gehen sie in einen Baumarkt, um die Farbe vom Van zu entfernen. Dort wird Eddie noch mehr beunruhigt, als ihn ein junger Angestellter erkennt und Jamie unbeholfen seine Unterstützung ausdrückt. Eddie kauft Farbe, um den Van neu zu streichen. Draußen entdeckt er die Teenager, die den Van besprüht haben, und bedroht sie wütend, bevor er aus Wut die Farbdose auf seinen Van wirft. Auf der Heimfahrt ruft Jamie an und verkündet sein Vorhaben, sich schuldig zu bekennen. Zu Hause verarbeiten Eddie und Manda Jamies bevorstehenden Prozess und machen sich Vorwürfe, seiner Online-Radikalisierung nicht genügend Aufmerksamkeit geschenkt zu haben. Eddie kehrt in Jamies leeres Schlafzimmer zurück und beginnt dort, laut zu weinen. In einer letzten Szenen wünscht er sich, er hätte seinen Sohn zu einem besseren Menschen gemacht. - 9/10

Quellen
Inhaltsangabe: Netflix
Poster/ArtworkNetflix

Sonntag, 23. März 2025

[KINO] Novocaine - Mr. No Pain (2025)

https://www.imdb.com/de/title/tt29603959/

Der unscheinbare Nate Caine (Jack Quaid) arbeitet als stellvertretender Filialleiter in einer Bank in San Diego. Doch gerade als durch eine frische Beziehung zu seiner Kollegin Sherry (Amber Midthunder) etwas Aufregung in sein langweiliges Leben kommt, wird die Bank von drei Weihnachtmänner überfallen und Sherry entführt. Da sieht Nate keine andere Wahl, als sich auf eine gefährliche Rettungsmission zu begeben. Was zunächst nach einer hoffnungslosen Aufgabe aussieht, wird zu seinem Vorteil, als er eine ungewöhnliche Fähigkeit entdeckt: Er kann auf Grund einer seltenen Erbkrankheit keinen Schmerz empfinden. Diese besondere Stärke gibt Nate den Mut, sich über alle Hindernisse hinwegzusetzen, um das Leben der Frau, die ihm alles bedeutet, zu retten. Unterstützung erhält er dabei nicht nur von den Polizist*innen Coltraine (Matt Walsh) und Mincy (Betty Gabriel), sondern auch von seinem einzigen Freund Roscoe (Jacob Batalon).

In einer Post-"John Wick"-Ära, die das Actionkino unzweifelhaft modernisierte, nähert sich der Nervenkitzel des Genres seltsamerweise immer mehr dem ältesten aller Kinovergnügen an: dem Slapstick. Besonders im Subgenre des Actionfilms, wo auch die Gewalt immer absurder wird, beginnen diese Filme, das alte Format zu wiederholen. Und je kreativer und ungeheuerlicher der Schmerz, desto intensiver scheint das Vergnügen. Das ist im Wesentlichen die Art von albernem, blutigem Spaß die in "Mr. No Pain" ("Nococaine") unter der Regie von Robert Olsen und Dan Berk, der dieses Verständnis so offen wie möglich aufgreift. Der Schlüssel liegt in einer Art Unbesiegbarkeitsklausel. Wenn der Actionheld praktisch unzerstörbar ist, können der Schmerz und seine verrückten Folgen endlos sein. Nate (Jack Quaid) kann nämlich aufgrund einer genetischen Störung keinen Schmerz empfinden, da sein Nervensystem solche Gefühle überhaupt nicht wahrnimmt. Das Konzept erscheint ideal, bis man erfährt, dass er sich für den Toilettengang einen Timer im Drei-Stunden-Takt stellt (damit seine Blase nicht platzt) und sich ausschließlich von Flüssigkeiten ernährt (um sich nicht unwissentlich die Zunge abzubeißen). Sein Zustand ist unangenehm und schränkt ihn ein, bis er die seltene, erstklassige Gelegenheit erhält, ihn zu nutzen, um ein "Punisher" für Arme zu werden. Andere Filme haben diese Idee auf einzigartige und oft alberne Weise interpretiert (von Jason Statham in "Crank" bis Logan Marshall-Green in "Upgrade"), doch dieser Film treibt sie mit dieser fast schon dämlich-simplen Prämisse auf die Spitze. Und da sind so viele Möglichkeiten, wie man versuchen kann, diese heraufzubeschwören.

Nate, der schüchterne, dürre stellvertretende Geschäftsführer einer örtlichen Bank, ist außerdem in eine der Angestellten verknallt, die quirlige, schlagfertige Sherry (Amber Midthunder). Die hübsche und extrovertierte Sherry ist die erste Person, die Nate aus seinem Schneckenhaus lockt, und nach einer leidenschaftlichen gemeinsamen Nacht ist er mehr als nur hingerissen. Als Räuber (darunter ein wahnsinnig hinterhältiger Ray Nicholson) in Weihnachtsmannkostümen und mit gezogenen Waffen die Bank stürmen, entkommen sie nicht nur mit Bargeld, sondern auch mit Sherry als Geisel. Nate, der bereits hoffnungslos verliebt ist, überwindet in der Not seine Mitleidslust und ist fest entschlossen, seine Geliebte mit allen Mitteln zurückzuholen. Was folgt, ist eine Verfolgungsjagd quer durch die Stadt mit zahlreichen Boxenstopps voller Schüsse, geballter Fäuste, Sprengfallen, Verbrennungen und Blut, das Nate ständig eindrucksvoll einsteckt.

"Mr. No Pain" ist an mancher Stelle echt schwer anzusehen, aber eben auch genau so, wie man es sich im Grunde seines Herzens wünscht. Die Brutalität hält sich nicht zurück und bricht selten in den Momenten ab, in denen man sich selbst in stellvertretender Verteidigung an den eigenen Körper klammert. Es ist herrlich unnötig. Die Verletzungen, die Nate sich teilweise selbst zufügt und von anderen erleidet, reichen von urkomisch bis erschütternd, von schmerzhaft bis eklig und Lars Jacobsons klug geschriebenes Drehbuch jongliert gekonnt mit dem Spektrum der Tonalität. Hautblasen verursachende, knochenbrechende Traumata werden nicht nur für Humor und Action, sondern auch für die Struktur der Geschichte genutzt. Geschickte Versatzstücke halten das rasante Tempo des Films aufrecht, ohne dass Details über Bord geworfen werden. Doch trotz Nates fast schon mitleiderregender Hingabe an Sherry, die als Zentrum seiner Sehnsucht dient, bleibt die Chemie zwischen Quaid und Midthunder hinter Seifenopern zurück. Während die Intention des Genre-Mixes von "Mr. No Pain" darin besteht, Nate als liebeskranken Trottel darzustellen (der komödiantische Kern) und diesen mit seiner Jagd nach den Tätern (der Achse der Handlung) zu untergraben, ist die Romanze der Hauptdarsteller die treibende Kraft des rasenden Blutbads, ohne in der sich steigenden Handlung fesselnd zu sein. Es gibt immerhin einen schwachen Versuch, die Tiefe ihrer Affäre mit dem Entblößen verborgener Narben zu verknüpfen, doch ironischerweise ist dies das flüchtigste Detail des Drehbuchs. Die Liebesgeschichte darf konzeptionell roboterhaft und banal sein - das trägt zum albernen Kern des Films bei -, doch die Umsetzung hätte einen schmerzlich vermissten Funken zwischen den Hauptdarstellern gebraucht, um die darauffolgende lächerliche, abgedroschene Absurdität zu vermitteln.

In einem Film dieser Art wäre es einfach, Eingeweide an die Wand zu werfen und zu sehen, was hängen bleibt, doch hier wird bodenständiges Handwerk gezeigt. Man könnte die Prämisse als Spielerei bezeichnen, aber der Film hat genug Fantasie, um daraus eine lockere Achterbahnfahrt zu machen, bei der der Spaß darin liegt, dass der Zuschauer zusammenzuckt. Und das, obwohl die Actionsequenzen selbst, abgesehen von all den extremen Schmerzmomenten, in Choreografie und Kameraführung eigentlich recht banal sind und es ihnen an dem druckvollen, kinetischen Flair mangelt, das zum Markenzeichen moderner Actionfilme geworden ist. Doch diese Szenen zwingen einen, sich ganz hineinzustürzen und dann wieder zurückzulehnen. Stattdessen lebt die brutale Komödie vor allem von Quaid, der das komische Paradoxon eines unfreiwilligen Helden, der einfach nicht aufgeben will, natürlich und geschickt verkörpert. Quaid ist fantastisch in der Rolle, erfindet das Rad des charmanten Trottels zwar auch nicht gerade neu, fügt aber eine Prise autonomer Badass-Attitüde hinzu, die der Zuschauer selbst in seiner ähnlichsten (und berühmtesten) Rolle in der Serie "The Boys" noch nicht aufblühen sah. Quaid verkörpert einen Cocktail aus schriller Panik und fehlgeleitetem Elan mit einer gut durchdachten Geschichte, aber dennoch eine liebenswerte Darstellung, die bis zum Schluss fesselt. Er ist einfach der sympathische, mitleiderregende Trottel, den man sofort ins Herz schließt und ihn einfach nur wünscht, dass er durchkommt. Egal wie.

Nimmt man alles zusammen ist "Mr. No Pain" rasendes, ausgelassenes Schauspiel: Ein Film, in dem der Held der Geschichte seinen Titel trotz wiederholter Prügel verteidigt. Berk und Olsen schaffen eine beeindruckende, unterhaltsame Actionkomödie ohne nennenswerte Längen, die ihre Torture-Porn-Wurzeln in Neonlicht und Humor gleichermaßen zur Schau stellt. Während Blut spritzt und Körper sich verbiegen, Knochen knacken und sich Gelenke winden, sorgt "Mr. No Pain" für Lachen, Grimassen und Zusammenzucken, auch wenn Nate nichts davon tut.

7/10

Quellen
Inhaltsangabe: Paramount Pictures
Poster/ArtworkParamount Pictures

Donnerstag, 20. März 2025

The Stepfather - Stepfather (2009)

https://www.imdb.com/de/title/tt0814335/

Ein Mann (Dylan Walsh) will sein altes Leben hinter sich lassen. Es handelt sich dabei um einen Psychopathen, der seine Familie umgebracht hat. Er lebt Monate später unter dem Namen David Harris in einer anderen Stadt und ist auf der Suche nach einer neuen Familie. In einem Supermarkt begegnet er der vor nicht allzu langer Zeit geschiedenen Susan Harding (Sela Ward). Die beiden kommen ins Gespräch und verstehen sich gleich blendend. Schnell zieht David bei Susan und ihren Kindern ein - auch von Hochzeit ist rasch die Rede. Alles scheint perfekt, nur der kürzlich heimgekehrte Sohn Michael (Penn Badgley) misstraut dem neuen Mann im Leben seiner Mutter...

In diesem Remake des Videotheken-Kultklassikers aus dem Jahr 1987 jagt ein Serienkiller Witwen und geschiedene Frauen mit Kindern. Die Prämisse ist eigentlich ganz gut. Ein seltsam sympathischer Mann in den Vierzigern hat einen sechsten Sinn dafür, gestresste und einsame alleinerziehende Mütter in Supermärkten und kleinen Läden aufzuspüren. Er bezaubert sie und freundet sich mit ihnen an. Anders als all die anderen schmierigen Typen auf der Suche nach einem One-Night-Stand, scheint dieser Mann tatsächlich eine feste Beziehung zu wollen und der Stiefvater der Kinder zu sein – die, weiß Gott, den starken und stabilisierenden Einfluss eines Mannes gut gebrauchen könnten. Dann, etwa sechs Monate nachdem er sich in das Haus der Familie eingeschlichen hat, bricht das Konstrukt zusammen, er ermordet sie alle und zieht weiter in eine neue, weit entfernte Stadt: Der Zuschauer seht die Vorgehensweise in einem grausamen Vorspann. Dylan Walsh spielt den Killer David, der nun eine geschiedene Frau im Visier hat, aber interessanterweise etwas zu spät kapiert, dass sie neben ihren beiden harmlosen kleinen Kindern auch einen großen, wilden älteren Sohn hat, der gerade von der Militärschule zurück ist – und diesem Sohn gefällt der Anblick von Mamas neuem Freund überhaupt nicht. Wohin das dann läuft sollte jedem klar sein, was dabei herauskommt, auch. Doch der Weg dahin ist unterhaltsam und besonders gut ist in diesem blutigen Horrorfilm Davids peinlicher, aber raffinierter Gegentrick, seinen Stiefsohn zu bitten, sein Trauzeuge bei der Hochzeit zu sein. Das ist alles sehr albern, aber effektive Popcorn-Unterhaltung und damit völlig okay.

6/10

Quellen
Inhaltsangabe: Sony Pictures
Poster/ArtworkSony Pictures/Screen Gmes

Dienstag, 18. März 2025

Quarantine 2: Terminal - Quarantäne 2: Terminal (2011)

https://www.imdb.com/de/title/tt1699231/

Es sollte ein ganz normaler Arbeitstag für Stewardess Jenny (Mercedes Masöhn) und ein problemloser Flug für die Passagiere werden. Doch alles soll anders kommen, als ein sichtlich kranker Passagier kurz nach Abflug völlig ausflippt, gegen die Kabinentür des Piloten hämmert und selbigen zwingt, das Flugzeug notzulanden. Auf dem Landeplatz stellt sich schnell heraus, dass der seltsame Typ aus dem Flugzeug einen extrem ansteckenden Virus in sich trägt und bereits weitere Fluggäste infiziert hat. Blitzschnell wird der gesamte Terminal von den staatlichen Behörden unter Quarantäne gestellt. Den Beteiligten wird allmählich klar, dass sie nur als Versuchskaninchen für einen möglichen Antivirus am Leben gelassen werden. Es beginnt ein blutiger Überlebenskampf gegen die Regierung und die vom Virus befallenen Bestien.

"Quarantine 2: Terminal" ist erstaunlicherweise nicht nur eine gute Fortsetzung, sondern auch die eines Remakes. Der Film weicht völlig von "[REC] 2" ab, dem Nachfolger des Films, den "Quarantine" quasi 1:1 kopierte, und vermischt bekannte Zutaten zu einer spannenden, gruseligen und blutigen Reise. Obwohl der Film nicht wie "[REC] 2" in das von der Infektion heimgesuchte Gebäude zurückkehrt, knüpft er an dieselbe Nacht wie sein Vorgänger an und nimmt den Zsuchauer mit an Bord eines kleinen Verkehrsflugzeugs, das einen Nachtflug von L.A. nach Nashville antritt. Während Pilot und Copilot sich auf den Start vorbereiten und die beiden Stewardessen die wenigen Passagiere für den Flug vorbereiten, macht sich Drehbuchautor und Regisseur John G. Pogue, der weiß, dass der Zuschauer weiß, dass einer dieser Menschen an Bord diesen blöden Zombie-Virus mit an Bord gebracht hat, einen Spaß daraus, das Publikum mit der Frage zu ärgern, wer es sein könnte. Das Virus zeigt seine Auswirkungen natürlich erst, nachdem der Flieger schon eine Weile in der Luft war, und bringt unsere Helden und Heldinnen in eine noch beengtere Situation als im vorherigen Film.

Der Untertitel von "Quarantine 2" lässt somit nicht darauf schließen, dass das Flugzeug schließlich auf einem anderen Flughafen notlandet, doch die Notlage der Gruppe hat gerade erst begonnen. Die Infizierten versuchen, die Nichtinfizierten zu isolieren, doch das ist erneut leichter gesagt als getan, zudem werden sie von ihren Versuchen abgelenkt, herauszufinden, wer für den Ausbruch verantwortlich ist. Make-up-Spezialist Robert Hall und sein Team leisten erneut hervorragende Arbeit, indem sie die sich entwickelnden Opfer überzeugend grauenhaft darstellen und einige schmerzhaft anzusehende Verletzungs-Gags beisteuern - insbesondere eine fiese Nahaufnahme wird jeden Zuschauer fesseln. In Anlehnung an den ersten "Quarantine" verzichtet dieser Film auf die religiösen Grundlagen von "[REC]" und bleibt den Grundlagen des Infektions-Subgenres treu - was natürlich bedeutet, dass bald auch Militärs in Schutzanzügen involviert sind. Pogue verzichtet jedoch schnell auf dieses obligatorische Element und konzentriert sich auf seine leidenden Zivilisten. Diese Fortsetzung verzichtet außerdem auf die Found-Footage-Technik, die die parallelen Franchises kennzeichnete, und obwohl Pogue und Kameramann Matthew Irving durchgehend Handkameras für zusätzliche Spannung einsetzen, halten sie die Wackelkamera-Exzesse auf ein Minimum beschränkt. Besonders bemerkenswert ist, dass größtenteils auf Außenaufnahmen verzichtet wird; weder die erwarteten Aufnahmen des havarierten Flugzeugs im Flug noch des unter Quarantäne gestellten Flughafens sind zu sehen. Der Zuschauer sitzt die ganze Zeit mit den Protagonisten im Inneren fest, was hilft, sich mit ihnen zu identifizieren und um sie zu fürchten.

Hilfreich ist in diesem Zusammenhang auch, dass es im Ensemble kein bekanntes Gesicht gibt, sodass Passagiere und Crew wie ganz normale Menschen wirken, die einer außergewöhnlichen und schrecklichen Situation gegenüberstehen. Und da niemand eindeutig der Star ist, lässt sich nicht immer vorhersagen, wer dem Wahnsinn erliegt und wer lebend davonkommt. Es gibt sicherlich Leute, die von Anfang an als Opfer vorgesehen sind, und "Quarantine 2: Terminal" besticht eher durch die handwerkliche Qualität und den Stil des Materials als durch großartige Wendungen. Doch bis hin zu seinem befriedigenden Finale erhebt er sich über die Beschränkungen seiner Formel und rechtfertigt seinen Dasein.

6/10

Quellen
Inhaltsangabe: Netflix
Poster/ArtworkNetflix

Montag, 17. März 2025

[SERIE] Resident Alien, Season 01

https://www.imdb.com/de/title/tt8690918/

Diese Reise verlief anders als geplant. Ein Außerirdischer (Alan Tudyk) strandet auf der Erde und sieht sich einem großen Problem gegenüber: Auf Rettung warten, ohne entdeckt zu werden? Ganz schön kniffelig. Um sich unter das Volk der Menschen zu mischen, nimmt er die Identität des Arztes Dr. Harry Vanderspeigle aus Colorado an und gerät in eine weitaus unbequemere Situation. Als Arzt soll er für die Regierung ungewöhnliche Fälle lösen und problematische Verbrechensdelikte aufklären. Hätte das Alien vorher gewusst, was es sich mit seiner Identität aufhalst, hätte er lieber stillschweigend auf seine Retter gewartet. Fortan lernt Harry die Menschen von einer anderen Seite kennen und muss sich die Frage stellen, ob die Erde wirklich wert ist, gerettet zu werden? Seine Mission wird zur moralischen Zwickmühle.

https://www.imdb.com/title/tt11591062/
1.1 Einmal Erde, kein zurück (Pilot)
Ein außerirdisches Raumschiff wird vom Blitz getroffen und stürzt in der Nähe der Kleinstadt Patience, Colorado, ab. Sein Pilot, dessen wahrer Name für Menschen unaussprechlich ist, hatte die Mission, das menschliche Leben auf der Erde auszulöschen. Auf der Erde gestrandet muss er sich anpassen, indem er menschliche Gestalt annimmt und die Identität von Dr. Harry Vanderspeigle annimmt, den er bei einer Begegnung tötete. Monatelang sucht Harry in den Bergen nach seinem Gerät, das die Menschheit auslöschen wird, und fischt zudem im See nach Dr. Vanderspeigles Leiche. Harry wird von Sheriff Mike und Deputy Liv gebeten, die Leiche von Sam Hodges, dem Stadtarzt, zu untersuchen. Sein Verhalten ist abstoßend, wird aber akzeptiert. Mit Hilfe der Oberschwester Asta Twelvetrees übernimmt er sogar den Job des Arztes, erfährt jedoch, dass Max, der kleine Sohn von Bürgermeister Ben Hawthorne, seine wahre Identität erkennen kann. Nachdem er, um am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen, etwas zu viel getrunken hat, versucht Harry erfolglos, Max zu töten. Am nächsten Tag rettet Harry Asta vor ihrem gewalttätigen Ex-Mann Jimmy, während sie ihre Sachen aus seinem Haus holen. Asta vertraut Harry an, dass sie ihr und Jimmys Kind mit 16 Jahren zur Adoption freigegeben hat. Harry hatte Sams Tod ursprünglich auf Selbstmord zurückgeführt, untersucht die Leiche jedoch bei der Beerdigung erneut und kommt zu dem Schluss, dass er vergiftet wurde. Harry vertraut Asta an, dass einer der Trauernden der Mörder sein muss. Zu Beginn seiner ersten Schicht als neuer Stadtarzt erfährt Harry, dass sein erster Patient Max ist. - 8/10

https://www.imdb.com/title/tt11757568/
1.2 Heimweh, Hass und Hinterhalt (Homesick)
Max rennt schreiend aus der Klinik, nachdem Harry erfolglos versucht hat, ihn mit einer Knochensäge zu enthaupten. Mit Livs Ermutigung verteilt Max handgezeichnete Poster von Harrys außerirdischer Gestalt, und Harry überlegt weiter, wie er Max beseitigen könnte. D'arcy Bloom, die Barkeeperin der Stadt, verabredet sich mit Harry und erzählt von dem Unfall, der ihre Skikarriere beendete. Inspiriert löst Harry die Bremsen an Max' Fahrrad, doch der Unfall verursacht nur eine Wunde an Max' Arm, die genäht werden muss. Harry und Max liefern sich während des Eingriffs einen verbalen Schlagabtausch. Mit Hilfe ihres Vaters Dan verarbeitet Asta Sams Tod. Harry fühlt inzwischen Heimweh und beginnt, Vorräte für die Reparatur seines Schiffes zu sammeln, darunter den Abbau von Tellur, das besondere Eigenschaften besitzt. Währenddessen stürzt ein Mann beim Aufnehmen eines Selfies von einer schneebedeckten Klippe, wird aber mitten im Fall von einer unsichtbaren Kraft aufgehalten; er wird später von Lisa Casper und David Logan entdeckt, immer noch in der Luft hängend und erfroren über einem scheinbar abgestürzten Schiffsteil von Harry. - 8/10

https://www.imdb.com/title/tt11757570/
1.3 Den Sternen so fern (Secrets)
Als ein Fischer den Fuß des echten Harry im See findet, gibt der Alien Harry die Vorhaut eines Babys als Hautprobe ab, um einen DNA-Abgleich zu vermeiden. Während die Behörden den See nach dem Rest der Leiche absuchen, versteckt Harry sie in seinem Gefrierschrank, nachdem sie ans Ufer gespült wurde. Unterdessen rätselt Bens Frau Kate, was sie mit Max' Behauptungen, dass Harry ein Alien ist und ihn töten will, anfangen soll, die außer seiner Klassenkameradin Sahar niemand glaubt. Asta und D'arcy besuchen eine Highschool-Party, auf der Asta entdeckt, dass einer von Sams Rezeptblöcken gestohlen und zum Verkauf von Medikamenten an Schüler verwendet wurde. Sie findet die Teilzeit-Klinikangestellte Jay halb bewusstlos auf der Party und setzt sie zu Hause ab. Eine Rückblende enthüllt, dass Jay das Baby war, das sie weggegeben hat. D'arcy flirtet mit Harry, der aber nichts davon mitbekommt. Lisa und David unterhalten sich mit einem Cowboy, der Harry vor Monaten in seiner außerirdischen Gestalt gesehen hat. Lisa ermordet ihn, nachdem sie erfahren hat, dass er plant, ein Buch darüber zu veröffentlichen. - 8/10

https://www.imdb.com/title/tt11757572/
1.4 Das heimliche Wesen aus einer fremden Welt (Birds Of A Feather)
Ben und Kate laden Harry zum Abendessen ein, um Max von seiner Normalität zu überzeugen. Unglücklicherweise lädt Harry D'arcy ein, die sich betrinkt und über ihre Kindheitsromanze mit Ben spricht. Während des Essens stiehlt Sahar Harrys Hausschlüssel und lässt Kopien anfertigen. Liv lässt ihren beruflichen Frust an D'arcy aus, der sie ermutigt, sich gegen Mike zu behaupten. Harry trifft Astas Familie und platzt heraus, dass Jay die Tochter ist, die sie zur Adoption freigegeben hat. Trotz Astas Qual bringt diese Neuigkeit sie und Dan einander näher. Max und Sahar brechen in Harrys Hütte ein, werden aber durch außerirdische Technologie außer Gefecht gesetzt, und Harry entdeckt sie. Als er sie aus der Hütte trägt, erscheint plötzlich Isabelle, die Ehefrau des echten Harrys. - 8/10

https://www.imdb.com/title/tt11757578/
1.5 Die Tribute von Patience (Love Language)
Eine Rückblende zeigt, wie der echte Harry seine Frau Isabelle auf einer Kunstausstellung kennenlernte. Nachdem Harry Max und Sahar heimlich in ihre Häuser zurückgebracht hat, unterschreibt er die Scheidungspapiere von Isabelle, die von seinem Verhalten verletzt und verblüfft ist. D'arcy und Isabelle erzählen sich ihre Liebeskummer, ohne zu merken, dass sie vom selben Mann sprechen. Als Ben und Kate erfahren, dass Max in Harrys Hütte eingebrochen ist, überredet Harry sie, Max in eine Anstalt außerhalb des Staates zu schicken. Sahar überzeugt Harry und Max jedoch zu einem Waffenstillstand. Jay entdeckt, dass Asta ihre Mutter ist und verlässt die Klinik. Harry findet allmählich Gefallen an Isabelle und Mike erhält die toxikologischen Ergebnisse, die beweisen, dass Sam vergiftet wurde. - 8/10

https://www.imdb.com/title/tt11752674/
1.6 Alien vs. Patience (Sexy Beast)
Harry wird eifersüchtig, als er Ethan Stone, den attraktiven und tugendhaften Arzt der Neustadt, kennenlernt, bis er Ethan beim Armdrücken die Schulter ausrenkt. Harry betäubt Isabelle wiederholt, um weiter nach seinem Gerät zu suchen. Er erzählt Mike von dem gestohlenen Rezeptblock, und Liv bleibt bei den Ermittlungen am Ball, während Mike sich blamiert, als er einen jugendlichen Verdächtigen verhört. Während eines Bowlingabends für Mädchen beschuldigt Asta Jimmy, die Rezeptblöcke gestohlen zu haben. Eine Rückblende enthüllt die Geschichte von General Eleanor Wright, die als Kind ein UFO sah. Fünfzig Jahre später, nachdem Harrys Raumschiff beim Überflug mittels militärischer Luftüberwachung entdeckt wurde, rekrutierte Wright Lisa und David für eine verdeckte Ermittlung, die sie schließlich zu Harrys unsichtbarem Raumschiff führt, wo sie auf seine Rückkehr warten. Das Raumschiff wird zu einem Militärbunker gebracht, und gerade als Harry merkt, dass sein Schiff fehlt, rast ein Fahrzeug auf ihn zu. - 8/10

https://www.imdb.com/title/tt11752676/
1.7 Grünes Leuchten (The Green Glow)
Die Fahrerin entpuppt sich als Isabelle, die herausgefunden hat, dass Harry sie unter Drogen gesetzt hat. Als Harry merkt, dass sie beobachtet werden, sagt er lautstark, er brauche Abstand von ihr und wirft Lisa und David ab. Wütend kehrt Isabelle nach New York zurück. Dies, der Verlust seines Jobs und des Raumschiffs treiben Harry in eine Depression. In einem durch Drogen und Alkohol verursachten Blackout träumt Harry, wie die Leiche des echten Harry ihn angreift, weil er ihn getötet hat, und ihn wegen seines Scheiterns bei seiner Mission verspottet. Um Harry aufzumuntern, berauschen ihn Asta und D'arcy, und er führt schließlich telepathische Gespräche mit einem Oktopus in einem Tank in einem japanischen Restaurant. Jimmy führt Mike und Liv zu den gestohlenen Rezeptblöcken und dem Hausmeister der High School, der sie verkauft hat. Doch als Mike Livs Rolle bei der alleinigen Festnahme des Täters nicht anerkennt, weist sie ihn zurecht und kündigt. Harry erzählt Ben und Kate, dass er Max falsch diagnostiziert hat, und sie beschließen, ihn nicht wegzuschicken. Im Gegenzug nutzt Max seine Fähigkeit, das grüne Leuchten von Harrys Gerät auf einem Gletscher zu orten. Als Harry ihn erreicht, wird sein Schiff aktiviert und David bestimmt Harrys Standort. Aus Angst um Harrys Sicherheit erreichen Asta und D'arcy den Gletscher, und der Boden gibt unter ihren Füßen nach. - 8/10

https://www.imdb.com/title/tt11757646/
1.8 Abgrund des Todes (End Of The World As We Know It)
D'arcy wird bewusstlos, als Asta und Harry tief in einer Gletscherspalte stecken. Harrys Bein ist verletzt, sodass er seine Identität nicht verbergen kann. Doch Asta ist bereit, sich um seine medizinische Versorgung zu kümmern und nach seinem verlorenen Gerät zu suchen (von dem Harry sagt, es sei ein Radio). Unterdessen versucht Ben auf Mikes Rat hin, an seinem Jahrestag selbstbewusster aufzutreten, doch Kate ist wenig beeindruckt. Lisa und David betreten die Stadt, um den Außerirdischen zu finden, und entdecken eines von Max' Postern. D'arcy erholt sich und zieht Harry und Asta aus der Gletscherspalte, doch Asta lässt sie im Krankenhaus zurück und fährt Harry zu Dans Diner. Harrys Wunde ist entzündet, und er gibt sich dem Tod hin, bis Asta ihm verrät, dass sie sein Gerät gefunden hat. Er beschließt, seine Mission zu vollenden, während Dan ihm das Bein amputiert. - 8/10

https://www.imdb.com/title/tt11757652/
1.9 Die Wahrheit ist irgendwo da draußen (Welcome Aliens)
Während sich Harrys Bein regeneriert, stellt er fest, dass sein Gerät kaputt ist. Da er Metall benötigt, um Peilsender herzustellen, die die grauen Außerirdischen in menschliche Entführte implantieren, besuchen er und Asta eine Konferenz für Außerirdische. Nachdem mehrere Außerirdische ihre erschütternden Geschichten erzählt haben, betritt Asta die Bühne und berichtet von ihrer positiven Erfahrung. Ein anderer Teilnehmer warnt sie jedoch später, dass ihr Außerirdischer ein „Christopher Kolumbus“ sein könnte. Nachdem Harry einem falschen Außerirdischen beinahe ein BB-Pellet entwendet hat, entnimmt er dem Außerirdischenjäger Peter Bach einen Peilsender. Dieser kann ebenfalls Harrys genetischen Mantel durchschauen und dessen ungeborener Sohn 30 Jahre zuvor von grauen Außerirdischen entführt wurde. Währenddessen geben sich David und Lisa als Paar aus und essen mit den Hawthornes zu Abend, um Max näherzukommen. Mithilfe von Livs Ermittlungen verhaftet Mike Abigail Hodges, Sams Witwe, die eine Affäre hatte und (als Kosmetikerin) Zugang zu Botulinumtoxinen für Botox-Injektionen hatte. Er schluckt seinen Stolz herunter und lädt Liv beim Karaoke ein, wieder zur Polizei zu gehen. Beunruhigt durch Astas Verhalten und Abwesenheit bricht D'arcy in Harrys Hütte ein und entdeckt die Leiche des echten Dr. Vanderspeigle. - 8/10

https://www.imdb.com/title/tt11757654/
1.10 Planet der Menschen (Heroes Of Patience)
In einer Rückblende vergiftet der echte Harry Sams Insulin, Stunden bevor er vom Außerirdischen Harry selbst getötet wird. D'arcy erzählt Mike und Liv von der Leiche des echten Harry, doch Harry hat sie bereits auf dem Dachboden der Hütte versteckt. Liv findet daraufhin einen der Stiefel des echten Harry am Seeufer, wodurch Harry erneut ins Visier gerät. Als sein Gerät wieder funktioniert, zögert Harry, es zu aktivieren, besucht eine Pizzeria und gibt eine Großbestellung auf. Er stellt sich vor, wie die Leiche ihn wegen des Aufbaus emotionaler Bindungen verspottet und ihn dafür schimpft, dass er sie ihm genommen hat. Harry testet sein Gerät an der Leiche und zersetzt sie, verbrennt sich dabei aber den Finger und befürchtet, nun menschlich genug zu sein, um von dem Gerät getötet zu werden. Als Liv die Klinik besucht, um den abgetrennten Fuß mit dem gefundenen Stiefel zu vergleichen, schlussfolgert Asta, dass Harry den echten Dr. Vanderspeigle getötet hat. Sie stellt Harry zur Rede und sagt ihm, dass sie keine Freunde mehr sind. Untröstlich aktiviert Harry sein Gerät. Lisa und David nehmen Max und Sahar als Geiseln, werden aber von Ben und Kate verjagt. Die Agenten nehmen Ethan gefangen, da Max ihnen erzählt hat, der Außerirdische sei der Stadtarzt. Lisa und General McCallister verlassen David und enthüllen, dass sie für eine Geheimorganisation arbeiten. D'arcy tröstet Jay, nachdem sie ihr anvertraut hat, dass Asta ihre Mutter ist. Sie konfrontieren Jimmy und warnen ihn, sich von Asta fernzuhalten, bevor sie die Bremsen seines geparkten Trucks lösen. Harry findet sein Schiff und plant, das Gerät aus dem Weltraum abzuwerfen, sieht jedoch, dass Asta und Max von Regierungstruppen gefangen gehalten werden und kämpft um ihre Rettung. Asta überzeugt Harry, die Menschheit zu verschonen, und er macht sich auf den Weg, um sein Gerät im Weltraum zu entsorgen. Auf dem Weg zu seinem Heimatplaneten stellt er fest, dass sich Max als blinder Passagier an Bord geschlichen hat. - 8,5/10

Quellen
Inhaltsangabe: Netflix
Poster/ArtworkNetflix

Samstag, 15. März 2025

The Electric State (2025)

https://www.imdb.com/de/title/tt7766378/

In einer alternativen, retro-futuristischen Version der 1990er-Jahre, in der einst friedliche Cartoon-Roboter nach einem Aufstand ins Exil, den sogenannten „Electric State“, verbannt wurden, lebt die Teenagerin Michelle (Millie Bobby Brown) völlig auf sich gestellt. Ihre Eltern sind verstorben und auch ihr jüngerer Bruder Christopher ist seit einigen Jahren tot – zumindest glaubt Michelle das, bis sie eines Tages Besuch von einem Roboter namens Cosmo (Stimme im Original: Alan Tudyk) erhält. Das ebenso charmant klingende wie geheimnisvolle Maschinenwesen scheint von Christopher (Woody Norman) gesteuert und zu ihr geschickt worden zu sein, doch weshalb? Um dem Ganzen auf den Grund zu gehen und um Christopher zu finden, begibt sich Michelle auf eine Reise durch den Südwesten der USA. Dabei begegnet sie dem Schmuggler Keats (Chris Pratt) und seinem Roboter-Kumpel Herman (Stimme im Original: Anthony Mackie). Gemeinsam dringen sie in die isolierte Wüstenregion des "Electric State" vor. Dort entdecken sie nicht nur neue animatronische Verbündete, sondern auch die dunkle Wahrheit hinter Christophers Verschwinden.

Die Namen Anthony und Joe Russo sind den meisten nicht erst seit "Avengers: Endgame" ein Begriff für überbordende CGI-Action. Aber mit eben diesem Film haben sie sich ein Denkmal gesetzt. Noch immer zählt die finale Schlacht aufgrund der epischen Ausmaße zu einer der besten, überraschendsten, traurigsten und gleichwohl befriedigendsten Sequenzen neuerer Zeiten. Und nach diesem Erfolg, so scheint es, haben die Russo-Brüder wohl noch mehr Freiheiten bekommen. Mit "The Gray Man", ein grandioser, wenngleich völlig hilflos überladener und unrealistischer Action-Spaß, der von renommierten Kritikern schon als "Actionporno" bezeichnet wurde, weil er unter völliger Missachtung einer schlüssigen Handlung einfach darauf abzielte, so viel Schaden wie möglich mithilfe von jeder erdenklichen Waffe zu generieren.

Nun gehe ich selten mit einer vorgefassten Meinung in einen Film; eher im Gegenteil. Ich bin offen für das, was ich sehen möchte und sehe sogar über Kritiken im Vorfeld hinweg, die den Film entweder lobpreisen oder in Grund und Boden stampfen - und dies schreibe ich nicht um irgendwen zu beeindrucken, sondern um einleitend zu erklären, warum ich "The Electric State" - den neuen Film der Russo-Brüder, der derzeit von anderen Filmkritikern weltweit verrissen wird - etwas nachsichtiger anspreche. Dazu muss man aber auch sagen, dass "The Electric State" kein schwer zu verurteilender Film ist. Die Adaption des gleichnamigen illustrierten Romans von Simon Stålenhag wirkt oft selbstgefällig und süßlich zugleich. Das verleiht selbst den clevereren Elementen, wie beispielsweise der alternativen Geschichte der 1990er Jahre, inklusive eines Krieges gegen Roboter, der die eigentliche Handlung des Films einleitet, einen Hauch von Abscheu - und das nicht einmal aus dem Grund, dass offensichtliche Fehler im zeitlichen Ablauf eingebaut wurden.

Mit Hilfe von Sentre-CEO und offensichtlicher Gegenspieler Ethan Skate (Stanley Tucci), ein böser Tech-Mogul (gibt es heutzutage keine anderen bad guys mehr?) wurde die Neurocaster-Technologie (eine Art VR-Headset) entwickelt, die es Menschen ermöglicht, ihre Gedanken in Drohnenroboter zu übertragen, gelang es der Menschheit, den Krieg zu gewinnen, während die verbleibenden Roboter in die sogenannte "Exklusions-Zone" verbannt wurden. Der Erfolg der Neurocaster-Technologie bedeutete jedoch, dass die Menschen gezwungen waren, ihr virtuelles Leben zu führen, während die Drohnen die meiste Arbeit erledigten. Mittlerweile sind Roboter streng verboten, was Michelle, gespielt von Millie Bobby Brown, vor ein Problem stellt. Sie entdeckt, dass das Bewusstsein ihres lange verschollenen, für tot gehaltenen, geliebten Bruders Chris in einem niedlichen, aber klobigen Bot steckt, der der einst beliebten Zeichentrickfigur Cosmo nachempfunden ist. Eine Reihe von Hinweisen verrät Michelle, dass sich das, was sie braucht, an eben einem abgelegenen und natürlich verbotenen Ort innerhalb der Exklusions-Zone befindet. Auf der Flucht vor ihrem gewalttätigen Vater (gespielt von Jason Alexander) - der wie ein Großteil der Welt ebenso süchtig nach der Neurocaster-Technologie ist - macht sie sich mit Cosmo auf den Weg und engagiert bald einen gesetzlosen Plünderer, gespielt von Chris Pratt, einem ehemaligen Soldaten mit einer komplexen Vergangenheit, als ihren widerwilligen Führer durch die verbotene Zone. Dazu gesellt sich sein Buddy Hermann, einem empfindungsfähigen Roboter. Gemeinsam trafen sie in der Sperrzone auf die Roboter unter der Führung von Mr. Peanut und ihre Reise führt sie bald zur dunklen Wahrheit über Sentre und Skate, dem mittlerweile alle auf der ganzen Welt verteilten Türme gehören, auf denen die Neurocaster-Technologie läuft.

Und man kann kaum glauben, was diese Headsets tatsächlich antreibt, ganz zu schweigen von den von Menschen gesteuerten Drohnen, die Skates Privatarmee bilden. Und wenn ich schreibe, "man kann es kaum glauben", meine ich das wörtlich, denn die Begründungen hier sind unglaublich unglaubwürdig. Das muss man sich einfach gefallen lassen und großmütig drüber hinwegsehen - man hat keine Wahl bei Russos fast schon beklemmendem Erzählstil. Letztlich läuft es genau auf das hinaus, was man irgendwann schon erahnt und der finale Showdown bestätigt bald dem gütig nickenden Zuschauer seine Ahnung. Und so verschwindet "The Electric State" irgendwo zwischen unterhaltsam und langweilig, gerade auch weil er im Mittelteil mit ein paar wenigen Längen zu kämpfen hat. Und das ist auch der Knackpunkt. Satte 320 Millionen US-Dollar hat der Streifen gekostet - und damit mehr als die Oscar-Gewinner für den besten Film der letzten 10 Jahre ("Spotlight" - 20 Millionen US-Dollar, "Moonlight" - 4 Millionen US-Dollar, "Shape Of Water" - 20 Millionen US-Dollar, "Green Book" - 23 Millionen US-Dollar, "Parasite" - 9 Millionen US-Dollar, "Nomadland" - 5 Millionen US-Dollar, "Coda" - 10 Millionen US-Dollar, "Everything Everywhere All At Once" - 20 Millionen US-Dollar, "Oppenheimer" - 100 Millionen US-Dollar, ""Anora - 6 Millionen US-Dollar) zusammen. Angesichts dessen bleibt ein gewisses Ärgernis zurück, denn hier stimmt das Preis-Leistungsverhältnis überhaupt nicht.

Um etwas die Wogen zu glätten muss man aber sagen, dass Millie Bobby Brown als Michelle immerhin viel Integrität und Charisma mitbringt, Chris Pratts Leistung hätte allerdings ebenso aus Outtakes von "Guardians Of The Galaxy" zusammengeschustert sein können. Man könnte auch Spaß daran haben, die Starstimmen der Roboter wiederzuerkennen, darunter Woody Harrelson, Jenny Slate, Anthony Mackie und Brian Cox, doch letztendlich ist "The Electric State" einer dieser Filme, der lediglich okay ist, unterhaltsam zwar und mit einem gewissen Niedlichkeitsfaktor, einer Handvoll guter Actionsequenzen und ein paar Szenen, die einen mitreißen, was aber alles auch zu wenig ist um auf der einen Seite das Budget zu rechtfertigen und auf der anderen Seite, um sich in die Annalen der Filmgeschichte einzuschreiben.

6/10

Quellen
Inhaltsangabe: Netflix
Poster/ArtworkNetflix