Der unscheinbare Nate Caine (Jack Quaid) arbeitet als stellvertretender Filialleiter in einer Bank in San Diego. Doch gerade als durch eine frische Beziehung zu seiner Kollegin Sherry (Amber Midthunder) etwas Aufregung in sein langweiliges Leben kommt, wird die Bank von drei Weihnachtmänner überfallen und Sherry entführt. Da sieht Nate keine andere Wahl, als sich auf eine gefährliche Rettungsmission zu begeben. Was zunächst nach einer hoffnungslosen Aufgabe aussieht, wird zu seinem Vorteil, als er eine ungewöhnliche Fähigkeit entdeckt: Er kann auf Grund einer seltenen Erbkrankheit keinen Schmerz empfinden. Diese besondere Stärke gibt Nate den Mut, sich über alle Hindernisse hinwegzusetzen, um das Leben der Frau, die ihm alles bedeutet, zu retten. Unterstützung erhält er dabei nicht nur von den Polizist*innen Coltraine (Matt Walsh) und Mincy (Betty Gabriel), sondern auch von seinem einzigen Freund Roscoe (Jacob Batalon).
In einer Post-"John Wick"-Ära, die das Actionkino unzweifelhaft modernisierte, nähert sich der Nervenkitzel des Genres seltsamerweise immer mehr dem ältesten aller Kinovergnügen an: dem Slapstick. Besonders im Subgenre des Actionfilms, wo auch die Gewalt immer absurder wird, beginnen diese Filme, das alte Format zu wiederholen. Und je kreativer und ungeheuerlicher der Schmerz, desto intensiver scheint das Vergnügen. Das ist im Wesentlichen die Art von albernem, blutigem Spaß die in "Mr. No Pain" ("Nococaine") unter der Regie von Robert Olsen und Dan Berk, der dieses Verständnis so offen wie möglich aufgreift. Der Schlüssel liegt in einer Art Unbesiegbarkeitsklausel. Wenn der Actionheld praktisch unzerstörbar ist, können der Schmerz und seine verrückten Folgen endlos sein. Nate (Jack Quaid) kann nämlich aufgrund einer genetischen Störung keinen Schmerz empfinden, da sein Nervensystem solche Gefühle überhaupt nicht wahrnimmt. Das Konzept erscheint ideal, bis man erfährt, dass er sich für den Toilettengang einen Timer im Drei-Stunden-Takt stellt (damit seine Blase nicht platzt) und sich ausschließlich von Flüssigkeiten ernährt (um sich nicht unwissentlich die Zunge abzubeißen). Sein Zustand ist unangenehm und schränkt ihn ein, bis er die seltene, erstklassige Gelegenheit erhält, ihn zu nutzen, um ein "Punisher" für Arme zu werden. Andere Filme haben diese Idee auf einzigartige und oft alberne Weise interpretiert (von Jason Statham in "Crank" bis Logan Marshall-Green in "Upgrade"), doch dieser Film treibt sie mit dieser fast schon dämlich-simplen Prämisse auf die Spitze. Und da sind so viele Möglichkeiten, wie man versuchen kann, diese heraufzubeschwören.
Nate, der schüchterne, dürre stellvertretende Geschäftsführer einer örtlichen Bank, ist außerdem in eine der Angestellten verknallt, die quirlige, schlagfertige Sherry (Amber Midthunder). Die hübsche und extrovertierte Sherry ist die erste Person, die Nate aus seinem Schneckenhaus lockt, und nach einer leidenschaftlichen gemeinsamen Nacht ist er mehr als nur hingerissen. Als Räuber (darunter ein wahnsinnig hinterhältiger Ray Nicholson) in Weihnachtsmannkostümen und mit gezogenen Waffen die Bank stürmen, entkommen sie nicht nur mit Bargeld, sondern auch mit Sherry als Geisel. Nate, der bereits hoffnungslos verliebt ist, überwindet in der Not seine Mitleidslust und ist fest entschlossen, seine Geliebte mit allen Mitteln zurückzuholen. Was folgt, ist eine Verfolgungsjagd quer durch die Stadt mit zahlreichen Boxenstopps voller Schüsse, geballter Fäuste, Sprengfallen, Verbrennungen und Blut, das Nate ständig eindrucksvoll einsteckt.
"Mr. No Pain" ist an mancher Stelle echt schwer anzusehen, aber eben auch genau so, wie man es sich im Grunde seines Herzens wünscht. Die Brutalität hält sich nicht zurück und bricht selten in den Momenten ab, in denen man sich selbst in stellvertretender Verteidigung an den eigenen Körper klammert. Es ist herrlich unnötig. Die Verletzungen, die Nate sich teilweise selbst zufügt und von anderen erleidet, reichen von urkomisch bis erschütternd, von schmerzhaft bis eklig und Lars Jacobsons klug geschriebenes Drehbuch jongliert gekonnt mit dem Spektrum der Tonalität. Hautblasen verursachende, knochenbrechende Traumata werden nicht nur für Humor und Action, sondern auch für die Struktur der Geschichte genutzt. Geschickte Versatzstücke halten das rasante Tempo des Films aufrecht, ohne dass Details über Bord geworfen werden. Doch trotz Nates fast schon mitleiderregender Hingabe an Sherry, die als Zentrum seiner Sehnsucht dient, bleibt die Chemie zwischen Quaid und Midthunder hinter Seifenopern zurück. Während die Intention des Genre-Mixes von "Mr. No Pain" darin besteht, Nate als liebeskranken Trottel darzustellen (der komödiantische Kern) und diesen mit seiner Jagd nach den Tätern (der Achse der Handlung) zu untergraben, ist die Romanze der Hauptdarsteller die treibende Kraft des rasenden Blutbads, ohne in der sich steigenden Handlung fesselnd zu sein. Es gibt immerhin einen schwachen Versuch, die Tiefe ihrer Affäre mit dem Entblößen verborgener Narben zu verknüpfen, doch ironischerweise ist dies das flüchtigste Detail des Drehbuchs. Die Liebesgeschichte darf konzeptionell roboterhaft und banal sein - das trägt zum albernen Kern des Films bei -, doch die Umsetzung hätte einen schmerzlich vermissten Funken zwischen den Hauptdarstellern gebraucht, um die darauffolgende lächerliche, abgedroschene Absurdität zu vermitteln.In einem Film dieser Art wäre es einfach, Eingeweide an die Wand zu werfen und zu sehen, was hängen bleibt, doch hier wird bodenständiges Handwerk gezeigt. Man könnte die Prämisse als Spielerei bezeichnen, aber der Film hat genug Fantasie, um daraus eine lockere Achterbahnfahrt zu machen, bei der der Spaß darin liegt, dass der Zuschauer zusammenzuckt. Und das, obwohl die Actionsequenzen selbst, abgesehen von all den extremen Schmerzmomenten, in Choreografie und Kameraführung eigentlich recht banal sind und es ihnen an dem druckvollen, kinetischen Flair mangelt, das zum Markenzeichen moderner Actionfilme geworden ist. Doch diese Szenen zwingen einen, sich ganz hineinzustürzen und dann wieder zurückzulehnen. Stattdessen lebt die brutale Komödie vor allem von Quaid, der das komische Paradoxon eines unfreiwilligen Helden, der einfach nicht aufgeben will, natürlich und geschickt verkörpert. Quaid ist fantastisch in der Rolle, erfindet das Rad des charmanten Trottels zwar auch nicht gerade neu, fügt aber eine Prise autonomer Badass-Attitüde hinzu, die der Zuschauer selbst in seiner ähnlichsten (und berühmtesten) Rolle in der Serie "The Boys" noch nicht aufblühen sah. Quaid verkörpert einen Cocktail aus schriller Panik und fehlgeleitetem Elan mit einer gut durchdachten Geschichte, aber dennoch eine liebenswerte Darstellung, die bis zum Schluss fesselt. Er ist einfach der sympathische, mitleiderregende Trottel, den man sofort ins Herz schließt und ihn einfach nur wünscht, dass er durchkommt. Egal wie.
Nimmt man alles zusammen ist "Mr. No Pain" rasendes, ausgelassenes Schauspiel: Ein Film, in dem der Held der Geschichte seinen Titel trotz wiederholter Prügel verteidigt. Berk und Olsen schaffen eine beeindruckende, unterhaltsame Actionkomödie ohne nennenswerte Längen, die ihre Torture-Porn-Wurzeln in Neonlicht und Humor gleichermaßen zur Schau stellt. Während Blut spritzt und Körper sich verbiegen, Knochen knacken und sich Gelenke winden, sorgt "Mr. No Pain" für Lachen, Grimassen und Zusammenzucken, auch wenn Nate nichts davon tut.
7/10
Quellen:
Inhaltsangabe: Paramount Pictures
Poster/Artwork: Paramount Pictures
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